DZ / Dorfzeitung
RST / René Staudacher
F/FW / Freiwillige/Feuerwehr(en)
DZ: Lieber René, danke für die Bereitschaft zu diesem Interview mit der DZ!
Du bist mir schon seit längerem als engagierter junger Mann aufgefallen, zum Beispiel als Obmann der SU Inzing-Sektion Fußball.
Was hat dich veranlasst, dich für die dörfliche Gemeinschaft in verschiedenen Funktionen einzubringen?
RST: Eine spannende Frage! Grundsätzlich war es immer so, dass ich gerne für Menschen etwas weiterbringen wollte und immer ein Teamplayer war. Das kannte ich von meiner Zeit als verantwortlicher Obmann im Fußballverein Inzing (im Duo mit Markus Gstrein). Mein Slogan war: Nicht verwalten, sondern gestalten. Gleichzeitig war ich auch bei der Feuerwehr engagiert, wodurch es für mich zu zeitlichen Engpässen kam. Ich musste mich also für einen Bereich entscheiden. Da schon damals mein Steckenpferd die allgemeine Sicherheit war, hab ich schließlich der FW den Vorzug gegeben.
DZ: Was hat dich seinerzeit schon als Jugendlicher von 13 Jahren dazu bewogen, zur Feuerwehr zu gehen und einen großen Teil deiner Freizeit der Freiwilligenarbeit zu widmen?
RST: Mir hat schon immer imponiert, wie man in kürzester Zeit Menschen in Not unbürokratisch helfen kann. Das hat mich fasziniert – im Team, in der Gemeinschaft einfach schnell da zu sein. Dabei habe ich, da die Kameradschaft ein wesentlicher Teil der FW ist, die Erfahrung gemacht, dass auch die Bewältigung von Alltagsproblemen (Ausbildung, Schule, Jugendprobleme…) leichter fällt.
Auf Anregung meines Schulfreundes Simon Eiterer habe ich mit noch ein paar anderen Kollegen aus der HS Inzing damals die FW als Betätigungsfeld gewählt, weil mich schon als kleiner Bub die FW mit all ihren Fahrzeugen, Maschinen etc. sehr fasziniert hat. Da wir das Glück hatten, dass wir einen sehr guten Jugendbetreuer (Klaus Kössler) bei der FW hatten, wurde ich (und einige meiner Schulkollegen) darin bestärkt, die richtige Wahl getroffen zu haben. Er hat uns sehr viel Wissen vermittelt und auch die “Faszination FW” verstärken können. Die Arbeit unseres Jugendbetreuers ist auf sehr fruchtbaren Boden gefallen, wenn man bedenkt, dass sowohl mein Vorgänger (Roman Thaler) als auch mein Nachfolger (Andreas Pairst) als FW-Kommandant aus dieser damaligen Gruppe der Schulkollegen stammen.
DZ: Wie beurteilst du im Rückblick dein Engagement als einfacher FW-Mann?
RST: Ich habe, wie schon erwähnt, mit 13 als Mitglied der Jugendgruppe meine Grundausbildung bei der FW begonnen und wurde dann – wie üblich – mit 15 in den aktiven Stand übernommen. Und da wurden dann spezielle Ausbildungen bzw. Betätigungsfelder angeboten. Mich hat immer schon das Thema “Atemschutz – Brandbekämpfung” sehr interessiert. Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass meine Eltern mir schon als Kind Geschichten vorgelesen haben, die mit solchen Szenarien zu tun hatten.
Da muss ich ein bisschen ausholen. 2011 habe ich den Posten des Gruppenkommandanten übernommen und mich mit großer Freude dieser Aufgabe gewidmet. 2017 ergab sich die Situation, dass der amtierende Vorstand angekündigt hat, geschlossen zurückzutreten und damit bei den anstehenden Wahlen 2018 nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Ich war damals im Ausschuss als Gruppenkommandant und habe mich schließlich überzeugen lassen, die herausfordernde Aufgabe zu übernehmen.
Der Tag der Wahl (13.1.2018) war dann allerdings an Turbulenzen nicht zu überbieten und wird mir immer in Erinnerung bleiben. Wir hatten einen Einsatz bei einem Großbrand am Inzinger Berg ab 6.30 Uhr in der Früh bis spät am Nachmittag. Anschließend war die Vollversammlung mit anstehender Wahl.
DZ: Sehr bald bist du in höhere Funktionen (siehe Kurzportrait am Ende des Interviews) aufgestiegen, bis du schließlich die Aufgabe des FW-Kommandanten in Inzing 2018 übernommen hast.
Im August letzten Jahres bist du dann von der Tiroler Landesregierung mit Wirkung vom 1.1.2024 zum künftigen Landesfeuerwehrinspektor ernannt worden.
https://www.tirol.gv.at/meldungen/meldung/kuenftiger-landesfeuerwehrinspektor-tritt-dienst-an
Konsequenterweise hast du das Kommando bei der FFW Inzing heuer im März an Andreas Pairst übergeben.
Kannst du bitte für die LeserInnen der DZ ein kurzes Résumé über deine Zeit als Chef der hiesigen FW ziehen?
RST: Das war tatsächlich ein sehr aufregender Beginn meiner Tätigkeit als FW-Kommandant in Inzing. Und so ging es quasi “munter” weiter. Im März 2018 folgte der Großbrand bei der Firma Freudenthaler und dann hatten wir es mit einer bis heute nicht geklärten Stadelbrandserie zu tun.
Dann kam die Corona-Zeit, die für die FW besonders schwierig war, da wir uns über Kameradschaft definieren. Ausbildungsmäßig haben wir uns mittels Online-Initiativen beholfen. Überraschend war, dass wir in dieser Zeit keine Ausfälle, sondern sogar Zuwächse zu verzeichnen hatten. Organisatorisch war Corona natürlich eine Herausforderung. Wir haben zwei unterschiedlich besetzte Züge organisiert (Zug A und B), die sich nie gekreuzt haben. Dadurch konnten wir unsere Einsatzbereitschaft aufrechterhalten.
Der Großbrand im April 2022 bei der Fa. Freudenthaler, wo ca. 300 Einsatzkräfte beteiligt waren, war besonders komplex und kräftezehrend und der umfangreichste Einsatz in meiner Tätigkeit als Ortsfeuerwehrkommandant der Gemeinde Inzing.
Als Résumé meiner Kommandantenzeit kann ich also festhalten, dass dies ein sehr interessanter, turbulenter, aber auch erfüllender Lebensabschnitt für mich war.
DZ: Wie steht’s aktuell um den Nachwuchs bei der FFW Inzing bzw. was kann der Verein (der genau genommen eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist) den jungen Menschen (Buben und Mädchen) bieten?
RST: Bezüglich Nachwuchs ist die FW Inzing, würde ich meinen, Vorreiterin in Tirol. Wir haben 1993 die erste Jugendgruppe gegründet und im Abstand von zwei, drei Jahren weitere etabliert. Drei Viertel des aktuellen FW-Ausschussgremiums entstammen diesem Bereich.
Auch die aktuelle Jugendgruppe ist sehr stark besetzt und besteht jeweils zur Hälfte aus Buben bzw. Mädchen, denen es seit vielen Jahren auch möglich ist, zur FW Inzing zu gehen.
Wir haben eine so breite Palette an Aufgaben, sodass alle sich irgendwo wiederfinden. Mädchen können gleich wie Buben alle Betätigungsfelder ausüben – ohne Einschränkung in Bezug auf die hierarchische Struktur der FW. Dazu haben wir ein eigenes Betreuerteam, das sich ausschließlich um den Nachwuchs kümmert. Die Jugendlichen können frühestens mit 12 Jahren zur FW kommen, die Grundausbildung dauert bis 15. Dann werden sie in den aktiven Stand der FW übernommen.
DZ: Neulich wurde in Tirol heute davon berichtet, dass die FFW zunehmend Probleme haben, ihre Angestellten wegen des akuten allgemeinen Personalmangels bei einem FW-Alarm freizustellen. Wie beurteilst du allgemein die Situation und wie sieht es diesbezüglich in Inzing aus?
RST: Es besteht zum Teil eine Vollkaskomentalität, indem die FW oft zu Einsätzen gerufen werden, ohne dass diese im Einsatzspektrum der Feuerwehr liegen. Dadurch wird das System überlastet. Diesbezüglich wird man sich für die Zukunft Gedanken machen müssen. Natürlich kann nicht jeder jederzeit zu einer Ölspur oder zu einem Einsatz bei einem Radrennen abgezogen werden. Das Einsatzspektrum sollte wieder kleiner werden und sich auf die Kernaufgaben “retten-bergen-löschen-schützen” gemäß dem Landesfeuerwehrgesetz konzentrieren.
In Inzing haben wir ca. 50 Einsätze pro Jahr. Davon sind etwa zwei Drittel stille Alarmierungen (keine Sirenenalarmierung), d.h. die Bevölkerung bekommt das kaum mit. Für uns ist dies durchaus bewältigbar, aber in größeren Gemeinden wie Hall oder Telfs, wo mehrere hundert Einsätze jährlich anstehen, ist die Situation sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die Arbeitgeber schon problematisch. Ich habe durchaus Verständnis für Unternehmer, die meinen, dass es da spezifische Regelungen in Zukunft brauchen wird. Es ist ja schon derzeit so, dass FW-Leute bei Eintritt in ein Unternehmen mit dem Chef Vereinbarungen bezüglich der Freistellung bei FW-Einsätzen aushandeln können.
In Inzing ist ein Pagersystem in Anwendung, das es uns erlaubt, die Bedarfsdeckung im Einzelfall befriedigend zu regeln. Sollte das in manchen Ortschaften (z.B. in Pfaffenhofen-Telfs) nicht möglich sein, wird automatisch die Nachbarfeuerwehr mitinformiert. Bei uns haben mehr als 70 aktive der insgesamt über 110 FW-Leute so ein Pagersystem mit unterschiedlichen Alarmierungsschleifen zur Verfügung (die restlichen Mitglieder setzten sich aus den Jugendgruppen und den (älteren) Mitgliedern außer Dienst zusammen. Letztere werden in der Betreuung der Infrastruktur eingesetzt und bei regelmäßigen “Hoangat-Nachmittagen” zum Erfahrungsaustausch gebeten. Das scheint mir sehr wichtig, damit die Älteren den Anschluss nicht verlieren, Neuerungen kennenlernen und umgekehrt die Jungen von der älteren Generation lernen können. Diese Nachmittage werden auch sehr gut nachgefragt.)
DZ: Welchen Rat würdest du jungen BewerberInnen für die Feuerwehr heute beim Start mitgeben wollen?
RST: Ganz wichtig ist, dass man ein Teamplayer ist, die FW ist keine One-Man-Show. Weiters sollte man sozial eingestellt sein. Auch gewisse Ängste, im handwerklich-praktischen Bereich zu versagen (heute sind ja sehr viele in schulisch-akademischen Ausbildungen), sind nicht angebracht. Im Gegenteil: Bei der FW gibt es ein umfangreiches, vielfältiges Ausbildungsprogramm, von dem die AspirantInnen im weiteren Leben stark profitieren können.
Die FW ist eine ganz große Familie, in der jede(r) seinen /ihren Platz findet. Der Lohn für diese ehrenamtliche Tätigkeit ist die Dankbarkeit der Menschen, denen man Hilfe leisten kann. Und das ist sehr befriedigend. Ausnahmen gibt es natürlich auch: Manche Menschen empfinden es als Selbstverständlichkeit, dass die FW zu jeder Zeit überall zur Verfügung stehen. Im Großen und Ganzen gibt es aber sehr positive Rückmeldungen (mündlich und schriftlich) von der Bevölkerung.
DZ: Viele Menschen haben heutzutage Probleme, Hierarchien bzw. “Vorgaben von oben” anzuerkennen (Stichwort “Corona”). Wie gelingt es den FW, in einem durchaus straff organisierten System so viele junge Leute zur Mitarbeit zu bewegen?
