Hermann Bischof Glettler besuchte vom 19. bis 21. September den Seelsorgeraum Inzing/Hatting/Polling.
Einen solchen Besuch nennt man Visitation. Während einer Visitation macht sich der Bischof ein Bild vom Leben und Tun der Pfarren und von den Menschen im Seelsorgeraum. Dazu trifft er auf verschiedene Altersgruppen; zum Beispiel in Schulklassen, Kindergärten, Altenwohn- und Pflegeheimen, in Vereinen etc. und er begegnet Ehrenamtlichen der Pfarre(n) und des Seelsorgeraumes. Und natürlich sucht er auch das Gespräch mit Vertreter*Innen und Leiter*Innen der Pfarren und des Seelsorgeraumes, er spricht mit den ehrenamtlichen Multiplikatoren, mit den Obleuten der in der Kirche tätigen Vereine und den Vertreter*Innen der Gemeindepolitik.
Nach dem letzten Gottesdienst im Rahmen der Visitation mit dem Bischof zur Feier des Erntedank in Hatting, hatte die Dorfzeitung die Möglichkeit, ein Gespräch mit Hermann Bischof Glettler zu führen.
Danke Herr Bischof, dass Sie sich für die Dorfzeitung trotz Ihres dichten Programms Zeit nehmen.
Wie war es für Sie, den allerersten Gottesdienst nach der Renovierung in der Inzinger Pfarrkirche in Form eines Schulgottesdienstes für die Volksschule zu halten?
Das war ein richtig überraschender Moment am Morgen – so strahlend. Ich habe versucht den Kindern zu erklären, dass ist die wirkliche Schatzkiste von Inzing. Natürlich geht es hierbei nicht nur um die wunderbare Barockarchitektur, Rokkokodekor und Fresken, Statuen und alles, was aufgehellt wurde, sondern es geht um den Schatz in der Schatzkiste. Und das sind zuerst die Kinder, die Menschen; dann natürlich auch das Wort Gottes und Jesus selbst, der sich uns immer schenkt: der Tabernakel, der Schatz in der Schatzkiste. Es war einfach erfrischend. Ich glaube, die ganze Bevölkerung kann große Freude daran haben, weil diese Helligkeit und diese Vitalität, die da signalisiert wird, mit dieser spätbarocken Kunst, einem hilft sich auch innerlich aufzurichten.
Eine innerliche Aufrichtung ist gerade in der Arbeit mit Menschen immer wieder notwendig. Christine Neuner wurde vor nicht allzu langer Zeit als Leiterin des Seelsorgeraumes eingesetzt. Wie wird Ihrer Meinung nach die Leitung durch eine Frau, in der katholischen Kirche noch eher ungewöhnlich, im Seelsorgeraum angenommen?
Ich habe einen sehr, sehr guten Eindruck. Das Feedback war hundert Prozent positiv, vor allem auch durch das feine Gespür, das Christine hat, dieses Charisma der Leitung: sie drängt sich nicht in den Vordergrund und hat trotzdem mit einer großen Klarheit und Bestimmtheit die Zügel in der Hand. Sie leitet den Seelsorgeraum, ist selbst auch Kuratorin einer Pfarre und steht in einem sehr guten Verhältnis zum Pfarrprovisor Josef Scheiring, zu Vikar Daniel und allen anderen, die im Team sind. Christine beweist sehr gutes Geschick, dieses Miteinander immer zu stärken. Mir ist aufgefallen: dadurch, wie sie leitet, werden viele Getaufte und Gefirmte, aufgeweckt, auch ihren Beitrag zu leisten. Weil letztlich sind wir als Getaufte alle Seelsorger und Seelsorgerinnen füreinander. Das ist das alte Modell, dass nur der Pfarrer alle zu versorgen hat oder die Pastoralassistentin – das geht sich sowieso nimmer aus. Wir müssen uns gegenseitig stärken und manchmal auch herausfordern, dass jeder seinen Dienst wahrnimmt an seinem Platz.
Ein sehr moderner Gedanke, der Offenheit signalisiert. Wie offen sind Ihnen die Menschen im Seelsorgeraum begegnet?
Die Kinder in den Schulen sowieso sehr offen, das war großartig! Von den Kleinen bis zur Mittelschule. Sie waren sehr direkt in ihren Fragen, sehr herzlich; vom Smalltalk bis zu ganz intensiven Fragen.
Dann die Erwachsenen, mit denen ich die Gelegenheit fand zu sprechen innerhalb dieses sehr dichten Programms der Visitation über zweieinhalb Tage hinweg: Sehr freundschaftlich, sehr klar, auch dankbar; Denn einige Jahre zurückliegend hatten wir auch ziemliche Schwierigkeiten zu meistern, das war nicht alles friktionsfrei. Aber jetzt merke ich, da gibt’s einen so schönen positiven Drive im Seelsorgeraum und den möchte ich natürlich unterstützen und freue mich mit. Dieses „Kirche ist für alle da“ muss weiterhin gelebt werden – auch für die, die sich vielleicht schwertun mit Kirche oder in irgendeiner Weise, wo Glaube weggerutscht ist. Diese Menschen zu gewinnen oder anzusprechen, im Herzen zu berühren, das bleibt schon als große Herausforderung.
Sie haben in den letzten Tagen auch viele Ehrenamtliche getroffen. Wie lebendig haben Sie das Ehrenamt im Seelsorgeraum wahrgenommen?
Am Samstagvormittag hatten wir drei Stunden Klausur mit den Ehrenamtlichen in Verantwortung, also Pfarrgemeinderat, Pfarrkirchenrat und andere Ehrenamtliche, die Multiplikatoren für andere sind. Da war ein sehr intensives Überlegen immer natürlich auch verbunden mit den vertrauten Druckpunkten unserer Zeit, dass Menschen heute eher fordern, als sich einbinden lassen. Das sind die typischen Herausforderungen.
Aber ich bleibe zuversichtlich: Wenn eine Dorfgemeinschaft, wenn eine Pfarre etwas Positives ausstrahlt, dann beginnen Menschen zu fragen. Vor allem bei Lebenswenden und Krisenpunkten wie Taufe, Erstkommunion, Firmung, Hochzeit, Begräbnis sind es schon sehr viele Menschen, die sich da ansprechen lassen und sehr gut zuhören. Ich finde wir leben in einer guten Zeit auch für Kirche und den christlichen Glauben. Trotzdem das offiziell immer noch so gedacht wird, Kirche ist weit weg oder nur eine Institution, das stimmt nicht; wenn man vor Ort ist merkt man, das ist ein sehr lebendiger Organismus.
Welche Anliegen nehmen sie aus den vielen Eindrücken, den Gesprächen der letzten Tage und aus diesem lebendigen Organismus im Seelsorgeraum Inzing/Hatting/Polling mit?
Ich nehme mit, dass wir auf die Rückfragen aus den Pfarrgemeinden weiterhin gewissenhaft antworten müssen. Wir hatten mal eine Zeit, wo das hier so wahrgenommen wurde, als ob sie alleingelassen würden. Das hat sich Gott sei Dank alles gebessert. Aber dieses weiterhin gut in Kommunikation Sein von der Zentrale der Diözese, vom Ordinariat aus, das ist total wichtig.
Weiterhin nehme ich mit, dass die, die vor Ort sind, gestärkt werden sollen mit missionarischen Impulsen, wie man über den Kirchenrand hinauskommt. Hier wieder Glaubenssubstanz aufzubauen, persönliche Beziehungen zu stimulieren, das ist nicht einfach. Da können wir noch in den stärkeren Austausch.
Das erinnert mich ein bisschen an die Prozessionen, mit der Einstellung nun ein bisschen unterhalten zu werden – also Kirche als Oper?
Es ist verständlich, weil wir im Modus des Unterhalten Werdens sind, in einer Eventgesellschaft. Das muss man zum Teil bedienen mit: „Kirche kann Event“. Allerdings ein heiliges Event, eine Prozession mit Allem, was dazu gehört, aber dann soll’s tiefer gehen! Da muss man tiefer gehen, hin zu einer Nachdenklichkeit und die Menschen mit ihren Anliegen miteinschließen. So eine Prozession ist deshalb so wichtig, weil man um die Häuser rum, um die Institutionen, Vereinslokale, Gaststätten, dort wo die Leute arbeiten etc. geht. Man schließt das mit ein, sagt damit, der Glaube ist Lebens- und alltagsrelevant für uns und für die Gesellschaft.
Das macht es ja auch so spannend. Wenn man beispielsweise an die Kirchenrenovierung denkt und über Ideen sinniert, wie Gelder, Spenden lukriert werden können und dann an den Punkt kommt, an dem man die Menschen dazu einladen möchte, zu verinnerlichen: Das ist unsere Kirche in unserem Dorf.
Ja, das ist die Aufbauarbeit, die weiterhin notwendig ist. Das gelingt hier schon sehr, sehr gut. Was ist die Mission der Kirche? Jedes Unternehmen fragt nach seiner Mission (engl./Anm. d. Red.) und unsere Mission ist eben auch tiefer zu bohren, damit die Hoffnung nicht wegschwimmt oder nur ein billiger Optimismus ist, dass Menschen eine Sinnspur haben, dass es miteinander auch weiterhin gelingt, dass wir Geduld haben mit- und füreinander in diesen vielen aggressiven Abgrenzungen der Welt. Ich glaube die Schatztruhe Evangelium, die Schatztruhe Jesus, da ist schon noch Vieles zu heben.
Der Seelsorgeraum als Schatztruhe: Wenn Sie jetzt über die Visitation nachdenken, was hat sie am meisten gefreut und/oder beeindruckt?
Es waren viele Momente… Auf jeden Fall spontan drei. Das Erste war in den Schulen, wie gescheit, wie geistvoll die Kinder vorbereitet waren in ihren Fragen: sehr berührend, sehr ernsthaft, das hat mir voll getaugt.
Dann auch im Vivavinz…wie liebevoll dort die Atmosphäre ist und wie professionell die Betreuung – super! Das ist einer der wichtigen Orte hier in Inzing.
Und das Gespräch mit den Obleuten der Vereine und den Bürgermeister*Innen. Das war so hohes Niveau! Von dem Austausch habe ich wirklich Einiges mitgenommen, mitgeschrieben. Wie diese Menschen Verantwortung wahrnehmen – Chapeau!
Die Dorfzeitung bedankt sich für das Interview bei Hermann Bischof Glettler.
Im Anschluss finden unsere Leser eine Bildergalerie zum Bischofsbesuch
Besuch im Vivavinz – Altenwohn- und Pflegeheim in Inzing







