21. April 2025
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Montage der Fassade
Lesedauer ca. 4 Minuten

Um das Potenzial einer thermischen Sanierung aufzuzeigen, habe ich mich auf die Suche nach einem Haus in Inzing begeben, das einerseits thermisch saniert wurde und andererseits mit einer Wärmepumpe ausgestattet wurde. Ich bin auf Familie Fender gestoßen. Peter Draxl, Bauamtsleiter in Inzing, hat den Kontakt hergestellt. Ende Feber besuchte ich die Familie und wurde mit sichtlicher Freude und sehr freundlich zu einem Gespräch empfangen.

Romana und Florian Fender haben das Haus, das Romanas Großeltern Elsa und Thomas Walch Mitte der 1950-er Jahre am Samweg erbaut hatten, für sich adaptiert. Es war geplant, eine umfassende thermische Sanierung anzugehen. Wie Florian es sagt, wollten sie mit „geringfügiger Änderung der Kubatur und vor allem mit viel eigener Handarbeit“ eine thermisch gute und neue Hülle für das Haus gestalten. Da Florian vor seiner Ausbildung zum Architekten als Tischler arbeitete, fiel die Materialwahl für die Außenhülle auf Holz. Es wurde mit Holzweichfaserplatten gedämmt. Außerhalb der Dämmung kam eine anthrazitfarbene, hinterlüftete Holzschalung zum Einsatz. Auch im Innenausbau wurde sehr viel mit Holz gearbeitet. Holz als nachwachsender Rohstoff ist im Hausbau auch als Dämmstoff eine sehr umweltfreundliche Alternative.

Das Gebäude war bereits vor dem Umbau recht kompakt. Durch die Integration der bisherigen Loggia im Erdgeschoss und des Balkons im ersten Stock in die Außenhülle wurde die Kompaktheit noch leicht verbessert, was sich letztlich auch positiv auf den Heizwärmebedarf auswirkt.

Der Keller wurde bis auf Frosttiefe freigelegt und mit verdichtetem Glasschaumschotter, einem Recyclingmaterial aus Altglas, gedämmt. Der Dachstuhl und das Dach wurden vollkommen neu gebaut.

Natürlich gibt es bei Altbausanierungen immer Kompromisse, die man eingehen muss. Romana, ebenfalls Architektin, erzählte: „die bestehende kleinteilige Struktur des Hauses entspricht eher nicht dem, was wir als Architekten im Neubau planen. Aber wir sahen dies auch als Anlass, um die sonst oft sehr großzügige Raumplanung kritisch zu hinterfragen.“ Im Erdgeschoß wurden jedenfalls die kleinen Räume beibehalten. Die Räume vermitteln einen sehr gemütlichen Eindruck. Im neu ausgebauten Dachgeschoß entstand dafür ein sehr großzügiger, neuer Wohnbereich.

Die Fenster wurden allesamt durch in Tirol produzierte Holz-Alu- Fenster mit Dreischeibenverglasung getauscht. Nordseitig hat man die kleinen Fensteröffnungen (z.B. in den WC’s und dem Stiegenhaus) belassen. Südseitig kamen große, neue Fensteröffnungen zum Einsatz, um viel Licht in die Räume zu lassen und auch den passiven Sonnenenergieeintrag bestmöglich zu nutzen. Um so wenig Raumhöhe wie möglich zu verlieren, wurde der bestehende Estrich abgetragen und durch einen neuen Estrich inklusive Fußbodenheizung ersetzt. Als Heizung wurde eine effiziente Wärmepumpe mit Tiefenbohrung eingebaut. Es war eine echte Herausforderung, nachträglich die Tiefenbohrung herzustellen. Es musste eine Gartenmauer abgetragen werden. Bei der Anlieferung des Baugerätes musste man darauf achten, dass die Straße nicht beschädigt wurde.

Das Gerät für die Tiefenbohrung im Einsatz. Alle Fotos: privat

Florian erzählte mir, dass er es sehr wichtig findet, dass die graue Energie und die Arbeitsleistung, die beim Hausbau vor ca. 70 Jahren in die ursprünglichen Baustoffe geflossen ist, erhalten werden konnte. Die Bausubstanz war recht gut, sonst wäre dies nicht möglich gewesen. Auch die Wahl der ökologischen Baustoffe Holz oder Glasschaumschotter münden in eine geringe Primärenergiebilanz beim Umbau.  

Das Haus wurde vor dem Umbau mit Öl geheizt. Laut altem Energieausweis waren ca. 28.000 kWh Energie notwendig, um das Gebäude zu heizen. Dies entspricht der Menge von etwa 2.500 Litern Öl pro Jahr. Durch all die Maßnahmen im Rahmen der thermischen Sanierung weist der neue Energieausweis nur noch eine Energiemenge für die Heizung von ca. 6.000 kWh aus. Dies wäre bereits eine Reduktion um 80%. Die Wärmepumpe besitzt nun aber einen COP von 5,4. Dies bedeutet, dass der Strombedarf für die Wärmepumpe um diesen Faktor geringer ist als die Heizenergie, die die Wärmepumpe bereitstellen kann. Dadurch ergibt sich ein tatsächlicher Strombedarf für die Heizung von nur noch 1.100 kWh pro Jahr (dies entspricht der Energie von lediglich 110 Litern Heizöl). Insgesamt konnten Romana und Florian Fender die Heizenergie also um sagenhafte 95% reduzieren. Die CO2-Emissionen werden damit gänzlich vermieden.

Das Haus wurde von Energieeffizienzklasse G auf A (Niedrigenergiehaus) verbessert.

Für thermische Sanierungen und auch für den Heizungstausch gibt es diverse Bundes- und Landesförderungen. Details unter:

Gemeinde Inzing – Startseite – Unser Inzing – Klimaplan Inzing 2032 – Förderungen und Infos (tirol.gv.at)

Am Ende meines Besuches wurde ich noch durch die neu gestalteten Räume geführt. Ich kann mit Begeisterung bestätigen: hier kann man sich rundum wohlfühlen.

Herzlichen Dank an Romana und Florian für die spannenden und interessanten Einblicke in ihr gelungenes Sanierungsprojekt.

In der Dorfzeitung in Ausgabe 02/2005 berichtet Hermann Walch auf Seite 28 u.a. vom Neubau des Hauses im Samweg. Man sieht auch ein Foto von den Ziegeln, die beim damaligen Bau verwendet wurden.

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Peter Oberhofer

Peter ist seit Ende 2012 Redaktionsleiter der DZ. In Inzing ist er außerdem bei der Klimabündnisgruppe engagiert. Umwelt- und Klimaschutz, Energiesparen, öffentlicher Verkehr sind ihm ein wichtiges Anliegen.

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