8. September 2024
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Und Reden ist doch Gold…

Lana Aleid (Foto: privat)
Lesedauer ca. 4 Minuten

Von Peter Bundschuh (“mein monat“, Nr. 09, 4.7.2024, Seite 28)

Wir bedanken uns bei der Redakteurin Margit Offer von “mein monat” und dem Autor Peter Bundschuh für die Erlaubnis, diesen Artikel auch in der DZ Inzing veröffentlichen zu dürfen. Siehe auch den DZ-Bericht über die Fluchtgeschichte der Fam. Eid/Aleid: https://blog.dorfzeitung-inzing.at/?p=12181!
(Luis Strasser / Redaktion DZ Inzing)

Die von den Jugendlichen frei gewählten Themenbereiche des Bundeswettbewerbes waren zwischen Künstlicher Intelligenz bis Empathie breit gefächert. Auch Beiträge zu Frauenrechten und Sexismus im Alltag waren in den etwa achtminütigen Stellungnahmen stark vertreten. Lana hatte ihr „Thema“ erlebt – leider erleben müssen. 

Foto: Peter Bundschuh

Die Österreichischen Bezirks-, Landes- und auch der Bundes-Jugendredewettbewerb geben jungen Menschen die Möglichkeit Meinungen und Gedanken, kurz Themen, die ihnen unter den „Nägeln brennen“ zu formulieren, einem Publikum vorzutragen und von einer Fachjury bewerten zu lassen. Der Respekt vor anderen hat dabei auf jeder Ebene gewahrt zu bleiben, betont das Bundeskanzleramt als für die Wettbewerbe verantwortlicher Veranstalter. Fest steht, dass schon ein Stück Selbstvertrauen dazugehört, sich der Challenge der Wörter zu stellen. 

Die Jury bestand in diesem Jahr aus der Siegerin des Redewettbewerbes vom Vorjahr, der Spoken-World-Künstlerin Katherina Wenty, Radio Energy Moderator Christian Tang und einer Vertretung des Bundeskanzleramtes.

Begegnung mit Tiefgang

»mein monat« war durch einen Beitrag von Lana Aleid zu den »Telfer Demokratietagen 2024« auf die junge Frau aus Polling aufmerksam geworden. Es folgte ein Gespräch, das die Geschichte von Kindheit und Jugend eines in Syrien geborenen und im Tiroler Oberland groß gewordenen »Powermädchens« aus ihrer eigenen Sicht beleuchtet. Wir sitzen im Garten nahe der Pollinger Kirche und Lana ist recht locker drauf, obwohl Mediengespräche auch für die Rede–Bundessiegerin nicht ganz alltäglich sind. Von ihrem Heimatland musste Lana im Volksschulalter Abschied nehmen. Die dramatischen Szenen der »Reise«, wie sie ihre Flucht bitter umschreibt, haben sich bei dem Mädchen tief eingeprägt. So ist ihr, ausgelöst durch das Kentern des Schlauchbootes zwischen der Türkei und Griechischem Staatsgebiet, die vehemente Angst vor tiefem Wasser bis heute geblieben und: „Daran wird sich wohl auch nichts mehr ändern“, meint sie nachdenklich. 

„Wir hatten es so schön, bis der Krieg kam“

Die ersten Jahre ihrer Kindheit waren in der Familie im Haus in Damaskus in guten sozialen Verhältnissen verlaufen. Das Mädchen fühlte sich beim Vater, einem Lehrer für Arabisch und Mathematik und ihrer als Vorschulpädagogin beschäftigten Mutter zusammen mit ihren Geschwistern ganz einfach wohl, bis eines Tages ein Brief im Hause der Familie Aleid zugestellt wurde. Auf Deutsch: „‘Herr Aleid wir dürfen ihnen mitteilen, dass sie mit Stolz ihr Land verteidigen dürfen.‘ Ein Satz der das gesamte Leben meiner Familie und mir von heute auf morgen verändert hat.“

„Ich komme aus einer großen und glücklichen Familie“

Es ist ein sonniger, ruhiger Spätnachmittag mit Blick auf ein gepflegtes Gemüsebeet. Lana beginnt zu erzählen und Passagen aus ihrer in Wien gehaltenen Rede wiederzugeben. „Ich komme aus einer großen und glücklichen Syrischen Familie. Meine Geschichte beginnt mit einem Lächeln. Einem Lächeln, das in den Wirren des syrischen Bürgerkrieges verloren geht, zerstört von Bomben und Angst. Als mein Vater plötzlich verschwand, wurde mir schlagartig klar, dass nichts mehr so sein würde, wie es einmal war. Er weigerte sich zu kämpfen und floh in die Türkei.“ Nachdem das Haus der Familie durch Bomben zerstört worden war, flüchteten auch Mutter und Töchter in die Türkei. Lana weiter: „Meine ältere Schwester hatte Angst vor den vielen männlichen Flüchtlingen und die Zustände im Flüchtlingslager wurden immer schlechter. Meine Mutter beschloss mit meiner Schwester und mir einen Weg nach Europa zu suchen. Es war eine riskante Entscheidung aber wir hofften auf ein Leben in Sicherheit und Frieden.“ Die Flucht und besonders das Sinken des Bootes waren für Lana ein Alptraum, durch Glück rettete sie ein guter Schwimmer vor dem Ertrinken. Nicht alle der Bootsflüchtlinge erreichten festes Land. Der weitere Marsch führte über den Balkan nach Österreich. Hier wurde das Asylverfahren der Frauen mit positivem Bescheid abgeschlossen. Eine Familienzusammenführung, den Vater der Mädchen betreffend, wurde hingegen bislang abgelehnt. 

Weiter nach Tirol

Vom Osten Österreichs führte der Weg der Syrerinnen über Vermittlung eines Bekannten nach Polling, wo sie eine Wohnung fanden. Damit hatten aber die Spannungen im Leben der Siebenjährigen und ihrer Familie kein Ende, obwohl sie sich vom „offiziellen Österreich“ und der katholischen Kirche unterstützt fühlten. Ihre Erinnerungen an das gesamte Volksschulumfeld sind, um es so zu sagen, nicht durchgehend glücklich: „Ich musste unermüdlich kämpfen um in Österreich Fuß zu fassen, um akzeptiert zu werden. Die Volksschulzeit war sehr schwierig für mich. Ich konnte weder die Sprache, noch kannte ich das Leben in Österreich. Die Sprache zu erlernen war mein Schlüssel zum Erfolg und so fand ich in der Mittelschule Freunde und Lehrer, die mir halfen und so konnte ich meine Talente ausleben. Ich versprach mir selbst und meiner Mama, immer das Beste zu geben, ob in der Schule oder in meiner Freizeit.“ Mittlerweile ist das ehemalige Flüchtlingsmädchen zu einer selbstbewussten Jugendlichen herangewachsen. Sie spricht Deutsch, syrisches Arabisch, gut Englisch und ist in Italienisch und Französisch in Ausbildung. Ihr Sprachtalent ließ sie eine Lehre als Speditionskauffrau anstreben. Die Lehrstelle mit Matura ist ihr bereits sicher. Und was bleibt am Ende des Tages? Frieden wünschen sich wohl die allermeisten von uns, vom Krieg im eigenen Land blieben wir aber seit 1945 verschont, somit sind die Vorstellungen unserer Generation von durchlebter Kriegsrealität eher vage. Bei Lana Aleid ist das anders. So haben auch ihre Worte zum Abschluss unseres Gespräches besonderes Gewicht: „Frieden und Sicherheit das wünsche ich mir am allermeisten.“                 

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