26. April 2024
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Winterreise zum Nordkap / Teil 1

Das Nordkap mit dem Globus als Wahrzeichen war unser Sehnsuchtsziel
Lesedauer ca. 7 Minuten

Text: Johann Jenewein, Fotos: Irene & Johann Jenewein

Das Nordkap ist der nördlichste Punkt Europas, der auf dem Straßenweg vom Festland aus erreichbar ist. Das bekannte Wahrzeichen, der Globus, war für meine Frau Irene und mich seit langem ein Sehnsuchtsziel. So schlossen wir uns im März 2014 einer Gruppe an, die zu einer Winterreise in den hohen Norden Europas aufbrach. Neben der aufregenden Reise zum Nordkap fuhren wir mit dem norwegischen Postschiff, der Hurtigruten, nach Kirkenes nahe der russischen Grenze, befassten uns mit der Kultur der Samen, beobachteten mehrmals Nordlichter und erlebten eine Fahrt mit dem Hundeschlitten in der faszinierenden Winterlandschaft am nördlichen Ende des europäischen Kontinents.

Flug in den Norden Europas

In der kleinen Empfangshalle im Flughafen von Ivalo warteten wir auf unser Reisegepäck. Draußen herrschte bereits tiefe Nacht. Unser Flugzeug war in München mit zwei Stunden Verspätung gestartet, weshalb wir den Anschlussflug in Helsinki in den hohen Norden Finnlands nicht erreicht hatten. Die Umbuchung im Flughafen der finnischen Hauptstadt wurde von der Reiseleiterin Karin, die unsere Route ausgearbeitet hatte, organisiert. 2.600 Kilometer flogen wir ab München in den Norden, 250 Kilometer über den Polarkreis.

Warten auf das Reisegepäck
Empfangshalle am Flughafen von Ivalo
Wanddekoration in der Empfangshalle
2.600 Kilometer flogen wir von München in den Norden.
Bei der Ankunft in Ivalo herrschte bereits tiefe Nacht.

Am Morgen des nächsten Tages waren wir überrascht, als die Sonne bereits um 6:30 Uhr in unser Zimmer im Hotel Kultahovi lachte. Wir hatten das Hotel in der Gemeinde Inari nach einer Busfahrt von einer knappen Stunde erst gegen Mitternacht erreicht. Trotzdem standen wir mit den ersten Sonnenstrahlen auf und wanderten gleich nach dem Frühstück entlang eines vereisten Flusses zum Inarisee. Es regierte noch immer tiefer Winter, obwohl es bereits Mitte März war. Der Sonnenaufgang ist zu dieser Zeit um ca. 6:30 Uhr, der Sonnenuntergang um etwa 18:00 Uhr, so konnten wir es im Internet nachlesen. Die Polarnacht, also jene Zeitspanne in denen die Sonne nicht über den Horizont steigt, dauert in Inari vom 4. Dezember bis zum 8. Jänner.

Hotel Kultahovi
Vereister Fluss zum Inarisee
Die Sonne scheint in Inari.

Inari liegt am Inarisee, dem drittgrößten See Finnlands. Mit einer Flächenausdehnung von rd. 1.100 Quadratkilometern misst er in etwa die doppelte Größe des Bodensees. Es war bitterkalt. Die aktuelle Eisdecke des Sees, so brachten wir in Erfahrung, hatte eine Stärke von 60 bis 70 cm. Der gefrorene See lag als riesige schneebedeckte Ebene vor uns, auf der Langläufer ihre Spuren gezogen hatten. Wir konnten bedenkenlos auf die unendlich weite Fläche hinauswandern.

Die Dicke der Eisschicht des Inarisees betrug 60 bis 70 cm.

Einige weitere Zahlen sprengten unsere Vorstellungskraft. Die Gemeinde Inari erreicht mit ihrer Fläche von 17.300 Quadratkilometern nahezu die Größe des Bundeslandes Niederösterreich. In diesem unvorstellbar großen Gemeindegebiet leben rd. 6.800 Einwohner; der Großteil ist also menschenleer. Die Bewohner gehören zu 30 Prozent dem indigenen Volk der Samen an. In den Weiten Nordskandinaviens, von denen wir in den folgenden Tagen einen kleinen Eindruck bekamen, betreiben sie Rentierzucht. Der Tourismus ist heute zum Haupterwerbszweig der Gemeinde geworden. Nach dem ausgiebigen Spaziergang kehrten wir in das Hotel zurück. An der Rezeption des Hauses begrüßte uns die junge Wirtin. Sie trug als Sonntagskleid ihre traditionelle Sami-Tracht. Unserer Bitte, sie fotografieren zu dürfen, stimmte sie bereitwillig zu.

Unsere Wirtin in traditioneller Sami-Tracht / 1
Unsere Wirtin in traditioneller Sami-Tracht / 2
Unsere Wirtin in traditioneller Sami-Tracht / 3

Fahrt durch weite Landschaft

Am späten Vormittag stiegen wir in den bereitstehenden Reisebus. Unser Tagesziel war Honningsvåg, der letzte größere Ort vor dem Nordkap. 360 Kilometer durch faszinierende Landschaften lagen vor uns. Nach einer kurzen Fahrstrecke erspähten wir vom Bus aus ein durch den Schnee stapfendes Rentier.

