16. September 2024
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Alfreds (W)einsichten – Buchstabe P

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Lesedauer ca. 6 Minuten

Pinot Noir – der königliche Rotwein

weitere Bezeichnungen wären auch Blauburgunder, Spätburgunder, Pinot nero.

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Der Burgunder kann – wenn alles passt – ein so vorzüglicher Rotwein werden, dass sich die halbe Weinwelt um die besten Exemplare reißt. Und die kommen aus dem Burgund.

Sein Ursprung ist unklar, es könnte sein, dass seine Vorfahren Wildreben waren und vom mittleren bis nördlichen Frankreich wuchsen. Auf jeden Fall ist er ein „cool climate“ wine. Man ist sich klar, dass durch frühzeitige Selektion der besten Trauben durch die Klöster des Burgunds im Auftrag des Adels (Philip der Kühne) durchgeführt wurden. Die feinen Herren schwörten schon damals auf den „pinot“ und verbannten die anderen Sorten aus dem Kerngebiet der „Cote d‘Or“ um Beaune und Dijon. Nach Mitteleuropa kam der Burgunder mittels der Erweiterung des Ordens der Zisterzienser, die den Weinbau in Europa voranbrachten. So gibt es schon den ersten Nachweis der Sorte im Rheingau, genauer im Kloster Eberbach bei Eltville um 1470. Auch heute noch sind neben dem Burgund mit ca. 30.000 ha die Gebiete Baden und Nahe in Deutschland hervorragende Erzeuger, mit ebenso stolzen Preisen.

Foto: wikipedia

In Österreich und Südtirol/Italien baut man den Pinot nur in geeigneten, warmen Lagen mit kalktonhaltigen Böden an. Die Sorte besitzt mittelgroße, dünnschalige Trauben in kleiner Walzenform und ist entsprechend anfällig gegen Mehltau und Fäulnis, da auch die Insekten den süßen Duft der Traube schätzen. Er benötigt entsprechend viel Aufmerksamkeit, Pflege und Versorgung. In der Verarbeitung erfordert die Sorte ebenfalls viel Können und Erfahrung. Wohl mit ein Grund, warum es selten richtig anspruchsvolle Burgunder zu finden gibt.

In Österreich sind die besten Exemplare rund um Wien zu finden. An den Kalkabbrüchen des Wiener Beckens und bei Gumpoldskirchen / Stift Heiligenkreuz gibt es perfekte Bedingungen. In besonderen Jahren erntet man Weine mit „burgundischer“ Art, kein Wunder, da hier auch die Zisterzienser ihre Hände im Spiel hatten. Im besten Fall besitzen die Weine eine rubinrote, glänzend – leuchtende Farbe, ein komplexes Bouquet nach Brombeere und Kirsche, mittleres Gewicht und eine schwebende Eleganz. Nach 1 bis 2 Jahren im Fass wird gefüllt, der Verschnitt oder Cuvee mit anderen Sorten ist nicht gut möglich bzw. sinnvoll. Reifespanne 3 bis 10 Jahre. Die besten Weine stammen vom Weingut Fritz Wieninger aus Stammersdorf und Karl Alphart. Der Burgunder ist ein Wein für Hedonisten, der die zarten Töne liebt. Wohl eher Mozart als Bruckner.

In Südtirol findet man die besten Weine aus der Sorte im Unterland auf den Osthängen oberhalb von Neumarkt – in den Orten Mazzon und Pinzon. Der legendäre „Villa Barthenau“ vom Weingut Hofstätter ist ein Kultwein. Am besten nach 5 Jahren Flaschenreife. Preis ca 40 €.

Foto: travelfrancebucketlist

Ist jedoch preiswert, wenn man die Preise der Lagenweine der „Cote d‘Or“ – der Goldküste im Burgund ansieht. Legendäre Weine kommen – nur um es einmal gehört zu haben – von den klingenden Ortsnamen Chambertin, Nuits St.Georges, Richbourg oder Vosne Romanee. Dem ummauerten Climat von 8 ha der Zisterzienser „Clos Vougeot“ gehört die Sehnsucht der weintrinkenden Millionäre. Die Weine werden nur an ausgewählte honorige Adressen geliefert – gegen Vorkasse und ab 300 € das Flascherl 0,75. Nun ja, der schmeckt schon.

