9. Mai 2024
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Alfreds (W)Einsichten / M

© Visions-AD / Fotolia
Lesedauer ca. 6 Minuten

Maghellander erste Weltumsegler

Die komplette Kostenkalkulation für Magellans Flotte, mit der er 1519 bis 1521 die Welt umsegelte, ist erhalten geblieben und gibt uns einige interessante Einblicke in das, was ihm am wichtigsten erschien. Er nahm 5 Schiffe mit: Das größte, die San Antonio hatte 120 Tonnen, das kleinste, die Santiago 75 Tonnen. Die San Antonio kostete 330 000 Mavredis (die alte spanische Währungseinheit) und alle 5 Schiffe zusammen 1,3 Millionen. Der Lohn für die 237- köpfige Besatzung war für vier Monate mit 1,154 Millionen angesetzt.   

Das sind durchschnittlich 1.217 Mavredis pro Kopf und Monat.  Kanonen, Pulver, Kugeln, Rüstungen, Musketen, Säbel und sonstige Waffen  kamen für die ganze Flotte insgesamt auf 566.864 Mavredis. Und – jetzt kommts – der „Vino de Jerez“ für die Flotte, einschließlich der Kosten als Bezahlung für einen gewissen Julian Nicolas, der von Sevilla nach Jerez reisen, den Wein aussuchen und  seinen Transport veranlassen musste, belief sich auf 594.790 Mavredis. Also gab Magellan mehr für Sherry aus als für die Bewaffnung.  

Seine Expedition umsegelte erstmals den ganzen Erdball, doch er starb unterwegs. Zuvor aber entdeckte er noch die Magellanstraße als Seeweg um Südamerika herum, fast ein Jahrhundert bevor eine andere Expedition das erste Mal Kap Horn umfuhr.  Und er ermaß auch als Erster die wahre Größe des Pazifischen Ozeans.  Jedoch kehrte von seinen fünf Schiffen nur eines zurück und von den 237 Mann sahen nur noch 18 den Strand von Sanlucar wieder.   

Merlot – der Superstar aus Bordeaux  

Der Merlot gilt als eine der edlen Rotweinsorten und stammt aus Frankreich. Dort wurde er erstmals 1784 erwähnt und wird als Kreuzung der heute fast ausgestorbenen Magdaleine Noir  de Charente und dem Cabernet Franc geführt.  Die Sorte bringt reiche Rotweine mit viel Duft und Fülle. Verführerisches, tiefes Bouquet,  samtige Art, saftig und reich. Allerdings muss der Ertrag stark eingeschränkt werden und  durch frühen Austrieb neigt die Sorte zum Verrieseln. 

In Frankreich wird der Merlot traditionellerweise im Cuvee  mit Cabernet und Cabernet Franc in den hochwertigen Bordeaux Gütern gemischt. Der Anteil der Sorte hängt von der Bodenart ab – sie liebt Lehm und Kalk. Auch ein Grund, warum am „Rechten Ufer“ der Gironde die Weine großteils aus Merlot und nicht aus Cabernet bestehen. Alle berühmten St.Emilons und Pomerols mit den Satelliten Fronsac und Blaye bestehen größtenteils aus Merlotreben. Allein der etwas  kürzere Atem in der Reifung und die etwas molligere Art wären Kritikpunkte.  

Die Chateaus Petrus, Le Pin, Figeac, Angelus sind Kult, aber jede Menge hochwertige  Betriebe arbeiten zumindest gleich gut, der Wettbewerb beflügelt, und BIO ist kein Bereich für „Öko-freaks“ sondern mittlerweile fast ein Muss. Hier geht aktuell in St. Emilon die Post ab. Namen wie Fonroque, Pressac, Franc Mayne oder Faugeres sollte man sich merken.   

In Italien wird die Sorte seit einiger Zeit verstärkt angebaut. Großartige Weine entstehen in der Toskana in Bolgheri und Co. Die betuchten Weinfreunde kennen die Namen von Apparita, Messorio, Redigaffi und natürlich Masseto – allesamt teure Bouteillen bis zu 800 € per Flascherl. Aber auch die trinkigen Merlots der Colli Eugeani und Colli Berici im Veneto haben ihre Freunde – und das sind einfach gute Basisweine und perfekte Speisenbegleiter.

