20. April 2024
Newsletter   

Winterreise zum Nordkap / Teil 3

Nordlichter – das große Erlebnis der Winterreise zum Nordkap
Lesedauer ca. 6 Minuten

Text: Johann Jenewein, Fotos: Irene & Johann Jenewein

In Kirkenes angekommen, trafen wir uns bei der Skulptur der drei Frauen mit dem Führer des Grenzlandmuseums. Dieses beschäftigt sich mit drei Themenblöcken.

Die Kong Harald im Hafen von Kirkenes

… wir trafen uns mit dem Führer des Grenzlandmuseums

Das Grenzlandmuseum

Im ersten Raum werden Gebrauchsgegenstände der Samen und Bilder der früheren Lebensweise der hier angestammten Bevölkerung gezeigt.

Der Schlitten – ein unverzichtbarer Gebrauchsgegenstand im hohen Norden

Der zweite Raum ist dem Nord-Samischen Künstler John Savio gewidmet. Er ist vor allem für seine Holzschnitte bekannt, die das Leben der Samen des frühen 20. Jahrhunderts zeigen. Der im Jahr 1902 geborene Künstler verstarb im Alter von nur 36 Jahren an einer schweren Krankheit. Für seine Kunstwerke wird er in ganz Nordnorwegen anerkannt und geliebt.

Holzschnitt des Künstlers John Savio

Im dritten Raum werden die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs auf die Region dargestellt. Kirkenes war die meistbombardierte Stadt Norwegens. Wegen der strategischen Nähe zur russischen Hafenstadt Murmansk, verlegte das nationalsozialistische Deutschland 30.000 Soldaten nach Kirkenes. Daneben wurden deutsche Seestreitkräfte und ein Luftwaffengeschwader stationiert. Sowjetische Kampfflugzeuge bombardierten Kirkenes bei Tag und Nacht. In einem zermürbenden Erschöpfungskrieg gelang es der Roten Armee, die deutschen Truppen zurückzuschlagen.

Kirkenes war vom Zweiten Weltkrieg schwer betroffen

Kampfflugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg

Das sowjetische Denkmal in der Nähe des Hafens wurde in Erinnerung an diese Befreiungsaktion erstellt. Im Luftschutzbunker Andersgrotta suchte die Zivilbevölkerung Zuflucht bei den mehr als 300 Luftangriffen auf Kirkenes. Dieser historische Hintergrund machte eine in Europa einmalige Sonderregelung möglich. Russen und Norweger, die in einer 30-Kilometer-Zone wohnten, reisten von April 2010 bis zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022 visumfrei hin und her.

Sowjetisches Denkmal in der Nähe des Hafens

Eingang des Luftschutzbunkers Andersgrotta

Kirche von Kirkenes

Blick auf den Hafen von Kirkenes

Kindergruppe

Die russische Grenze liegt von Kirkenes 15 Straßenkilometer entfernt. Bevor wir zur Rückfahrt nach Inari aufbrachen, machten wir diesen kleinen Abstecher zur Grenzstation. Nach Murmansk hätten wir noch rund 200 Kilometer zu fahren.

An der russischen Grenze

Wenige Häuser und viel Landschaft

Nach kurzer Fahrt erreichten wir die Ortschaft Näätämö und waren damit wieder in Finnland. Der Weg führte uns zurück in das schon bekannte Inari. Schließlich erreichten wir Nellim, die letzte Station unserer Reise. Nellim ist eines der 22 Dörfer der riesigen Gemeinde Inari.

Der Weg von Kirkenes nach Nellim

Gänzlich unerwartet tauchte in der unendlichen Weite von Seen und Birkenwäldern der Ort Näätämö auf. Er besteht aus ein paar wenigen Häusern und viel Landschaft. Trotz der Entfernung von 111 Kilometern gehört auch Näätämö zur Gemeinde Inari.

Näätämö besteht aus wenigen Häusern …

… und viel Landschaft

Nach der Ankunft in Inari gingen wir, wie am ersten Tag unserer Reise, zum vereisten Fluss. Die späte Nachmittagssonne zauberte im Vergleich zu unserer damaligen Wanderung eine gänzlich veränderte Lichtstimmung auf die bizarren Eisschollen.