Unser Tagesziel Honningsvåg lag weitere 360 km im Norden.
Endlos führte die Straße durch Kiefern- und Birkenwälder.
Vom Bus aus entdeckten wir ein Rentier.

Nach etwa 100 Kilometern Fahrt durch endlose Kiefern- und Birkenwälder erreichten wir kurz vor der Grenze zu Norwegen wieder besiedeltes Gebiet. Wir versorgten uns im kleinen Lebensmittelmarkt mit Proviant, und im Cafè neben der Tankstelle stärkten wir uns mit einem „großen Schwarzen“. Ein nettes junges Mädchen posierte für uns mit ihrem Hund für ein Foto.

Lebensmittelmarkt an der norwegischen Grenze
Im Lebensmittelmarkt
Stärkung im Cafè
Fototermin mit jungem Mädchen

Samische Parlament in Karasjok und dichter Schneefall in Lakselv

Wenige Kilometer nach diesem Stopp machten wir Halt in der Kommune Karasjok. Die Gemeinde gehört zu den Hauptsiedlungsgebieten der Samen in Norwegen. In Karasjok ist der Sitz des Samischen Parlaments „Sameting“. Das Parlament wurde im Jahr 1989 von König Olav V. eröffnet. Es löste den Norwegischen Samenrat ab, der in den 1960er-Jahren gegründet wurde und beratende Funktionen gegenüber den norwegischen Behörden bei Samischen Angelegenheiten hatte. Das Parlamentsgebäude ist wie ein Halbkreis geformt und hat zwei Etagen. Am Ende des Halbkreises befindet sich etwas abgesetzt in einem kegelförmigen Gebäude der Plenarsaal. Diese Gestaltung soll an die traditionelle Behausung der Samen erinnern. Das Bauwerk wurde mit dem Preis der norwegischen Regierung für traditionelle Architektur ausgezeichnet.

Samische Parlament „Sameting“
Samische Parlament „Sameting“ mit kegelförmigem Plenarsaal

Wir verließen das bewohnte Gebiet. Sofort war der Blick wieder von der endlosen Weite gebannt. Die Freilandstraßen waren weder mit Salz noch Straßensplitt gestreut. Die Autos, so konnten wir beobachten, fuhren ausschließlich mit Spikes.

Endlos scheint die Landschaft.
Unser Reisebus

Nach einer weiteren Fahrt von rund einer Stunde kamen wir an den Porsangerfjord, wo wir in der Ortschaft Lakselv zu Mittag aßen. Während des Essens begann es zu schneien. Dicke Flocken fielen vom bedeckten Himmel. Unsere Reiseleiterin Karin drängte zum schnellen Aufbruch. Sie befürchtete, die Straße nach Norden könnte gesperrt werden oder nur im Konvoi passierbar sein. Im Bus verkosteten wir die Elchwurst, die Karin im Lebensmittelgeschäft nahe der Finnisch-Norwegischen Grenze gekauft hatte.

Dichtes Schneetreiben in Lakselv
Sie widerstehen der Winterkälte.
Karin lädt zur Verkostung der Elchwurst.

Fahrt entlang des Porsangerfjords nach Honningsvåg

Die Befürchtungen von Karin wegen der verschneiten Straße lösten sich zum Glück in Wohlgefallen auf. Nach ca. 15 Minuten war der Schneesturm vorbei und wir gelangten bei wunderbarem Wetter an den Porsangerfjord. 160 Kilometer fuhren wir entlang des verschneiten Fjords bis nach Honningsvåg. Der Kontrast des hellen Schnees zum dunklen Meer im faszinierenden Licht- und Schattenspiel, verleitete uns zu mehreren ausgiebigen Fotostopps. Gegen Abend erreichten wir, adrenalingetränkt von der erlebnisreichen Fahrt, unser angestrebtes Tagesziel Honningsvåg. Über die kleine Hafenstadt senkte sich bereits die Nacht. Wir nutzten die „blaue Stunde“ für einen Fotospaziergang durch den Ort.

Fahrt entlang des Porsangerfjords / 1
Fahrt entlang des Porsangerfjords /2
Fahrt entlang des Porsangerfjords / 3
Fahrt entlang des Porsangerfjords / 4
Fahrt entlang des Porsangerfjords / 5
Fahrt entlang des Porsangerfjords / 6
Fahrt entlang des Porsangerfjords / 7
Fahrt entlang des Porsangerfjords / 8
Fahrt entlang des Porsangerfjords / 9
„Blaue Stunde“ in Honningsvåg

Fortsetzung folgt …

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Johann Jenewein

Johann lebt seit 2001 in Inzing. Die Print-Ausgabe der DZ hat er immer zur Gänze gelesen und hat auch immer wieder Beiträge verfasst. In seinem Privatleben ist er seit 22 Jahren Redakteur einer österreichweit erscheindenden almwirtschaftlichen Fachzeitschrift. Sein größtes Hobby ist das Fotografieren. Seit 2007 ist er Obmann des Kamera-Club Inzing. Seine Leidenschaft ist auch das Erstellen von vertonten Reise- und Multivisionsschauen.

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2 Gedanken zu “Winterreise zum Nordkap / Teil 1

  1. Hallo Irene, hallo Johann!
    Wieder ein beeindruckender Bericht mit vielen Bildern und erklärenden Texten. Eben made bei Jenewein.
    Ich freue mich schon auf die Fortsetzung. “GUT LICHT”

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