Der Sebastianibittgang von Inzing nach Hatting hat eine besondere Bedeutung. Um ihn ranken sich viele Mythen und Erzählungen, die in den verschiedensten Ausschmückungen in den beiden Dörfern über Jahrzehnte hinweg kursieren und bis heute erzählt werden.
Die Dorfzeitung Inzing hat sich mit dem Obmann der Schützen, Hannes Ziegler und dem Obmann der Maschgerer, Markus Gollner, getroffen, um herauszufinden was die beiden Vereine bewegt, aktiv am Bittgang teilzunehmen. Herausgekommen ist ein sehr interessanter Austausch über Glauben, Kirche, das Schützenwesen und den Fasching.
“Sebastiani wird in vielen Dörfern als Bittgang oder gar Fest begangen.”, eröffnet Hannes Ziegler das Gespräch. “Das war auch in Inzing immer schon so. Die Ursprünge der Festlichkeit sind sicher auf die Zeiten von Pest und Cholera zurückzuführen, denn der heilige Sebastian ist unter anderem nicht nur Patron der Schützengilden, sondern auch der Patron gegen Pest und Seuchen.”, weiß Ziegler zu berichten.
So wurde im Mittelalter die Verehrung des Heiligen durch Festspiele und Prozessionen aufgrund immer wieder ausbrechender Epidemien besonders populär. Als Patron der Schützengilden gilt der 20. Januar selbstredend für die Schützen als Gedenktag.
In Inzing wird der Tag mit dem Bittgang von Inzing nach Hatting und retour begangen – Vier kräftige Schützen tragen dabei das mit Blumen beschmückte Farggele mit der Statue des heiligen Sebastian, der während einer kurzen Andacht in der Hattinger Kirche verweilen darf, um dann festlich in die Inzinger Pfarrkirche einzuziehen.
Schaut man sich allerdings dieser Tage auf der Facebookseite der Inzinger Maschgerer um, fällt ins Auge, dass auch hier der Sebastianibittgang sehr eingehend beworben wird: “Liebe Inzinger und Inzingerinnen. Sorgen wir dafür, dass diese Tradition noch lange erhalten bleibt. Je mehr dabei sind, desto besser.” Wie passen nun Maschgerer und der heilige Sebastian zusammen? “Weils immer schon so war!”, antwortet der Obmann der Maschgerer Markus Gollner. “In Inzing hat der Fasching schon immer am 20. Jänner begonnen.”, stellt er fest.
Schon seit jeher ist in Inzing die Tradition des Huttlerlaufens bekannt. Mit dem Jahr 2000 wurde sie wieder neu belebt. Die Huttler ziehen nach dem Bittgang durchs Dorf. Ausgestattet mit Ziachorgel und Teufelsgeign’ werden sie vor den Wohnhäusern empfangen. Mit viel Freude am Leben und einer jeweils zum Schnapsl erweiterten Brettljause wird auf den Beginn des Faschings angestoßen. “Es gibt aber eine Bedingung, auch später für’s Hausmaschgern, wenn sie dann in die Häuser gehen.”, so Gollner: “Die Krippe muss schon abgebaut sein. Denn a Larvn’ derf nit ins Kripperle schaugn’!” Warum das so ist, fragt die neugierige Autorin. “Weils immer schon so war!”, antworten die beiden Obmänner einhellig. Aber im Gespräch kommen wir drauf, dass es vielleicht ziemlich wahrscheinlich Ehrfurcht sein könnte, vor dem Kind in der Krippe, vor dem wundersamen göttlichen Geschehen; ein Innehalten, das den Larventräger wieder zum ureigenen Menschen wandelt. So gedacht erhält auch der Fasching in seiner mystischen Tradition den Winter auszutreiben, eine religiöse Komponente, die ihn zu einem sogenannten Schwellenfest[1] macht.
Neben dem traditionellen Huttlerlaufen, hat ein anderes Brauchtum zum 20. Jänner im Inzinger Dorf Einzug gehalten. Doch beginnen wir am Anfang, da war die sogenannte »Goasl«. “Die Tradition des Schnalzens ist im bayerisch-österreichisch-südtiroler Raum eine uralte.”, erzählt Markus Gollner. Vor 25 Jahren fanden er, Markus Löffler, Ernst Lorbeer, Andreas Kircher und Alexander Mayr zusammen, um das Goaslschnölln’ zu trainieren. Allerdings schliefen die Goasln’ wider ein, bis sie vor 16 Jahren Manuel Raaß wieder zum Leben erweckte: “Der Manu hat’s g’schafft, ganz viele Leut dafür zu begeistern!”, berichtet Gollner.
Vor drei Jahren dann, als das öffentliche Leben über die Dorfgrenzen hinaus während Corona zum Erliegen gekommen war, wurde auf Betreiben unseres Pfarrers Josef Scheiring statt des Bittgangs eine Messe in der Inzinger Pfarrkirche zu Ehren des heiligen Sebastian abgehalten. Nach dem Schlussgeläut fanden sich auf Bitte des Pfarrers, die Goaslschneller auf dem Kirchplatz ein um – Corona zum Trotze – den Fasching in Inzing einzuschnalzen. Etwas einsam, aber immerhin nicht komplett betrüblich. Dieses Jahr allerdings freuen wir uns wieder auf das Leben in der närrischen Zeit, die in Inzing heuer allerhand zu bieten hat.
“Damit ist die weltliche und kirchliche Haltung gar nicht so weit auseinander!”, wirft Hannes Ziegler der Obmann der Schützen ein und kommt zu dem Schluss: “Auch die Kirche hat ein entspanntes Verhältnis zur Freude, zu frohem Feiern und zu ausgelassenen Zeiten. Und deshalb passen Sebastiani und Fasching, Schützen und Maschgerer, Tradition und Brauchtum auch zusammen!”
Herzlichen Dank an meine Interviewpartner und alle, die an diesem Artikel beteiligt waren!
[1] https://www.festjahr.de/de/das-jahr/weitere_feste_und_zeiten_im_kirchenjahr/festnacht.html
Titelbild: Manuel Raaß
Da zeigt sich wieder! Mit reden kommen die Leute zusammen. Und so soll es auch sein. Gratuliere zu Deinem Artikel und viel Glück zu deiner Homepage. LG Karl
Der Artikel ist sehr gut geschrieben.
Bin froh das diese Tradition auch in Zukunft gelebt wird.
Es liegt an uns das es auch in Zukunft einen Sebastanibittgang gibt.