25. April 2024
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Kanalinseln – Blumenparadies im Atlantik (Teil 2 von 2)

Die Gartenkunst auf Jersey ist faszinierend.
Lesedauer ca. 8 Minuten

Reisen gehört zu den großen Leidenschaften des Ehepaares Irene und Johann Jenewein, Mitglieder des Kameraclubs Inzing. Dabei entstehen unzählige digitale Fotos, die Eingang in ihre Reiseschauen – gestaltet als Multivision – finden. In REISEN in BILDERN erzählen sie über die besuchten Länder.

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Text: Johann Jenewein, Fotos: Irene und Johann Jenewein

Die Insel JERSEY

Im Hafen von Saint Peter Port erwartet uns die Fähre, mit der wir Guernsey verlassen und auf die Insel Jersey übersetzen. Die größte der Kanalinseln schmiegt sich am stärksten an das französische Festland und ist daher vom Klima besonders begünstigt. Der Pflanzenreichtum ist hier noch etwas größer als auf den anderen Inseln.

Mit der Fähre wechseln wir auf die Insel Jersey.

Saint Helier – die saubere Hauptstadt

Die Hauptstadt Saint Helier liegt in einer ausgedehnten Bucht im Süden der Insel. Ihre Ausläufer ragen weit in das umliegende Land, wo wir unser Hotel beziehen. Täglich führt uns der Weg den Strand entlang, der, je nach Gezeitenstand und Tageszeit, ein ganz unterschiedliches Bild zeigt. Rund 30 Minuten dauert unser Fußmarsch, der uns, vorbei an rosengeschmückten Häusern, in das Zentrum der Stadt bringt.

Strand von Saint Helier im späten Abendlicht

Der Fischmarkt lockt mit vielen Köstlichkeiten. Unsere Mahlzeiten bestehen vornehmlich aus Fisch und Meeresfrüchten, die in den Restaurants besonders appetitlich zubereitet werden. Wir genießen französische Küche mit englischem Flair.

Der Fischmarkt bietet was das Herz begehrt.
„Scallops wrapped in Bacon“ – Jakobsmuscheln mit Speck ummantelt. Ein Mahl der Sonderklasse

Nach dem Besuch des Fischmarktes flanieren wir gemütlich durch die auffällig sauberen Straßen der Stadt. Auf dem Libration Square wurde im Jahr 1995 anlässlich des 50. Jahrestages der Befreiung von den deutschen Truppen eine Figurengruppe errichtet. Sie besteht aus sieben Personen, die die britische Fahne hochhalten.

Figurengruppe zum Gedenken an die Befreiung von den deutschen Truppen

In der Nähe unsere Hotels liegt Samarés Manor, einer der ehemals wichtigsten Herrensitze der Insel. Besonders einladend sind die Gärten des Anwesens, wo der Besucher gleich auf eine Rarität, den Tulpenbaum, aufmerksam wird. Britische Gartenkunst hat hier eine sehenswerte Gartenanlage geschaffen. Beim Flanieren durch den Themengarten entdeckt man einen Kräutergarten, einen Schattengarten sowie einen großen Teich und wunderbare Gartennischen.

Eine Rarität: Der Tulpenbaum
Nach Themen gegliederter, herrlicher Garten von Samarés Manor

Wandern an der Nordküste

Nach vielen Sonnentagen zeigt sich der Himmel bewölkt. Das sollte uns aber nicht davon abhalten, zu der geplanten Klippenwanderung an der Nordküste aufzubrechen. Der Ausgangspunkt der Wanderung liegt an der nordwestlichen Spitze der Insel und führt in einem stetigen Auf und Ab zwischen Buchten und Klippen in Richtung Osten. Auf dem gut ausgebauten Wanderweg präsentiert sich uns ein landschaftlich abwechslungsreicher Küstenstreifen.

Wandern an der Nordküste

Auffällig ist, dass der Weg von einer nahezu geschlossenen Decke aus Farnen gesäumt ist. Da erregt eine Informationstafel mit vierhörnigen Schafen unsere Aufmerksamkeit. Darauf wird erklärt, dass der Farn früher zum Befüllen der Betten und der Ginster zum Heizen verwendet wurden. Auf den steilen Abhängen weideten Schafe, Rinder und Ponys. Diese Nutzungen gingen durch die landwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen verloren. Im Jahr 2009 startete der National Trust for Jersey ein Projekt zur Revitalisierung der ehemaligen Weideflächen mit einer hochgefährdeten und genügsamen Schafrasse. Damit soll das ehemalige Grasland mit seiner großen Artenvielfalt zurückgewonnen werden.

