Fragt man KI nach dem Begriff “Sommerfrische“ erhält man folgende Antwort: „“Sommerfrische“ bezeichnet im Deutschen einen Sommeraufenthalt zur Erholung, oft auf dem Land, mit dem Ziel, der Hitze und dem Alltagsstress der Stadt zu entfliehen.“
Dass unsere drei Tage auf dem Alpl „am Land“ stattfinden würden, war uns ohnehin klar; dass wir beim Thema Abkühlung allerdings so sehr auf unsere Kosten kommen würden, das hatten wir nicht erwartet.
Grundsätzlich jedoch gilt: Selber schuld, denn sobald mein Mann Roland Urlaub nimmt und diesen in Inzing oder in unmittelbarer Nähe unseres Dorfes verbringt, kann man Wetten abschließen, dass es zumindest die ganze Zeit über bewölkt und regnerisch ist und Außenaktivitäten so gut wie unmöglich werden. Das ist so. Naturgegeben, warum auch immer. Mit großem Bangen hörten wir deshalb schon Tage vor unserer Abreise den Wetterbericht; der hörte sich nicht gut an. Roland brummte nur: „Was packst Du denn kurze Sachen ein? Wird eh kalt!“ Seine grummelnden Vorhersagen bewogen mich dazu, Winterjacken und in einer eigenen Tasche jeweils zwei Bücher für jeden, sämtliche Malsachen und Spiele zu verstauen, von denen eh nur die Karten zum Einsatz kamen.
Letztendlich entzückte mich auch noch die Vorstellung, ich könnte bei der vielen Zeit für ein bis zwei Stunden eine Wellnessfarm aus dem Alpl machen.

Ich schleppte deshalb alles mit, was Gesicht und Körper auf Vordermann bringen soll. Mein Mann, völlig perplex ob des vielen Gepäcks, verzog leicht den Mund, während ich ihm zuvorkam und mit charmantem Augenaufschlag erklärte: „Wer weiß, wie das Wetter wirklich wird, es soll ja niemand frieren und stell Dir vor, den Kindern würde langweilig!“
Als wir bei leicht eingetrübtem Wetter losfuhren, spürten wir Erwachsenen wider besseres Wissen eine kleine Hoffnung auf eine schöne Wanderung, auf ein bisschen, wenn auch unterkühlte Sonne und auf eine vielleicht klitzekleine laue Abendstunde mit Panoramablick. Manchmal täuscht sich der Wetterbericht ja. Hinten im Auto saßen unsere beiden quietschfidelen Jungs. Der Große bohrte schon nach wenigen Metern in der offenen Wunde: „Das Wetter sieht ja jetzt nicht gerade toll aus!“ In das nachfolgende Schweigen hinein bemerkte der Kleine: „Ich dachte, wir wollten Wandern gehen – was machen wir denn dann oben ohne Handy?!“ Ich antwortete: „Wir starren uns alle stundenlang an und der Erste der auszuckt, darf zuhause eine Woche nicht an die Playstation!“ Grunzendes Gelächter von hinten und eine heiße Diskussion darüber, wer wie als erster auszucken könnte. Wehmut breitete sich im Cockpit des Autos aus, denn immerhin hielten Roland und ich in unserer Vorstellung mit ganzem Herzen die Schönwetterfahne hoch. Oben angekommen, bezogen wir das Alpl, während der Himmel punktgenau mit Ankunft alle Regenschleusen öffnete.
Nach dem Auspacken waren wir schonmal waschelnass und gierten nach einer warmen Stube und einem eingeheizten Ofen.

Die Verteilung der Betten endete nach einem fast schon legendären Geschwisterstreit in einem wunderbaren Kompromiss. Das Abendessen, eine Kalbsstelze, die Roland noch daheim zubereitet hatte, beruhigte köstlich Gaumen und Gemüt. Mit der Hoffnung auf einen am nächsten Tag wohl besser gelaunten Wettergott, gingen wir schlafen.
Saukalt war‘s in dieser Nacht und am nächsten Morgen….