Portugalein Weinland im Aufbruch

Portugal ist für Weinliebhaber ein Glücksfall. So groß ist die Vielfalt an Typen und Stilen der Weine, dass es dem Gelegenheitstrinker ebenso wie dem erfahrenen Kenner alles bietet, was man sich nur wünschen kann.

Das kleine Portugal kann mit erfrischenden als auch tiefen Weißweinen, fruchtklaren bis wunderbar aromatischen Rotweinen, mittlerweile sehr guten Sekten und einer Reihe von wertvollen gespriteten Weinen von trocken bis süß aufwarten. Auch die lange gereiften Brände – „aguardentes“ sind bemerkenswert.

Foto aus dem Buch “Portugal und seine Weine” von Wolfgang Hubert / Hallwag Verlag

Das Land verfügt über einen enormen Schatz von über 300 einheimischen Sorten, die sowohl als regionale gemischte Sätze als auch als Cuvees mit den internationalen Stars wie Cabernet oder Syrah bereitet werden. Das macht das Land so spannend. Wie viele andere Weinländer mit sehr langer Tradition musst sich auch Portugal mit den aktuellen Entwicklungen auseinandersetzen und die Herausforderungen angehen. Wurden vor gut 20 Jahren noch ca. 85 Liter Jahreskonsum notiert, ist man jetzt unter der Hälfte. Allerdings wurde nach dem EU-Beitritt 1986 – ein Glücksfall für das Land – verstärkt auf Export gesetzt und dazu – mit den Unterstützungen des EU-Topfes – erheblich in Weinberge und Keller investiert. Viele private Erzeuger, aber auch Genossenschaften verspürten frischen Wind in alten Gemäuern und sukzessive wurde aus einem sehr traditionellen Weinland einer der Aufsteiger – ähnlich wie Österreich.

Auch hier kam der Generationswechsel gerade recht, die Ausbildungsstätten wurden modernisiert, als auch Auslandseinsätze der hoffnungsvollen Weinjugend in Frankreich und anderswo absolviert. Darüber hinaus entscheiden sich immer mehr Frauen für den Winzerberuf – unter den Absolventen des Studienganges Önologie in Vila Real liegt der Frauenanteil bei über 60 % – die 2. Revolution der Rosen sozusagen. (Die Erste war ja die der Nelken 1974) Unbestreitbar bringen diese jungen Weinmacherinnen eine neue Dynamik, vielleicht sogar eine andere Stilistik in die Betriebe und sogen damit für eine noch größere Bandbreite der Weine.

Es zeugt auch von berechtigtem Selbstbewusstsein, dass die neue Generation auf die alten Sorten setzt, zugleich aber mit den internationalen Sorten gut umzugehen weiß. Der wertvolle Schatz von jahrzehntealten Weingärten wird nicht vernachlässigt, sondern zT. neu bepfropft und insgesamt ist der Biogedanke auch in den Weingärten aktiv spürbar. Es ist unbestritten, dass über 60jährige Reben qualitativ bessere Erträge bieten, insbesondere auf den Schieferböden des Douro, aber auch im trockenen Alentejo, der Bairrada und Co.

Portugals große Weinzukunft hat schon begonnen. Die politische Kaste ist besonders stolz auf die Produkte seiner Winzer und unterstützt hier wesentlich.

Kurzer weingeschichtlicher Abriss: Ca. 1000 v.Chr. begannen die Phönizier den Weinbau im Land, von den nachfolgenden Römern bekam man die Amphorennutzung. Die neuen Besatzer drangen den Flüssen entlang ins Hinterland und fanden hervorragende Bedingungen vor – der lusitanische Wein wurde in Rom und Umgebung besonders gerne konsumiert. Dann kam eine etwas kühle Germanische Zeit, der dann die maurische ab 711 folgte. Anfänglich wurden die religiösen Riten von den Arabern toleriert, dann aber verschärft und schließlich Weinanbau und Handel verboten. Nach der Reconquista fasste das christliche Leben wieder Fuß und in Kirchen und Klöstern regten sich wieder der fast gänzlich ausgestorbene Weinbau. Einen großen Schub brachte der Weinwirtschaft der florierende Handel mit England, der über viele Jahrhunderte eine feste Größe werden sollte, und es auch heute noch ist.

Ende des 19. Jahrhunderts wechselten sich Diktatur und Königsmord ab – politisches Chaos. Auf den Diktator Joao Franco geht das heutige DOC-System der kontrollierten Herkunft zurück – hier einmal etwas bemerkenswert Gutes. Die erste Republik scheiterte, dann folgten 2 Diktaturen, bis Antonio Salazar sich 1939 zum Diktator kürte und das Genossenschaftswesen förderte.

Doch kaum eine Neuerung in den Produktionsstrukturen steht so für den qualitativen Fortschritt wie die Entstehung der Quintas. Sie bilden ein Äquivalent zum französischen „Chateau – Gedanken“, nach dem Wein nur aus Trauben vom eigenen Gut bereitet werden soll. Damit triumphiert das Bekenntnis zum „Terroir“ in einem Land, welches eine verblüffende Vielfalt an Kleinklimata und über mehr heimische Rebsorten verfügt, als jedes andere Weinbauland der Erde.

Die wichtigsten weißen Rebsorten wären:

  • Alvarinho – va. im Norden des Vinho Verde Gebietes – sehr aromatisch und wertig
  • Antao Vaz  – körperreich und tief – aus dem warmen südlichen Alentejo, superb
  • Arinto – gute Balance zwischen Säure und Zuckergehalt, fast riesling-artig

Die wichtigsten Roten  Rebsorten:

  • Aragonez / Tinta Roriz  – wichtig im Port-Cuvee, anpassungsfähig, fein – der span. Tempranillo
  • Castelao – in ganz Portugal verbreitet, harmonisch und konzentrierter Duft
  • Touriga Franca – dicht, ausdrucksstark. Guter Verschnittpartner
  • Touriga Nacional – sehr wertig, tiefschwarz, konzentriert, sehr fruchtig
  • Trincadeira – liebt Hitze. Farbintensiv, körperreich und sanft.

Die berühmtesten Weinhandelshäuser stehen am oberen Douro, wo internationale Firmen als auch lokale portugiesische Produzenten einen Kosmos an Terrassen und Quintas geschaffen haben. Die grandiose Landschaft gilt als touristischer hotspot, allerdings nicht ganz leicht zu erreichen. Wunderbar ist eine traditionelle Anreise mit dem Regionalzug von Porto nach Regua, dann weiter ins beschauliche Pinhao und ev. die Rückfahrt per Boot.

Neben den berühmt-vollvolumigen Ports werden hier auch superbe Tafelweine erzeugt.

Die Symington Group, Nieepoort, Crasto, Taylor‘s oder  Grahams, sind bekannte internationale Player. Die Quinta Passodouro oder Winzerbetriebe wie „wine and soul“, das charismatische Projekt von Sandra Tavares und Jorge Serodio mit der Quinta Manoella haben bereits Weingeschichte geschrieben.

Die Vinothek Wedl führt spannende und noch bezahlbare Erzeugnisse des portugiesischen Herstellers Pocas, wobei besonders die alten „Tawnies“ – also die lange fassgelagerten Ports herausragend sind. Trinken Sie mal zur Abwechslung Zeit.

Bei Interesse findet ihr wesentliche Infos unter den jeweiligen Homepages.  Eine andere Welt.

Bis dann – und Gesundheit wünscht ihr Alfred Walch

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Alfred Walch

Jahrgang 1959, wohnhaft seit jeher in Inzing, verheiratet mit Veronika / Vroni – aus dem Hause Gastl. Zwei Kinder – Julia und Theresa – beide nun Therapeutinnen. Seit Jänner 2022 in Pension, langjähriger Leiter der Weinabteilung des Handelshauses Wedl. Interessen: Lesen, Kopfreisen und auch so, e-Radlfahren, etwas Bergsport, Kochen sowieso. Musik hören von Jazz bis Volxmusik, etwas Fotografieren, Europa kennenlernen. Leidenschaft: Wein und seine Geschichte(n) dazu. Seit ca. 35 Jahren mit der Sache beschäftigt. Wünsche: noch eine gute Zeit zu haben, politisch-sozialer Friede, Enkel aufwachsen sehen, ev. noch Französisch aufbessern, gute Literatur und das Geheimnis der Poesie finden…

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