Empathie
Zusammenhalt
Friedfertigkeit
…aber ein persönliches Bekenntnis
Zuletzt habe ich durch meine Befürwortung unterschiedlicher Politiker:innen für Irritation und Erstaunen gesorgt. Bei der letzten Landtagswahl habe ich den jetzigen Landeshauptmann Anton Mattle prominent unterstützt. Ich bin seit 25 Jahren mit ihm befreundet. Er weiß auch, dass ich mit der Österreichischen Volkspartei das eine oder andere Scharmützel ausgefochten habe und die Kurz-Ära mehr als kritisch betrachte. Ich kenne Toni als höchst integren, sozial gesinnten und engagierten Menschen. Er ist kein Polterer, kein Populist, kein Sprücheklopfer, sondern einer der unbeschreiblich fleißig und beharrlich an seinen Vorhaben arbeitet und andere mit auf den Weg nimmt. Verächtliche Töne wird man aus seinem Mund nie hören. Ich würde ihn weiterhin unterstützen. Daran ändern strategische Fehler wie zuletzt in Innsbruck nichts. Wobei es insgesamt einen neuen Umgang mit Fehlern braucht. Sie sofort mit Rücktrittsforderungen zu verbinden ist für mich der falsche Weg. Werden sie eingestanden und erklärt, welche Entscheidungsgrundlagen falsch eingeschätzt wurden – beziehungsweise welche Lösungen für die Zukunft daraus abzuleiten sind, können sie eine Chance für Entwicklung und durchgehende Verantwortung sein.
Im Innsbrucker Wahlkampf gehörte meine Unterstützung der sozialdemokratischen Stadträtin Elli Mayr. Wir kennen uns seit vielen Jahren. Gerade in der „Corona-Zeit“ erlebte ich sie zuvorkommend hilfreich. Stets verlässlich, verbindlich und lösungsorientiert in der Zusammenarbeit. Sie ist beherzt und leidenschaftlich im Einsatz für die Menschen und die Lebensqualität in allen Stadtteilen. Gemeinwohl statt Gemeinheiten, deren es viele in der jüngsten Stadtgeschichte gegeben hatte, liegt ihr am Herzen. Sie vertritt klare Positionen – sie müssen nicht vollkommen deckungsgleich mit den meinen sein – aber sie ist stets bereit für Konsens und Kompromisse. Sie war und ist eine Brückenbauerin. Das braucht Innsbruck dringender denn je.
Der Spalt gibt keinen Halt
Wenn es eine der wichtigsten Aufgaben der Politik ist, Verbindlichkeiten (Gesetze, Verordnungen, transparente Verwaltung,..) zu schaffen, dann ist das verbindende Element, die Fähigkeit Brücken zu bauen, eine unverzichtbare Tugend für politische Verantwortungsträger:innen. Dieses Kunsthandwerk der Staatskunst haben viele aktuelle Akteure vergessen und selten geübt. Die politischen Spaltpilze sind haltlos und gehaltlos.
Auf meinem Schreibtisch steht eine sehr alte Schreibmaschine. Sie war ein Geschenk von Bundeskanzler, späteren Außenminister und Staatsvertragsverhandler Leopold Figl. Er schenkte diese einer befreundeten Schriftstellerin. Von ihr habe ich sie bekommen. Meine Befähigungsprüfung zum Geschichtelehrer habe ich auf diesem Modell getippt – obwohl ich eine moderne zur Verfügung gehabt hätte. Es war ein Zeichen großen Respekts vor diesem Staatsmann. Einer, der in seiner legendären Weihnachtsansprache 1945 den Wähler:innen nichts versprechen konnte – aber Mut und Hoffnung machte. Es folgten wechselvolle Jahre der Großen Koalition – durchaus mit unterschiedlichen Positionen – aber kompromissbereit, wenn es darum ging, das darniederliegende Land aufzubauen und in den Wohlstand zu führen.