Kurz nach dem Aufstehen schlürfte ich schlaftrunken und leicht durchgefroren einen Kaffee, den Roland nach Anschüren des Küchenherdes schon zubereitet hatte. Mir gegenüber saß ein unternehmungslustiger kleiner Mensch, der nachfragte, was wohl heute auf dem Programm stünde. Mürrisch erwiderte ich: „Wahrscheinlich eh nicht viel Draußen, aber wir können spielen und malen und lesen.“ „Lesen!? Wenn mir zu langweilig ist, vielllllllllleicht…! – Spielen wir Uno?!“ und so begann die erste Partie Uno. Die Kartenspiele wechselten sich ab Uno, Watten – Watten, Uno – Uno, Watten….Malen….Watten…….Malen……Lesen! Und dann ganz wichtig: streiten….kurz raus, frieren und wieder Watten.
Bass vor Erstaunen nahm ich zur Kenntnis, dass sich unsere ganze Familie diesen Tagen ohne große Probleme stellen könnte, dass wir uns weder zerfleischen, noch übereinander herfallen würden. Das verbuchte ich fett auf dem „Haben“-Konto, ein gelungener Drahtseilakt. Gestärkt von dieser Erkenntnis, überwand ich mich trotz wiederkehrendem, mal für Sekunden aufreißenden Nebels, ein paar Schritte zu wagen.
Dort widmete ich mich mittels Kamera dem zumeist verschleierten Panoramaschauen, der verschleiert-unverschleierten Natur und im Besonderen der Phokuhtographie, einer besonderen Form der Photographie, deren Objekt immer eine Kuh ist. 😉 Ich hatte viel Freude dabei. Rücksichtsvoll ging ich auf die Tiere zu und ebenso rücksichtsvoll gingen wir uns aus dem Weg.









Am Abend dieses Tages hatte ich sämtliche Kühe und Schafe, das gesamte Interieur des Alpls und meine Familie fotografiert. Zwischendurch hatte ich sogar Zeit für meine Wellnessanwendungen gefunden.
Der nächste Morgen begann noch kälter. Die Nebelwände standen dicht vor den Fenstern und ließen nur erahnen, dass auf der Wiese Kühe und Schafe weideten. Es wurde immer kälter, jegliche Hoffnung auf Wetterbesserung verflüchtigte sich. Es half alles nichts: Keine Gebete, kein Flehen, keine Flüche, kein Sonnentanz, den Peppi Puelacher wohl extra für uns unten im Dorf aufführte. Das Wetter war schon bei der Ankunft ein absolutes Desaster und blieb es auch. Wir verbrachten den Tag mit Essen, Spielen, Malen, Lesen und draußen im Nasskalten schnell frieren. Bereits im Laufe des Mittags schlich sich ein Gefühl von „Noch geht es, aber es wird langsam kritisch“ ein. Langsam spürte man die Ödnis in den Knochen, die schwer und sehnsüchtig auf das Heimfahrsignal warteten. Gegen Nachmittag stöhnte Roland aus dem Fenster: „Mah, is des fad!!!“, und jedes einzelne Rufzeichen war herauszuhören.
Eine Minute später ging ich zu ihm ans Fenster und sah große schnell treibende Flocken vor den Scheiben. Es schneite!

Kurzerhand entfloh meinem Mund: „Ich!Will!Jetzt!Heim!“ Er antwortete: „Ich auch!“ Zwei jubelnde Kinder packten eifrig alles zusammen und halfen beim Aufräumen und Packen. Eine Stunde später kamen wir im Tal an und trafen auf schönsten Sonnenschein. „Das Wetter is wieder besser!“, rief Roland, „iatz fahr ma wieder aui!“ – „Nein!“ kam es von beiden Kindern und mir wie aus einem Mund.
Trotz alledem, es war eine nette Zeit oben am Alpl mit meinen Jungs und wir wissen jetzt, dass wir als Familie schwierige Situationen gemeinsam meistern können – darin lag meines Erachtens die größte Herausforderung!
Wir wollen uns bei der Gemeinde Inzing sehr herzlich für unseren Losgewinn bedanken bei gutem Wetter ist es sicher ein extrem lässiges Abenteuer. Wir jedenfalls freuen uns auf ein nächstes Mal; aber erst, wenn wir dem Inzinger Wettergott ein Opfer dargebracht haben – die Hälfte der Ernte der Chilischoten anzünden oder derlei 😉
Ich wünsche noch viel Freude mit den restlichen Photos vom Alpl in der folgenden Galerie.












