5. Mai 2024
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WELCOME Fam. Eid/Aleid: Ein Beispiel besonders gut gelungener Integration

Kinda beim Interview für "Tirol heute" mit Peter Jungmann vom ORF
Lesedauer ca. 5 Minuten

Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten – für die Ankommenden und die (schon längst) Angekommenen…

Aus Anlass des (seit 2016 vom Bischof-Stecher-Verein einmal im Jahr ausgerufenen) Tages der Herzlichkeit am 16. Juni 2023 hat der Organisator dieser Aktion, der für sein besonderes soziales Engagement bekannte ORF-Redakteur Peter Jungmann, bei Tirol heute einen Bericht über die Familie Eid/Aleid gestaltet, der in beeindruckender Weise die berührende Geschichte einer aus Syrien geflüchteten Familie (Mutter Ghada mit den drei Töchtern Linda, Kinda und Lana) nachzeichnet.

Video urheberrechtlich geschützt, © ORF Landesstudio Tirol

Die Fluchtgeschichte ist einerseits typisch für die bekannten Ereignisse ab 2015 auf der sogenannten Balkanroute, andererseits aber von besonderer Dimension: Vater, Mutter und drei Kinder im Alter von 6, 11 und 12 Jahren fliehen vor dem Krieg in ihrem Heimatland Syrien in die Türkei. Die Mutter mit den Töchtern möchte sich von dort aus auf den Weg nach Europa machen (wobei der Vater aus persönlichen Gründen in der Türkei bleibt/bleiben muss). Aufgrund besonderer Umstände ergreift die elfjährige(!) Kinda die Initiative und nimmt zunächst allein unter Fremden den beschwerlichen Weg nach Europa in Angriff (zuerst per Boot über die Ägäis, dann in einem wochenlagen Fußweg quer durch die südosteuropäische Halbinsel nach Mittel- bzw. Westeuropa). Sie landet schließlich in Deutschland, dann in den Niederlanden bei einem Onkel, der sie bei einer Pflegefamilie unterbringen kann. Nach mehreren Anläufen gelingt auch der Mutter und den anderen beiden Töchtern die Flucht von der Türkei nach Europe, wo sie 2016 in Österreich aufgegriffen und registriert werden und nach der Vereinigung mit der “Pionierin” Kinda um politisches Asyl ansuchen.

© Pixabay

Nachdem die (Rest)Familie in Österreich vereint war und von der Steiermark nach Tirol kam, wurde an Andreas Tausch, den damaligen Pfarrer im Seelsorgeraum Inzing/Hatting/Polling, vonseiten der TSD die Anfrage gerichtet, ob er für die Familie ein Quartier wüsste.
Pfarrer Tausch hatte damals kurz vorher den Freundeskreis für Integration in Inzing (FKFI) gegründet, der sich in der Folge auch intensiv um die Mutter mit den drei Mädchen gekümmert hat. Andreas Tausch hat in dieser Phase mit der Etablierung des Freundeskreises ein für ihn so typisches, leuchtendes Beispiel gelebter christlicher Nächstenliebe gesetzt und zur Bewältigung der damals als “Flüchtlingskrise” beschriebenen Ereignisse – zusammen mit mehr als zwanzig Freiwilligen aus Inzing und Umgebung –  einen enorm wichtigen zivilgesellschaftlichen Beitrag zur – aus heutiger Sicht – großteils gelungenen Integration der aus den Kriegsgebieten zugezogenen Menschen (ca. vierzig Personen in Inzing und Polling) geleistet.
Andreas war bei der Suche nach einem Quartier dann schlussendlich in Polling erfolgreich, wo eine Wohnung im Besitz der Kirche gerade frei wurde, nachdem mehrere Geflüchtete einen Umzug in eine andere Unterkunft in Wien planten.
Die Mädchen zogen also mit ihrer Mutter in der Folge nach Polling, wo sie bei der Renovierung und Gestaltung der neuen Wohnung von Vertretern des Pfarrgemeinderats bzw. des Pfarrkirchenrats (wie vom stv. Vorsitzenden Martin Krickl im Beitrag von “Tirol heute” enthusiastisch beschrieben) tatkräftig unterstützt wurden. Bis heute erfahren Frau Ghada Eid und ihre Töchter sowohl von der Pollinger Kirchengemeinschaft als auch vom FKFI in Inzing (insbesondere von Gabi und Hannes Schöch) Hilfe, wenn es nötig ist.

Soweit der erste Teil der Geschichte:
Die syrische Familie hat in Österreich großartige staatliche und private Hilfe und (in den allermeisten Fällen) eine wohlwollende Aufnahme erfahren!

Hier nun der zweite Teil der Story – wie bei einer als Win-win-Situation beschriebenen Geschichte vorgegeben:
Was haben die vier Frauen der österreichischen Gesellschaft zurückgegeben und was sind ihre diesbezüglichen Pläne für die Zukunft?

Wie wir gleich sehen werden, ist das auch nicht wenig:

Ghada auf dem Weg zur Arbeit

Ghada arbeitet in einem ortsansässigen Betrieb als Reinigungskraft. Die Chefleute haben mir in einem persönlichen Gespräch versichert, dass sie mit ihrer Leistung äußerst zufrieden sind.
Als alleinerziehende Mutter musste/muss sie alles unter einen Hut bringen: Kindererziehung, Haushalt, Erwerbsarbeit etc. etc. – und das alles nach den traumatischen Erlebnissen der Flucht!

Die älteste Tochter Linda ist in einem Pflegeheim in Telfs als Pflegeassistentin angestellt. Ihre Arbeit wird dort sehr geschätzt.
Sie wird im Oktober die Studienberechtigungsprüfung beginnen und danach das dreijährige Bachelorstudium “Gesundheits- und Krankenpflegerin” absolvieren, um schließlich als diplomierte Krankenpflegerin zu arbeiten.

Linda bei ihrer beruflichen Tätigkeit im Pflegeheim (Foto: privat)
Kinda bei der Arbeit in der Kinderkrippe (Foto: privat)

Kinda, die Zweitälteste, arbeitet mit großer Begeisterung als Assistenzkraft in einer Kinderkrippe in Völs. Die Begeisterung ist wechselseitig auch von den engagierten Leiterinnen der Krippe bei einem Gespräch anlässlich der Filmaufnahmen für Tirol heute deutlich zum Ausdruck gebracht worden. Demnächst möchte Kinda auch noch die Ausbildung zur gruppenführenden Elementarpädagogin angehen.

Lana, die Jüngste, absolviert gerade ihr letztes Jahr in der MS Inzing und erbringt regelmäßig hervorragende Leistungen. Ein besonderes Talent hat sie im Bereich Sprachen. Vor kurzem ging sie sogar in einem diesbezüglichen schulinternen Wettbewerb auf Englisch als Siegerin hervor. Zudem fungiert sie derzeit als Schulsprecherin der Mittelschule Inzing.

Lana – Schulsprecherin der MS Inzing (Foto: privat)

Dieser kurze Abriss über den Integrationsgrad der Fam. Eid (so der Familienname der Mutter) bzw. Aleid (Familienname der Töchter) und die durch ihre Berufswahl erfolgten, besonders wertvollen gesellschaftlichen Beiträge sprechen angesichts des Arbeitskräftemangels besonders in den Bereichen Pflege und Erziehungseinrichtungen eine deutliche Sprache.

Solche Beispiele sind gerade in der aktuellen Situation der wieder stark wachsenden und z. T. politisch geschürten Ressentiments gegenüber zugewanderten Menschen besonders wichtig, um die allgemeine Stimmung nicht weiter in den Sog rechtspopulistischer Ansprüche auf eine “Volkskanzlerschaft” und einer naiven sowie irrationalen Vorstellung von einer “Festung Österreich” abgleiten zu lassen.

Daher an dieser Stelle einmal ein herzliches Dankeschön an alle zugewanderten Menschen, die sich in unserem Land zum allgemeinen Wohl so einbringen wie die Familie Eid/Aleid!!!

Geballte Frauenpower aus “syrisch” Polling: Linda, Kinda, Lana und Ghada (von links)

Fotos (wenn nicht anders angegeben): L. Strasser

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Luis Strasser

Als begeisterter Leser der Printausgabe der DZ hat sich Luis – zusammen mit einem kleinen Team – nach der drohenden Einstellung der Druckversion 2019 dafür eingesetzt, die DZ in irgendeiner Form zu erhalten. Das Resultat ist der nun vorliegende Blog, an dem als Redaktionsmitglied und Autor mitzuarbeiten ihm viel Freude bereitet. Seine Schwerpunktthemen: Politik, Bildung, gesellschaftlicher Wandel, Zeitgeschichte…

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