Gottesdienst und Ehrenamtlichenfest des Seelsorgeraumes in Inzing








Bischof Glettler segnete die frisch renovierte Inzinger Pfarr- und Wallfahrtskirche






Nach dem Gottesdienst wurde der Bischof von der Musikkapelle Inzing mit allen Ehren empfangen.







Im Mehrzwecksaal der Inzinger Volksschule fand mit Unterstützung der Jungbauern das jährliche Fest für die Ehrenamtlichen statt.
















Gottesdienst in Polling mit und für im Seelsorgeraum ehrenamtlich tätige Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit anschließendem Austausch





Der Pollinger Lothar Müller wurde für sein langjähriges Engagement mit dem Petrus-Canisius-Orden ausgezeichnet


Im Pollinger Schützenheim empfing die Jugend der Musikkapelle Polling den Bischof.



Beispielgebend für die vielen ehrenamtlichen Kinder und Jugendlichen, hielten die Inzinger Jungschützen einen kleinen Vortrag über ihre Tätigkeiten in der Pfarre.






Seelsorgeraumleiterin, Pfarrkuratorin und Pfarrökonomin Christine Neuner und Bischof Glettler bekamen von Albert Maurer (Jungschützenbetreuer Inzing) einen Kunstdruck des Bischofs und Künstlers Reinhold Stecher überreicht. Der Hauptmann der Inzinger Schützen Ernst Markt, übergab dem Bischof die Ehrenstandarte der Schützenkompanie Inzing.



In Hatting feierte Hermann Bischof Glettler zusammen mit den Gläubigen das Erntedankfest, das mit einem gemütlichen Beisammensein die Tage der Visitation ausklingen ließ










Die anschließenden Bilder stammen aus der Kamera des Hattingers Walter Neuner vom Bezirksblatt. Er ließ der Dorfzeitung Inzing seine Fotos zukommen. Vielen Dank dafür Walter!















Fotos, wenn nicht anders erwähnt: Angela Pargger

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