RST: Hierarchische Strukturen sind notwendig, um das Werk in Gang zu halten. Natürlich müssen die Leute von der Führungsebene Befehle erteilen. Dabei ist aber wichtig, dass man gut und auf Augenhöhe kommuniziert und auch delegiert, wodurch “Befehlsempfänger” recht bald durch eigenständiges Handeln eine Wertschätzung erfahren, um sich als wichtiger Teil des nur so funktionierenden Systems wahrzunehmen. Die Jungen wachsen ganz selbstverständlich in dieses hierarchische Denken hinein. Dazu wird den Mitgliedern der FW immer wieder die Möglichkeit geboten, in einem Reflexionsprozess Dinge anzusprechen, Verbesserungen vorzuschlagen bzw. auf besonders gelungene Aktionen hinzuweisen. Kritik ist erwünscht und die Leute werden auch animiert, diese zu äußern. So nach dem Motto “Der Chef muss nicht immer automatisch recht haben” kann jeder auch an die oberste Führungsebene Änderungsvorschläge machen.
DZ: Was werden deine Aufgaben als Landesfeuerwehrinspektor sein?
RST: Der Posten des Landesfeuerwehrinspektors ist im Amt der Tiroler Landesregierung in der Abteilung “Einsatzorganisationen” angesiedelt. Ein wesentlicher Aufgabenbereich ist dabei, die politische Repräsentantin im Amt der Tiroler Landesregierung (derzeit Fr. LR Astrid Mair / Ressorts: Sicherheit, Arbeitnehmer und Generationen) in allen Fachfragen des Feuerwesens zu beraten, sei es in Finanzangelegenheiten, der Umsetzung von Feuerwehrgerätehäusern oder der Beschaffung von Fahrzeugen, Ausrüstungsgegenständen und Gerätschaften.
Dazu kommt die gesamte Aufsicht über das Feuerwehr- und Brandschutzwesen sowie über die Landesfeuerwehrschule in Tirol. Des Weiteren berät man den Landeseinsatzstab im Amt der Tiroler Landesregierung bei Großschadenslagen bzw. Katastrophen, ist verantwortlich für die Bearbeitung der Anschlussgenehmigung von Brandmeldeanlagen, zuständig für die Abnahme von Fahrzeugen und Ausrüstungsgegenständen. Die Bearbeitung von feuerwehrspezifische Förderansuchen und die Verwaltung den Landesfeuerwehrfonds im Auftrag der Tiroler Landesregierung gehören ebenso zum Tätigkeitsfeld.
DZ: Vielen Dank, René, für das Interview! Ich wünsche dir im Namen der DZ-Redaktion für die kommenden anspruchsvollen und zeitintensiven Aufgaben als Landesfeuerwehrinspektor viel Energie, gute Gesundheit und erfolgreiches Schaffen.
Kurzporträt von René Staudacher
Geb. 1983, aufgewachsen im Rauthweg in Inzing, Volksschule Inzing, Hauptschule Inzing, Höhere Technische Lehranstalt in Innsbruck, Fachrichtung Elektrotechnik – Matura 2004.
Ableistung des Grundwehrdienstes beim österreichischen Bundesheer und Eintritt in den Sachverständigendienst der Tiroler Landesstelle für Brandverhütung im Jahr 2005.
Im Jahr 1997 trat ich der Jugendfeuerwehr in Inzing bei und wurde 2000 in den aktiven Stand überstellt. Dabei konnte ich zahlreiche Lehrgänge, Schulungen oder Seminare besuchen und übte unterschiedliche Funktionen wie den Posten des Gruppenkommandanten aus.
Mit 32 Jahren wurde ich zum stellvertretenden Leiter der Tiroler Landesstelle für Brandverhütung bestellt. Ich absolvierte beim Landesgericht in Innsbruck die SV-Prüfungen für die Fachbereiche Brandschutzwesen, Brandursachenermittlung, Feuerpolizei, Feuerwehrwesen, Veranstaltungswesen sowie Zivilschutz.
2018 wurde ich in der Jahreshauptversammlung zum Kommandanten der Feuerwehr Inzing bestellt.
Mit August letzten Jahres wurde ich von der Tiroler Landesregierung zum designierten Landes-Feuerwehrinspektor des Bundeslandes Tirol bestellt.
Meine Freizeit verbringe ich nebst der Feuerwehr am liebsten mit meiner Familie.
Seit 2016 verheiratet mit Lea, 2 Kinder: Hannah und Marie