Vierhörnige Schafe zur Rückgewinnung von artenreichem Grasland

In einem gänzlich anderen Bild zeigt sich die Westküste. Eine karge und von den Westwinden geprägte Vegetation hat sich hier entwickelt. An der Nordwestspitze, direkt oberhalb der Steilküste, thront in eindrucksvoller Lage die malerische Ruine Grosnez Castle, deren Name so viel bedeutet wie „graue Landzunge“. Die Burg, von der heute nur mehr die Toreinfahrt mit den umgebenden Mauern erhalten ist, wurde im 14. Jhdt. an dieser strategisch günstigen Stelle erbaut. Von hier aus starten wir eine Rundwanderung über das raue Gelände. Vom südlichen Ende der felsigen Küste öffnet sich der Blick über die langgezogene Westküste, die flache Saint Ouens Bay.

Malerische Burgruine Grosnez Castle
Blick über die Saint Ouens Bay

Auf der gegenüberliegenden Seite der Insel, an der Ostküste, erhebt sich die mächtige Burganlage Gorey Castle majestätisch über den Hafen von Gorey. Sie ist die älteste im guten Zustand erhaltene Anlage der Insel. Die Burg wurde zu dem Zeitpunkt erbaut, als England das Herzogtum Normandie an Frankreich verloren hat, die Kanalinseln aber weiterhin dem englischen König die Treue hielten. Sie diente zur Verteidigung vor ständig drohenden Angriffen aus dem nur 20 km entfernt gelegenen Frankreich. Gorey ist durch die exponierte Lage der Burg touristisch sehr gut besucht. Der alte Fischerort hatte als geschützter Hafen immer schon eine besondere Bedeutung.

Gorey Castle über dem Hafen von Gorey

Der Zoo der Gorillas

Im Nordosten der Insel liegt in den Fachkreisen weit über Jerseys Grenzen hinaus bekannter Zoo, der Ende der 1950er-Jahr durch den Zoologen und Autor Gerald Durrell gegründet wurde. Der Tierpark breitet sich über eine Fläche von 32 ha aus und beherbergt rund 1.400 Säugetiere, Vögel, Reptilien und Amphibien. Von Beginn an setzte der Zoo durch seine artgerechte Gestaltung der Gehege die Vorlieben der Tiere und nicht die der Besucher in den Vordergrund. Die Hauptattraktion des Zoos ist das große Freigehege für Gorillas, wo man das soziale Leben dieser Menschenaffen auf hervorragende Weise beobachten kann.

Die Hauptattraktion des Zoos: Das große Freigehege für Gorillas

Die Lavendelfarm im Südwesten der Insel ist in den Sommermonaten für Besucher geöffnet. Ab Ende Mai verströmt das lila schimmernde Feld seinen betörenden Duft. Die Verarbeitung des Lavendel hat auf Jersey eine lange Tradition. Im Destillationsraum der Farm werden Erklärungen über Anbau, Ernte und Verarbeitung dieses begehrten Produktes gegeben. Es entstehen Badezusätze, Duftkissen, Seifen und vieles mehr, das man testen und erwerben kann. Liebevoll wurde der Garten für die Besucher gestaltet. Hier kann man verschiedene Lavendelsorten für seinen eigenen Garten erwerben.

Lila schimmerndes Feld mit betörendem Duft
„Duft“ zum testen und kaufen

Der Südwesten

Der südwestliche Küstenabschnitt zählt zu den landschaftlichen Höhepunkten von Jersey. Ausgehend von der Lavendelfarm erkunden wir bei einer ausgiebigen Wanderung diesen Küstenstreifen. Die Saint Brélade Bucht liegt in einem weiten Bogen geschützt zwischen zwei Halbinseln. Der flach abfallende Sandstrand wird bei Ebbe sehr breit, sodass man weite Wege bis zum Wasser hat. Die Bucht ist der bestbesuchte und schönste Badestrand der Insel. An heißen Sommertagen ist der Strand meistens überfüllt. Saint Brélade ist ein mondäner Ort mit einer blumengesäumten Uferpromenade.

Die Bucht von Saint Brélade
Blumengesäumte Uferpromenade von Saint Brélade

Im Westen des Dorfes steht unmittelbar oberhalb des Strandes eine der hübschesten und schönst gelegenen Inselkirchen: die Parish Church of Saint Brélade. Der Kirchenbau geht auf das 12. Jhdt. zurück, als an dieser Stelle eine kleine Kapelle errichtet wurde. Direkt neben der Kirche steht die kleine Fisherman’s Chapel, die vermutlich aus dem 11. oder 12. Jhdt. stammt. Der schlichte Raum birgt wunderbare Fresken aus dem 14. und 15. Jhdt. mit einer Verkündigungsszene, dem Einzug nach Jerusalem und König Herodes.

Die Parish Church of Saint Brélade
Verkündigungsszene aus dem 14. Jhdt

Gefährlicher Weg zum Leuchtturm

Auf einem Wandersteig ziehen wir weiter bis zur Westspitze der Insel. Hier präsentiert sich die Küste mit steil abfallenden Klippen und aus dem Meer ragenden Felsen. Weiter führt der Weg über einen abwechslungsreichen Klippenpfad.