Wanderung entlang eines gefrorenen Flusses

Bizarre Eisscholle

Am nächsten Tag beschäftigten wir uns im Museum Siida noch einmal mit dem traditionellen Leben der Samen. In der vergangenen Nacht hatten wir Sàmi gesehen, den Feuerfuchs. Er läuft im Winter über den Himmel und entzündet mit seiner Rute die Funken der Nordlichter. Oder waren es die Seelen der Verstorbenen? Seit undenklichen Zeiten leben die Bewohner dieses Landstrichs mit dem magischen Himmelslicht. Viele Legenden und Mythen versuchen diese Erscheinung zu deuten. Wie sonst hätten es sich die Menschen der früheren Jahrhunderte erklären können?

Im Sami-Museum Siida

Nordlicht über dem Inarisee

Die Huskys konnten es nicht mehr erwarten. Ungeduldig bellend zerrten sie an ihrem Geschirr. Uns ging es wie den aufgeregten Vierbeinern. Auch wir freuten uns auf die in Kürze startende Hundeschlittenfahrt. Im Wilderness Hotel Nellim wurden wir von unserem Guide in die Fahrtechnik eingewiesen. Eine Person führte das Gespann, die andere saß vorne im flachen Schlitten. Zur Gleichbehandlung wechselten wir uns gegenseitig ab. Dann stand der flotten Fahrt hinaus auf den gefrorenen Inarisee nichts mehr im Wege.

Ungeduldige Huskys

Hundeschlittenfahrt auf dem Inarisee

Gleich nach der Ankunft im Wilderness Hotel waren wir mit einem dick gefütterten und wärmedämmenden Overall eingekleidet worden. Karin informierte uns, dass das Hotel ausgebucht sei und deshalb mehrere unserer Gruppe in Ferienhütten ausweichen müssten. Auch wir wurden um unser Einverständnis gebeten. Wir hatten damit kein Problem und gingen gleich über den gefrorenen See zu unserer ca. 500 Meter entfernten Unterkunft.

Auf dem Weg über den gefrorenen Inarisee

Unsere Ferienhütte lag sehr idyllisch

Sehr schnell fanden wir, dass es sich hier sehr gut aushalten lässt. Vor uns lag die schneebedeckte Eisfläche des Inarisees. Unverzüglich starteten wir zur ersten Erkundungsrunde um unser Ferienhaus. Schon bald senkte sich die Dunkelheit auf Nellim herab. In dieser Nacht konnten wir zwei Mal Nordlichter beobachten.

Erkundungsrunde um unser Ferienhaus

Blick über den Inarisee

Wir sahen zum zweiten Mal Nordlichter

Rund um Nellim

Auf unserer zweiten Runde durch Nellim trafen wir auf die orthodoxe Kirche von Nellim. Sie wurde im Jahr 1987 von Skoltsamen erbaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als Finnland die östlich gelegene Region Petschenga an die Sowjetunion abtreten musste, wurden sie nach dem Verlassen ihrer ursprünglichen Heimat hier angesiedelt.

Orthodoxe Kirche von Nellim

Innenraum der orthodoxen Kirche

Wir liebten diese eigenständigen Entdeckungstouren, für die die wir immer genügend Zeit hatten. Nellim ist eine weitverzweigte Streusiedlung entlang des Inarisees, 10 Kilometer westlich der russischen Grenze. Die 200 Einwohner betreiben Rentierzucht, Forstwirtschaft und arbeiten im Tourismus. Im Winter, so wurde uns erzählt, nehmen die schweren Holztransporter häufig Abkürzungen über den gefrorenen Inarisee. Für den Personenverkehr ist diese zeitsparende Variante nicht erlaubt.

Bauernhof in Nellim

Der Holztransport erfolgt oftmals auch über den gefrorenen Inarisee

Viel zu schnell waren die Tage unserer Winterreise in den hohen Norden Europas vergangen, einer Reise, die man sich nur erträumen kann. In der letzten Nacht fuhren wir mit dem Snowmobil hinaus auf den Inarisee, nochmals gebannt vom Zauber des Nordlichts.

Mit dem Snowmobil fuhren wir hinaus auf den Inarisee …

… wo wir letztmalig Nordlichter beobachteten

Diesen Artikel teilen:

Johann Jenewein

Johann lebt seit 2001 in Inzing. Die Print-Ausgabe der DZ hat er immer zur Gänze gelesen und hat auch immer wieder Beiträge verfasst. In seinem Privatleben ist er seit 22 Jahren Redakteur einer österreichweit erscheindenden almwirtschaftlichen Fachzeitschrift. Sein größtes Hobby ist das Fotografieren. Seit 2007 ist er Obmann des Kamera-Club Inzing. Seine Leidenschaft ist auch das Erstellen von vertonten Reise- und Multivisionsschauen.

Alle Beiträge ansehen von Johann Jenewein →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert