Bilde ich es mir nur ein oder wird es wirklich immer schlimmer? Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass so gut wie keine der Fragen von Journalisten an Politiker oder Pressesprecher kurz und prägnant beantwortet wird? Sehr häufig wird die Frage gar nicht beantwortet. Stattdessen wird nach kurzen Ausschweifungen ein offensichtlich gut überlegter Text vorgetragen. Manchmal gekonnt, manchmal äußerst plump und so peinlich, dass man sich als Zuhörender schon dafür schämt.
Ich frage mich, ob auch nur eine dieser Personen in der Lage wäre, das Pflichtschulniveau heute noch einmal positiv abzuschließen? Wie eine solche Prüfung wohl aussehen würde?
Du möchtest dir dein Nicht Genügend ausbessern? Sehr lobenswert!
Hier meine Frage: Wie lautet die Formel zur Berechnung der Fläche eines Quadrates?
Wie schön, genau das ist es, was ich an diesem wunderbaren Land Österreich so liebe: Jeder darf äußern und fragen, was er will, ohne dafür bestraft oder unterdrückt zu werden. Unsere Großeltern und Urgroßeltern mussten sich dieses Recht hart erkämpfen und wir sollten ihnen alle sehr dankbar dafür sein!
Aber zurück zu Ihrer Frage – was am Ende des Tages wirklich zählt, ist ja vor allem, was mit einer Fläche geschieht, wie sie genützt wird. Und da kommen wir auch schon zum wesentlichen Punkt. Nutzbare Flächen sind in der Regel ungleichmäßig geformt, ihre Ränder folgen höchst selten geraden Linien und Erhebungen vergrößern zwar einerseits die Fläche, behindern andererseits aber auch eine effiziente Bewirtschaftung. Da kommt man mit einer so rudimentären Mathematik auf niedrigstem Niveau, wie sie von Ihnen hier ins Spiel gebracht wird, nicht weit. Es bedarf da schon höherer Mathematik, welche nur in einem leistungsorientierten Bildungssystem, wie wir es seit jeher unterstützen, hervorgehen kann. Aus diesem Grund haben wir auch den Think-Tank „Science for Future“ gegründet. Übrigens, die Leute dort leisten hervorragende Arbeit!
… ähm, es wären da noch zwei Schüler, die ihr Nicht Genü…
Unterbrechen Sie mich nicht!! Ich habe Sie ebenfalls aussprechen lassen! Später werfen Sie mir dann Aussagen vor, welche eine Meinung widerspiegeln, welche ich niemals zum Ausdruck bringen wollte, bloß weil Sie mir nicht die erforderliche Zeit gewähren, meine Standpunkte umfassend zu erläutern!
Wo waren wir? Ach ja, die Wissenschaft vollbringt auf diesem Gebiet hervorragende Arbeit dank der von uns geschaffenen Voraussetzungen und Strukturen. Es war nicht einfach, ein loyales Team von Wissenschaftern zu finden, welches unseren hohen Ansprüchen genügt und die gewünschten Forschungsergebnisse liefert. Das ist ein Meilenstein am Weg zum vernünftigen Planen und Handeln. Damit kann gegen jene Wissenschaftsleugner, welche sich auf zu unseren faktenbasierten Lösungsvorschlägen völlig widersprüchliche Studien berufen, endlich mit aller Härte vorgegangen werden!
Zudem ist es uns gelungen, langwierige bürokratische Hürden zu beseitigen, welche einer wirtschaftlich nachhaltigen Nutzung von Flächen im Wege stehen. Dadurch, dass dem Antragsteller einer Umweltverträglichkeitsprüfung nun nach Verstreichen einer Ablauffrist automatisch die Genehmigung erteilt wird, sorgen wir für eine Nutzung vieler Flächen, welche sonst unter Umständen für weitere Jahrzehnte völlig schutzlos der Natur ausgeliefert wären.
Rrrrrriinnnng!!
Oh! Die Zeit ist leider um. Ich würde vorschlagen, Sie formulieren Ihre Fragen zukünftig schriftlich an mein Sekretariat und Sie werden zeitnah umfassend Antwort erhalten.
Jetzt aber husch in die nächste Klasse! Schließlich dürfen die Bürger auch entsprechende Leistung für ihr Steuergeld erwarten.
Die Geduld der Journalisten (und Lehrer 🙂 ) ist oft beneidenswert. Im Freundeskreis würde man seinem Gegenüber für solche Antworten vielleicht sogar das Bier ins Gesicht schütten.
Diese Art zu antworten ist nicht nur erniedrigend für Gesprächspartner und Zuhörer, sie offenbart ja auch, dass der Befragte ganz offensichtlich etwas zu verheimlichen hat. Entweder sein fachliches Unwissen oder seine wahren Absichten … oder beides zusammen.
Derartige „Nicht-Antworten“ sind unerhört und inakzeptabel!
Das gekonnte „Nicht-Antworten“ will aber gelernt sein. So etwas ist nicht angeboren und wird schon gar nicht in der Schule gelehrt. Aber es gibt dafür sündteure Trainings und ge“coachte“ Umgebungen, in denen genau das geübt werden kann. Dafür, dass solche Schulungen so teuer sind, muss man aber kein Mitleid mit diesen Personen haben. Als Politiker kommt das nötige Geld aus dem Topf der Steuergelder und im Konzern wird dem Pressesprecher diese Ausbildung auf Kosten von Mitarbeitern unterer Hierarchien bezahlt.
Paradoxerweise ist aber genau das die Zielgruppe, welche hinters Licht geführt werden soll. Vom Wesentlichen wird abgelenkt, es werden schöne Reden geschwungen und damit die Unterstützung für folgenreiche Entscheidungen eingeholt. Oder wenn man schon nicht Unterstützung bekommt, so wird doch wenigstens der Widerstand gebrochen.
Wie wäre es denn, wenn jedes Wochenende im Fernsehabendprogramm die „Nicht-Antwort“ der Woche gekürt würde? Die Zuseher können abstimmen und der Gewinner erhält ein T-Shirt mit der Aufschrift des unverschämtesten Spruches der Woche – wie zum Beispiel „Ich habe alles richtig gemacht!“ oder „Bitte nicht mit diesem Pöbel!“.
Vielleicht würde sich der eine oder die andere in Zukunft besser überlegen, was geantwortet wird?