9. Mai 2024
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Mein Jazzsommer 2023

Alle Fotos: Peter Oberhofer
Lesedauer ca. 5 Minuten

Auch heuer konnte ich wieder ein paar sehr lässige Jazzkonzerte besuchen. Die besonderen Höhepunkte waren das Inntöne Festival am Buchmannshof in Diersbach im Oberösterreichischen Innviertel und zwei Klassiker in Weimar im Rahmen des Festivals Schallkultur.

Ende Juli fuhren wir also für zwei Tage ins Innviertel. Paul Zauner, selbst Jazzposaunist, veranstaltet schon seit vielen Jahren ein inzwischen sehr renommiertes Jazzfestival auf seinem Bauernhof im Innviertel. Das Ambiente dort war extrem entspannt und sehr ungezwungen. Die Wiese vor der Bühne wurde vor dem Wochenende gemäht und die Sitzreihen ausgesteckt. Bestuhlung musste man selbst mitbringen. Von Mittags weg gab es alle zwei Stunden ein Konzert.

Die Temperaturen an den zwei Tagen waren hochsommerlich warm. Immer wieder musste man schattige Plätze rund um den Bauernhof aufsuchen. Die Stimmung beim Festival war grandios, das Programm zeichnete sich durch eine sehr große Vielfalt aus. Ich stelle hier im Folgenden ein paar der Musiker:innen und Bands vor und verlinke einige Webseiten und Videos.

Nout

Drei Frauen aus Frankreich mit Querflöte (Delphine Joussein), elektrischer Harfe (Rafaëlle Rinaudo) und Schlagzeug (Blanche Lafuente) ließen eigentlich einen eher feinen Sound vermuten. Es kam deutlich anders. Die Stücke wechselten von sehr melodischen Passagen zu hartem Rock, fast schon Heavy Metal Klängen. Sehr mitreißend für meinen Geschmack, sehr gut durchdachte Arrangements. Auf ihrer Homepage steht, sie sind der „Missing Link“ zwischen Nirvana und Sun Ra. Welche Klänge Delphine Joussein mit ihrer Querflöte zaubert, ist äußerst hörenswert.

Mette Henriette

Wieder ein Damen-Trio, diesmal aber aus dem hohen Norden. Mette Henriette ist eine norwegische Saxofonistin, die für das Label ECM spielt. Und das hört man. Die Band spielt sehr feine, melodische Klänge.

Johanna Summer

Johanna Summer ist eine junge (Jahrgang 1995) deutsche Pianistin. Die Bedingungen, als sie auf die Bühne trat, waren alles andere als optimal für eine Solopiano-Session. Es war heiß und wolkenlos. Das Publikum saß mit Schirmen, Hüten und Decken als Sonnenschutz auf ihren Plätzen, aber auch schattensuchend etwas abseits. Johanna Summer bewegt sich mit ihrem Klavierspiel zwischen Klassik und Jazz. Sie nimmt klassische Stücke und improvisiert in Richtung Jazz über diese Themen. Sie sagt selber, jedes Konzert ist einzigartig, jedes Mal entwickeln sich ihre Stücke etwas anders. Auf der Wiese am Buchmannshof war es während ihres Konzerts mucksmäuschenstill. Alle waren gebannt von den wunderbaren Klängen, von den Wendungen der Stücke und manche versuchten sicherlich, die Basismelodien zu erkennen. Nach dem Konzert war auch die Künstlerin sichtlich berührt von der Stimmung. Pianosolokonzerte auf einer solchen Openair-Bühne sind schließlich nichts Alltägliches.

Salesny & Aufmesser’s „Charles Mingus 100“

Eines der Highlights beim heurigen Inntönefestival war sicherlich das Konzert jener Bigband, die von Clemens Salesny (Altsaxofon) und Gregor Aufmesser (Kontrabass) zusammengestellt wurde. Sie arrangierten letztes Jahr zum 100sten Geburtstag von Charles Mingus eines seiner bedeutendsten Stücke. „The Black Saint & The Sinner Lady“, komponiert bereits 1963, ist eine Suite, die als Tanz konzipiert wurde. Der Band machte es sichtlich großen Spaß. Der Sound war umwerfend. Als Zugabe gab es noch ein weiteres Charles Mingus Stück dazu.

Und das Original von Charles Mingus:

Jumping Jungle & Youth Jam Lab

Über den jazzigen Nachwuchs muss man sich keine Sorgen machen. In den Pausen am Nachmittag wurde in der Scheune Musik von Kindern und Jugendlichen gespielt. Einmal war sogar der Veranstalter Paul Zauner an der Posaune mit von der Partie.

Was hier geboten wird, kann sich sehen lassen. Hier eine Aufnahme aus 2022:

Und dann war ich Anfang August noch beim Schallkultur Festival in Weimar. Dort gibt es eine Hand voll sehr fein ausgewählte Konzerte. Ich besuchte zwei davon, auf die ich mich besonders freute: Gregory Porter und Dee Dee Bridgewater.

Gregory Porter

Gregor Porter trat Open Air im Weimarhallenpark auf. Es war spannend, denn eine Stunde vor dem Konzert hat es noch leicht geregnet. Die Bühne wurde über einem künstlichen Teich aufgebaut. Die Besucher:innen saßen entlang des Wassers auf eigenen Decken bzw. auf der gegenüberliegenden Tribüne auf den Stühlen. Der Applaus war schon riesig, als Gregory Porter pünktlich um 20 Uhr die Bühne betrat. Mit seiner sonoren, weichen Stimme und seinen sehr feinen Nummern konnte er das Publikum in seinen Bann ziehen. Auch Hits, wie Hey Laura oder Liquid Spirit gab er zum Besten.

Dee Dee Bridgewater

Das Konzert fand in der Weimarhalle statt. Dee Dee Bridgewater trat im Quartett mit drei weiteren Musikerinnen auf – zwei sehr junge Italienerinnen (Rosa Brunello am Bass und Evita Polidoro am Schlagzeug) und der US-Amerikanerin Carmen Staaf am Klavier. In gewohnter Manier verstand es Dee Dee Bridgewater das Publikum mit ihren Emotionen und ihrem Gesang zu verzaubern. Sie sang vor allem große Nummern aus der Jazzgeschichte, wie beispielweise Spain von Chick Corea, God Bless The Child von Billy Holliday, Four Woman von Nina Simone oder das durch John Coltrane bekannt gewordene My Favorite Things. Außerdem zwei Stücke von Thelonious Monk und Wayne Shorter.

Die Stimmung war außerordentlich gut. Nach dem Konzert wurden noch CD’s von Dee Dee Bridgewater signiert.

Hier eine Aufnahme von „God Bless The Child“ aus 2021:

Ich hoffe, der eine oder andere Tipp hat Gefallen gefunden.

Viel Spaß beim Hören und evtl. Weiterstöbern.

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Peter Oberhofer

Peter ist seit Ende 2012 Redaktionsleiter der DZ. In Inzing ist er außerdem bei der Klimabündnisgruppe engagiert. Umwelt- und Klimaschutz, Energiesparen, öffentlicher Verkehr sind ihm ein wichtiges Anliegen.

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Ein Gedanke zu “Mein Jazzsommer 2023

  1. Danke, lieber Peter, für diesen Beitrag!
    Hier zeigt sich ein großer Vorteil des digitalen Formats des DZ Blogs: Man kann Hörbeispiele einfügen.
    Neben all den erwachsenen Musiker:innen haben mich auch die Kinder sehr beeindruckt und gefreut.

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