24. April 2024
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ISLAND – Winterwandern und andere Abenteuer / Teil 1

Lesedauer ca. 10 Minuten

Text: Johann Jenewein, Fotos: Irene & Johann Jenewein

Den Jahreswechsel 2016/17 verbrachten wir auf der Nordatlantikinsel Island. Die kurzen Tage mit den faszinierenden Lichtstimmungen ließen unsere Fotografenherzen höher schlagen. Die geplanten Schneeschuhwanderungen absolvierten wir wegen der geringen Schneelage als Wanderungen mit den Bergschuhen. Von dieser im Zentrum unseres Berichts stehenden Winterreise blicken wir in Episoden zurück auf unsere Island-Sommerreise 2010.

Wandern auf der Halbinsel Reykjanes

Am Horizont zeigt sich das erste Licht des erwachenden Tages während das Land in winterblaue Dämmerung gehüllt ist. Um 9 Uhr fuhren wir bei völliger Dunkelheit von unserem Hotel in Hveragerdi los, und jetzt, bei der Ankunft auf der Halbinsel Reykjanes, ist es 10 Uhr. Unsere Gruppe verlässt den Bus und bereitet sich auf die Wanderung vor. Eine einzigartige Landschaft breitet sich vor uns aus. Fasziniert von diesem Anblick marschieren wir los, voll freudiger Erwartung.

Beim Aufsteigen schweift der Blick wieder und wieder zum erleuchteten Horizont. Nach rund 300 Höhenmetern erreichen wir ein ausgedehntes Plateau, das von vulkanischen Felsen begrenzt ist. Wir sind von einer wunderbaren Stille umfangen. Nur das leise Knirschen des kalten Schnees unter unseren Schuhen ist zu hören.

Das Thermometer zeigt wenige Grade unter null. Zur Mittagsrast stehen wir zusammen, wärmen uns mit heißem Tee und stärken uns mit der mitgebrachten Jause.

Beim Weitergehen stoßen wir plötzlich auf eine rauchende Quelle. Wie bei einem Dampfbügeleisen sprüht das kochend heiße Wasser durch enge Düsen aus dem Boden. Wir bewegen uns in einer der aktivsten geothermalen Regionen der Welt.

Durch faszinierende Landschaft, die in einem ewigen Dämmerschein lieg, kehren wir zum Ausgangspunkt zurück, wo bereits der Bus auf uns wartet. Vor dem Einsteigen machen wir bei leichtem Schneefall noch eine kleine Runde zwischen dampfenden Quellen. Dieser, nahe dem Parkplatz gelegene Ort, wird auch von anderen Reisenden besucht, während wir bisher auf dem gesamten Weg auf keine Menschenseele gestoßen waren.

Lichtstimmung und Islandpferde

Bei der Rückfahrt ist das Land in das orange Licht der tief am Horizont stehenden Sonne getaucht. Unser immer etwas griesgrämig blickende isländische Fahrer Birgir stoppt seinen Bus, damit wir diese wunderbare Stimmung in uns aufnehmen können.

Im Fischer- und Hafenort Eyrarbakki, dem früheren Wohnort unseres Busfahrers, legen wir eine kurze Pause ein. Im Kaffeehaus gibt es einen kräftigen Espresso, der den Blutdruck wieder ins Gleichgewicht bringt. Bei den Isländern ist Kaffee das beliebteste Getränk. Sogar nach dem Abendessen, so haben wir es bereits am Vortag erlebt, wird zum Abschluss Kaffee auf den Tisch gestellt.

Nach der Stärkung, durchstreifen wir, ausgehend von der evangelisch-lutherischen Kirche, den rd. 560 Einwohner zählenden Ort. Zu unserer Überraschung heftet sich ein verspielter Hund an unsere Fersen.

Vom Hafendamm, der zur Sicherung des Ortes vor verheerenden Sturmfluten erbaut wurde, führt der Blick in die unendliche Weite des Meeres. Eyrarbakki liegt an der südwestlichen Küste Islands in der Nähe der Hauptstadt Reykjavik.

Für den heutigen Tag liegt nur noch die kurze Strecke zu unserem Hotel in Hveragerdi vor uns. Etwas abseits der Straße erspähen wir eine Herde Islandpferde. Birgir hat für uns extra einen Umweg genommen, damit wir sie in Ruhe fotografieren können. Die kleinen und robusten Tiere werden auch bei größter Kälte und Sturm im Freien gehalten.

Bei Einbruch der Dunkelheit um ca. 16:30 Uhr erreichen wir unsere Unterkunft in Hveragerdi. Das Hotel Órk dient uns eine Woche als Ausgangspunkt für die Wanderungen und Ausflüge in die umliegende Region.

Wintertag in Reykjavik

Der Tag in der Hauptstadt Reykjavik ist regnerisch. Und das mitten im Winter im hohen Norden.

In der Hallgrimskirche suchen wir Schutz vor der Nässe. Hier erleben wir eine Überraschung, die nicht größer sein könnte. Vergessen ist der Regen! Ein Ensemble aus Orgel, Trompeten und Pauken absolviert die Generalprobe für das abendliche Festkonzert.

Nach dem musikalischen Hörgenuss wagen wir den Weg ins Freie. Es regnet immer noch. Die Buchhandlung auf der Hauptstraße kommt uns gerade recht. Als wir sehen, dass hier neben Büchern auch Speisen und Getränke verkauft werden, nutzen wir die Gelegenheit für einen kleinen Imbiss.

Ein Stück weiter suchen wir in einer Bar erneut Schutz vor dem nicht enden wollenden Regen. An der Bar sitzend erwachen Erinnerungen an unseren Islandreise im Sommer 2010.

Erinnerungen an die Sommerreise 2010

Im Frühsommer 2010 standen wir schon einmal vor der imposanten Fassade der Hallgrimskirche. Mit dem Bau wurde 1945 begonnen und 41 Jahre später, im Jahr 1986, wurde das Gotteshaus fertiggestellt. Die Betonpfeiler erinnern an Basaltsäulen, einem häufigen Motiv in der isländischen Landschaft.

Das Denkmal vor der Kirche stellt Leifur Eriksson dar, einen der berühmtesten Wikinger in Islands Geschichte und den wahrscheinlich ersten Europäer, der nordamerikanischen Boden betrat. Das Denkmal war ein Geschenk der Vereinigten Staaten von Amerika an das isländische Volk.

Entlang der bunten Häuserzeile führt die Straße von der Hallgrimskirche durch Alt-Reykjavik zum Hafen.

Das unscheinbare Gebäude in der Nähe des Hafens ist das politische Zentrum der Insel. Hier, in der nördlichsten Hauptstadt der Welt, werden die Gesetze für die 330.000 Isländer verabschiedet. Offensichtlich nicht zur Zufriedenheit aller Bewohner.

Auf dem Weg entlang der Hafenpromenade suchten wir die futuristisch anmutende Skulptur mit dem poetischen Namen „Solfar“, zu Deutsch „Sonnenfahrt“. Dieses stilisierte Wikingerschiff ist angeblich das meist fotografierte Kunstwerk in Reykjavik.

Bei unserem abendlichen Spaziergang durch den neuen Stadtteil legte sich ein dramatisches Licht über die Glasfassaden der modernen Hochhäuser.

Von Reykjavik machten wir auch damals schon einen Ausflug auf die Halbinsel Reykjanes. Jedoch nicht zum Wandern, sondern für ein angenehm warmes Bad in der Blauen Lagune. Sie entstand als Auffangbecken für das Wasser aus dem nahe gelegene geothermalen Kraftwerk. Das aus einer Tiefe von 2.000 Meter gepumpte Wasser wird zur Stromerzeugung und zum Betreiben eines Fernwärmenetzes genutzt. Anschließend fließt es mit 37 bis 42 Grad in das umliegende Lavafeld der Blauen Lagune.

Als wir nach unseren Erinnerungen an die Sommerreise die Bar verlassen, hat sich das Wetter gebessert. Wir besichtigten noch die Harpa, das im Jahr 2011 eröffnete Konzerthaus von Reykjavik. Anschließend treten wir die Rückfahrt nach Hveragerdi an.

Wanderung zum Gullfoss

Der zweite Wandertag führt uns ein Stück in den Norden. Zwei Ziele stehen auf dem Programm. Der mächtige Wasserfall Gullfoss und der Geysir „Strokkur“.

Eine ansehnliche Strecke vor dem Erreichen des ersten Ziels steigen wir aus dem Bus. Wir wollen uns den imposanten Wasserfall zu Fuß auf einem Wanderweg erobern.

Bei ständig wechselnden Wetterverhältnissen erreichen wir die durch eine tiefe Schlucht fließende „Hvítá. Entlang der steilen Felskante folgen wir dem „Weißen Fluss“, so die deutsche Übersetzung, stromaufwärts.

Der mächtige Strom entspringt im Hochland am Gletschersee „Hvítárvatn“ und kommt nach 40 km hier an, um den 32 m hohen Gullfoss hinunter zu stürzen. Der „Goldene Wasserfall“ sollte vor Jahren zur Energiegewinnung genutzt werden. Dem engagierten Kampf der Bauerstochter Sigríður Tómasdóttir gegen diese Pläne ist es zu verdanken, dass wir das Naturschauspiel heute noch in voller Schönheit erleben können.

Wie bereits bei der Wanderung auf der Halbinsel Reykjanes sind auch hier beim Besucherzentrum wieder zahlreiche Reisende anzutreffen. Binnen weniger Minuten können wir den Wechsel von reißenden Sturmböen zu wunderbaren Licht- und Wolkenstimmungen am Horizont verfolgen.

Beim Geysir Strokkur

Der Geysir Strokkur speit seine dampfende Wasserfontäne raketenartig 20 bis 30 Meter in die Luft. Dann herrscht Ruhe. Verlässlich nach 5 bis 10 Minuten beginnt das Schauspiel von vorne. Auf dem Feld dampft und brodelt es aus allen Klüften.

Wir selbst suchen für kurze Zeit Schutz im Besucherzentrum wo wir uns wieder einmal ordentlich aufwärmen.

Wegen starker Schneeverwehungen im Westen, so weiß es Birgir, ist uns die Fahrt zum historischen Ort Thingvellir verwehrt. Deshalb nehmen wir für die Rückfahrt dieselbe Strecke wie bei der Anfahrt heute Früh.

Sturm mit Eisregen

Da es noch nicht allzu spät ist, schlägt unser Wanderführer Gustl auf der Rückfahrt vor, einen kleinen Berg mitzunehmen. Alle erklären sich sofort damit einverstanden. Als wir über eine Geländekante treten, fährt uns plötzlich ein unbändiger Sturm mit Eisregen entgegen. Da gibt es nur eines: stehen bleiben und sich mit dem Rücken gegen den Wind stemmen.

Nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei und über dem gefrorenen Bergsee zeigt sich ein freundlicher Lichtstreifen in der Ferne. Uns ist die Wanderlust für diesen Tag vergangen. Um kein weiteres Risiko einzugehen, treten wir den Rückweg an.

Eine Kirche mit erleuchtetem Friedhof verleitet uns zu einem kurzen Stopp auf der Fahrt nach Hveragerdi. Rund um die Weihnachtszeit ist es in Island der Brauch, dass die Grabkreuze und –steine mit farbigen Lichtern beleuchtet werden.

Im hoteleigenen Wellnessbereich mit Dampfsauna und Hotpot können wir uns bestens entspannen. Die Energie für diese Anlage kommt aus einer heißen Quelle, auf der Hveragerdi liegt.

Fortsetzung folgt

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Johann Jenewein

Johann lebt seit 2001 in Inzing. Die Print-Ausgabe der DZ hat er immer zur Gänze gelesen und hat auch immer wieder Beiträge verfasst. In seinem Privatleben ist er seit 22 Jahren Redakteur einer österreichweit erscheindenden almwirtschaftlichen Fachzeitschrift. Sein größtes Hobby ist das Fotografieren. Seit 2007 ist er Obmann des Kamera-Club Inzing. Seine Leidenschaft ist auch das Erstellen von vertonten Reise- und Multivisionsschauen.

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2 Gedanken zu “ISLAND – Winterwandern und andere Abenteuer / Teil 1

  1. Liebe Jeneweins,
    vielen Dank für diesen Beitrag! Beim Betrachten dieser Bilder fühlt man sich wirklich mitgenommen auf die Reise und fotografisch bestechend ist für mich, wie ihr die Lichtverhältnisse und die unglaubliche Weite dieses erstaunlichen Landes eingefangen habt und das bei winterlichen Verhältnissen!
    Freu mich schon auf den nächsten Beitrag…

    1. Brigitte, danke. Die faszinierenden Lichtverhältnisse machen diese besondere Landschaft im Sommer und im Winter zu einem großen Reiseerlebnis.

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