25. April 2024
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Wenn ich einmal groß bin, möchte ich Millionär werden…

Ernsts Smart Cash Machine
Lesedauer ca. 3 Minuten

Wer hat folgende Situation auch schon einmal erlebt?

Man beschäftigt sich intensiv mit einem komplexen Thema. Man recherchiert, liest, sieht sich Dokumentationen und/oder Videos an und sammelt über Monate, manchmal sogar über Jahre hinweg immer mehr Wissen an. Trotzdem bleibt aber immer noch das Gefühl, dass da noch etwas fehlt zum vollständigen Verstehen. Man kann nicht einmal beurteilen, wie viel noch fehlt. Alles fühlt sich noch sehr komplex an und auf jede Lösung folgen unzählige neue Fragen.

Und eines Tages begegnet einem eine Erfahrung oder Information und plötzlich fügt sich alles, einem Puzzle gleich, zusammen und das gesamte Bild liegt sonnenklar da. Dieses „Aha-Erlebnis“ fühlt sich an, wie ein Schritt aus einem dichten Nebel. Man konnte zwar jedes beliebige Detail wahrnehmen, indem man sich diesem näherte, aber es fiel schwer, sich die gesamte Umgebung vorstellen zu können.

Wer schon längere Zeit mitten im Berufsleben steht und bereits so manche Veränderung miterlebt hat, wird sich früher oder später Gedanken über deren Ursachen machen. Und nicht selten wird man auf Dinge stoßen, die mit dem „gesunden Hausverstand“ völlig unvereinbar sind. Da werden  Firmen, Konzerne oder sogar ganze Länder an den Rand des Ruins, oder darüber hinaus, getrieben und bei genauerer Analyse (so diese überhaupt stattfindet und nicht mit allen erdenklichen Mitteln verhindert wird) stellt sich heraus, dass es bloß an der Gier und der Rücksichtslosigkeit einzelner Personen gelegen hat.

Schon lange frage ich mich, wie es nur möglich sein kann, dass ein Mensch, der selbst Familie hat und völlig menschliche Bedürfnisse zeigt, sich derart rücksichtslos verhalten kann. Es handelt sich ja nicht um eine kurze emotionale Entgleisung, sondern meistens sind dies durch und durch geplante Vorgangsweisen, die zu den Katastrophen großen Ausmaßes führen und viele Familien in die Existenznot stürzen.

Kürzlich wurde ich auf eine Dokumentation hingewiesen, in der ein Banker über seine frühere Tätigkeit an der Börse erzählte. Er sprach über die Faszination der technischen Hilfsmittel, die guten Verdienstmöglichkeiten usw. Das für mich Bemerkenswerte war aber, dass er davon sprach, völlig den Bezug zum realen Leben verloren zu haben. Es gab da ein „draußen“, das in komplette Ferne gerückt ist. Manche Kollegen seien gar nicht mehr in der Lage gewesen, die alltäglichen Probleme zu meistern, so sehr habe man sich von der Realität entfernt. Was zählte, war einzig und alleine Profit zu generieren – egal wie. Innerhalb von Sekundenbruchteilen wurden Millionenbeträge transferiert und man hatte nicht einen Moment daran gedacht, welche Auswirkungen das auf „die Welt da draußen“ überhaupt haben könnte.

In diesem Moment fielen mir zwei andere Erlebnisse ein, welche schon einige Zeit zurück lagen. Dem ersten davon hatte ich wenig Beachtung geschenkt – ein erfolgreicher Prominenter im Fernsehen sprach darüber, dass er schon als Kind genau wusste, dass sein einziges Ziel war, reich zu werden. Naja – ein cooler Spruch eines Angebers, dachte ich mir.

Der wesentliche „Puzzle-Stein“ aber war die Aussage einer Mutter, die sich mit einer Freundin unterhielt. Ihre Kinder befanden sich gerade im vorpubertären Alter und da machen sich vermutlich alle Eltern Gedanken darüber, welche Ausbildung wohl die beste sei. Die stolze Mama erzählte glücklich, dass sie sich darüber keinen Kopf zerbrechen müsse, denn ihr Sohn weiß schon ganz genau, was er will. „Er will Millionär werden.“ Damit sei ein BWL-Studium eigentlich schon klar und es gäbe glücklicherweise keine schwierigen Diskussionen.

So sehr ich auch die Erleichterung der Mutter nachvollziehen konnte, dass sie sich keine Gedanken über die richtige Ausbildung mehr machen musste, so sehr war ich aber auch über diese Aussage  schockiert.

Was hat diesen jungen Burschen dazu bewogen, sein größtes Ziel im Besitz von Geld zu sehen? Wie konnte es passieren, dass Geld – etwas, was heute nicht mehr ist, als eine Zahl auf einem Bankkonto – solche Faszination auslöst? Ich weiß, dass diese Familie weder sehr reich ist, noch ist sie so arm, dass an jedem Tag das Geld im Mittelpunkt stünde. Wenn Kinder damit aufwachsen, dass sie jeden Tag dies oder das nicht haben können, weil das Geld nicht reicht und so manch alltägliche Dinge nur von Freunden kennen, hätte ich Verständnis dafür.

Es hat doch praktisch jeder junge Mensch irgendein Hobby und jeder würde gerne sein Hobby zum Beruf machen. Kann Geldbesitz ein Hobby sein?

Jedenfalls hat diese Aussage im Zusammenhang mit den Erzählungen des Bankers für mich ein völlig unerwartetes Puzzleteil zutage gefördert, womit sich plötzlich viele einzelne Bruchstücke im Kopf zu einem Ganzen zusammenfügen ließen. Ich kann mir jetzt sehr wohl vorstellen, dass es Menschen gibt, die tatsächlich ohne schlechtem Gewissen derart fatale Handlungen auszuführen in der Lage sind. Zugleich wird mir noch bewusster als bisher schon, wie wichtig es ist, Kindern Rücksicht und Empathie beizubringen, sowie Werte zu vermitteln, welche die Gemeinschaft fördern. Auf Dauer kann niemand alleine glücklich werden. Glück wird dann am größten, wenn man in der Lage ist, es zu teilen.

Fotos: Ernst Pisch

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Ernst Pisch

Ernst fotografiert in seiner Freizeit leidenschaftlich gerne und interessiert sich für die Technik, welche dahintersteckt. Während der oft längeren beruflichen Fahrten von und zu den Kunden denkt er unter anderem auch gerne darüber nach, warum die Welt genau so ist, wie sie ist. Dabei entstehen Fragen und manchmal auch neue Interessen, Ideen und Erkenntnisse, welche er gerne mit anderen teilt.

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