Politik muss Antworten liefern
Es folgten große Persönlichkeiten: Bruno Kreisky, Christian Broda, Franz Vranitzky, Alois Mock, Erhard Busek, Othmar Karas, Johanna Dohnal, Liese Prokop, um nur einige zu nennen. Ich zähle auch unseren derzeitigen Bundespräsidenten dazu. Ich bin ein Freund von großen Koalitionen. Dazu braucht es heute mehrere Parteien. Das ist anstrengend, erfordert ein permanentes Aufeinander-Zugehen, Aushandeln – bringt aber im positivsten Sinn breiten Konsens und erwartbare Akzeptanz. Erforderlich dazu ist eine lückenlose Transparenz. Wer VerANTWORTung übernimmt, muss Antworten liefern, warum und wozu Entscheidungen zu fällen waren und sind. Oberflächlichkeit und populistische Gefallsucht passen nicht in dieses Konzept. Unpassend und verantwortungslos sind ein permanenter Kampfmodus, verächtliche Sprache, das Ausspielen der Generationen und Kulturen und mutloses Aufschieben dringender Lösungen.
Wem werde ich bei der nächsten Nationalratswahl vermutlich meine Stimme geben?
Obwohl ich auf mehreren Ebenen von ihnen enttäuscht bin, werde ich mein Kreuz diesmal bei den Grünen anbringen und sie hoffentlich in einer großen Koalition mit der VP und SP finden. Wiederum ist es weniger die Partei die mich anspricht, als vielmehr – wie schon eingangs erwähnt – Persönlichkeiten. Ich finde, dass Alma Zadic und Leonore Gewessler trotz aller Querschüsse gute Arbeit leisten und Werner Kogler einen wesentlichen Beitrag geleistet hat, dass Konflikte mit dem Regierungspartner nicht eskaliert sind. Natürlich kann bis zum Herbst, insbesondere was den Stil innerhalb der Wahlbewegung betrifft, noch einiges passieren. Spannend könnte auch das Antreten neuer Parteien wie zum Beispiel ‚Die Gelben‘ werden. Ihre ersten Programmansätze irritieren mich sehr.
Wem gebe ich meine Stimme?
Ich gebe meine Stimme jenen, die Frieden stiften und der menschlichen Vielfalt Bereicherung und Berechtigung zusprechen. Ich gebe meine Stimme jenen, die nachhaltig die knappen Ressourcen verwalten und ehrlich sagen, was möglich, leistbar oder eben nicht mehr ist. Ich gebe meine Stimme jenen, die den Traum von einer inklusiven Gesellschaft, wo Teilhabe (Rechte) und Teilgabe (Pflichten) gefordert und gefördert werden, nicht aufgeben. Ich gebe jenen meine Stimme, die sich für Gerechtigkeit einsetzen und Gleichmacherei keinen Platz hat. Ich gebe jenen meine Stimme, die nachhaltige Politik machen und dem Schutz unseres Lebensraums und aller Lebewesen große Priorität zumessen. Ich gebe jenen meine Stimme, die sich für qualitätvolle, ganzheitliche Bildung, eine menschenwürdige Pflege und faire Arbeitsbedingungen einsetzen. Ich gebe jenen meine Stimme, die unerschütterlich an die Demokratie und an unsere Verfassung glauben, die staatliche Gewaltentrennung respektieren, die Bürger:innen involvieren und sich für eine breite, niveauvolle politische Bildung einsetzen. Und solange mich mein Mut und Geist nicht verlässt, möchte ich meine Stimme jenen leihen, die mutlos und mundtot gemacht worden sind. Ganz im Sinn von Hannah Arendt: Wir haben kein Recht, gehorsam zu sein, wo die Freiheit, Gerechtigkeit und Würde der Mitmenschen mit Füßen getreten werden.
Und meine Füße werden mich stets in ein Wahllokal führen. Auch aus Dank und Respekt jenen gegenüber, die sich dafür eingesetzt haben, manchmal sogar mit ihrem Leben, dass wir überhaupt wählen dürfen.
Wem gebe ich meine Stimme? Ich gebe meine Stimme jenen …
Dieser abschließenden Zusammenfassung des Artikels kann ich uneingeschränkt zustimmen.
DANKE lieber Johann!
Dear Georg,
Thanks for your fascinating article. ‘Verantwortung’ is indeed about offering answers, participating in question-and-answer interactions, ‘responding’ to others, being ‘responsive’ to critical situations: in short, being personally and socially ‘responsible’. Exercising one’s vote in a democratic election is part of that ‘responsibility’.
Sadly, however, as a British citizen, I cannot vote in the forthcoming national elections here in Austria….although I have lived here since December 1972.
‘All animals are equal, but some animals are more equal than others.’
Andrew (Milne-Skinner)