Wanderung auf dem abwechslungsreichen Klippenweg

Schließlich erreichen wir das Corbiére Lighthouse, die südwestlichste Spitze der Insel. Bei Niedrigwasser wird ein Weg über den Meeresboden frei gegeben, auf dem man den Leuchtturm erreicht. Bei Flut verschwindet dieser harmlos erscheinende Übergang unter meterhohen Wellen und der Leuchtturmfelsen wird zur Gänze vom gischtenden Meer umspült. Bei einem Ausflug zum Leuchtturm müssen die Zeiten von Hoch- und Niedrigwasser unbedingt berücksichtigt werden, denn sonst kann die einsetzende Flut rasch zur tödlichen Falle werden.

Lange genießen wir die Stimmung an diesem felsigen Ort und beobachten fasziniert die Verwandlung der Landschaft.

Übergang zum Corbiére Lighthouse bei Ebbe
Unter tosenden Wellen bei Flut
Abendstimmung beim Corbiére Lighthouse

Gartenpracht der Extraklasse

Am letzten Tag vor unserer Abreise ziehen wir noch einmal den Strand entlang nach Saint Helier und warten auf den Bus für eine abschließende Gartenrundfahrt. Ernst, der Anbieter der Tour, ist ein gebürtiger Österreicher und lebt seit 47 Jahren auf Jersey. Auf dem Programm stehen drei Gärten in Privatbesitz, die ansonsten nicht öffentlich zugänglich sind.

Begeistert lassen wir das stimmungsvolle Landhaus, das aus dem 17. Jhdt. stammt, auf uns wirken. Die Besitzer, Mr. und Mrs. Beaney, haben es zu einem Schmuckstück inmitten einer großzügigen Gartenanlage ausgebaut. Mrs. Beaney führt uns durch ihr Gartenreich. Die Bewohner der Kanalinseln sind leidenschaftliche Gärtnerinnen und Gärtner und nützen das besondere Klima für eine fast unvorstellbare Gartenpracht. Zuerst flanieren wir durch den Waldgarten. Der Japanische Hartriegel ist hier zu einem Baum ausgewachsen. Etwas weiter strahlen die großen Kelche der weiß blühenden Calla. Im Blütengarten erfreuen wir uns an den Farben und am Duft der Pfingstrosen und Rosen. Lupinen, Mohn und eine Unzahl weiterer Blumen und Sträucher sind stilvoll arrangiert. Eine Wand aus Sträuchern und Bäumen besticht durch die Harmonie ihrer verschiedenen Grüntöne.

Landhaus aus dem 17. Jhdt.
Die Wand besticht in der Harmonie ihrer verschiedenen Grüntöne.

Die Rundfahrt bringt uns weiter zum Garten von Mrs. Lee, eine sehr charmante, große und schlanke 82-jährige Dame. Mrs. Lee stammt aus England, wo sie als Gartenspezialistin durch botanische Fernsehbeiträge bekannt wurde. An der Stirnseite der großen Rasenfläche, die ausdrücklich betreten werden darf, thront das Wohnhaus der Besitzerin. Begrenzt wird die ausladende Fläche von Sträuchern und Rabatten. Besonders einladend ist der italienische Garten, dem der ursprüngliche Tennisplatz weichen musste.

Die charmante, 82-jährige Dame führt uns durch ihren Garten.
Im „italienischen Garten“ von Mrs. Lee

Der letzte Gartenbesuch führt uns zu Mrs. Skinner, der es nicht möglich ist, uns persönlich zu begrüßen und durch ihren Garten zu führen. Ein Paradebeispiel englischer Gartenarchitektur wird uns hier präsentiert. Begrenzt von Steinmauern und Hecken, die mit Torbögen und Durchgängen verbunden sind, wandelt man von einem Gartenraum zum nächsten.

Ein Paradebeispiel englischer Gartenarchitektur
Mauern, Hecken und Bögen gliedern den Garten

Nach Tagen, voll mit Wanderungen, Ausflügen und Kontakten mit der Bevölkerung verlassen wir die Kanalinseln. Die Freude und Lust der Bewohner an ihren Gärten ist unübersehbar und inspirierend. Die Kanalinseln sind ein Blumenparadies im Atlantik.

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Johann Jenewein

Johann lebt seit 2001 in Inzing. Die Print-Ausgabe der DZ hat er immer zur Gänze gelesen und hat auch immer wieder Beiträge verfasst. In seinem Privatleben ist er seit 22 Jahren Redakteur einer österreichweit erscheindenden almwirtschaftlichen Fachzeitschrift. Sein größtes Hobby ist das Fotografieren. Seit 2007 ist er Obmann des Kamera-Club Inzing. Seine Leidenschaft ist auch das Erstellen von vertonten Reise- und Multivisionsschauen.

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