Und das schmeckt mir – zur Jause, zu Polenta gebraten, Schinken und Co. und Käse sowieso. 

Die Mosel – die erstaunlichen Früchte des Schiefers   

Nicht nur man, sondern auch der Fachmann sagt „die Mosel“ und meint damit die  circa 9000 ha Reben, die entlang der Mosel und ihrer Nebenflüsse zwischen dem  Dreiländereck Deutschland – Luxemburg – Frankreich und an der Moselmündung in  den Rhein bei Koblenz liegen. Das zwischen der rauen Eifel im Norden  und dem waldreichen Hunsrück tief eingeschnittene Tal und des sich in den typischen  Moselschleifen schlängelnde Flusses wachsen seit Jahrhunderten Weine, um die  sich die Hedonisten der Weinfans reißen. Die speziellen Lagen, die individuellen Verhältnisse jeder Moselkurve und die jeweils unterschiedliche Auflage und Zusammensetzung des Basisgesteins Schiefer machen die Weine unvergleichlich. 

Clüsserath

Die aktuelle Entwicklung der Moselweine ist vor allem der jungen Generation von Winzern geschuldet, die in einigen Vorbildern wie JJ Prüm, Dr. Loosen oder Herrn Löwenstein ihr Mantra fanden.

In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg, in der es vor allem „viel und günstig“ sein musste, gepaart mit der den Deutschen eigenen Regulierungswut fand der Moselwein oft nur mehr in den eigenen Kehlen Auffang. Auch die gängige Methode, feinherbe oder restsüße Weine zu produzieren, war ein wenig aus der Zeit. Dass jedoch diese Art Weine, bei Reduktion der eher hoch gestellten Grenzen, ein seltenes Dufterlebnis sind, wurde erst jüngst wieder zu einem Manifest für den deutschen Riesling.  

Nach Adaption des Weingesetzes und Ächtung der Winzer, die ihre Weine mit Zucker und Konzentrat anreicherten, war der Weg in die richtige Richtung gesetzt. Flurbereinigungen in den 80-er Jahren halfen den Betrieben, halbwegs durchgängige Rebgärten zu bearbeiten.   

Die Basis jedoch für die Aufmerksamkeit bildet immer noch die Rebsorte Riesling, die in kaum einer anderen Region der Welt – außer in Deutschland noch ein wenig in Österreich – eine solche Bandbreite von Weinen und Stilen hervorbringt. Die Verbindung von Rebsorte, später Lese, Steillage, Einzelstockerziehung (Römer – sic!) und einer sich eher den Neuerungen der Weinwirtschaft (zB. Edelstahl und Reinzuchthefen) entziehenden Haltung ließ den „alten“ Moselriesling wieder auferstehen.  

Sorentberg

Heute verkaufen die oft recht kleinen Betriebe ihre Auslesen, Spätlesen und Beerenauslesen, aber auch mitunter grandiose trockene Weine in die ganze Welt. Insbesondere der asiatische  Raum – bekannt für seine Vorliebe für Süßes – aber auch der Norden (Dänemark va.) und  England, mit seinem ungebrochenen Reservoir von Weinliebhabern und –kennern kämpfen um die „Fuder“ genannten 1000 Liter-Fässer des goldenen Elexirs. Aktuelle Bewertungen von einigen Weinen mit 100 Parker Punkten tun das Übrige, um die Aufmerksamkeit der Weinwelt wieder an die Mosel und auch nach ganz Deutschland zu wenden. 

Man sollte die pittoresken Dörfer, die wie aus der Lilliputwelt einer Modelleisenbahn in der Welt stehen – z.B.. Bernkastel, Traben-Trarbach oder Trittenheim – möglichst nicht im Sommer besuchen. Da nämlich macht sich der touristische Mix von Japanern, Chinesen, Texanern, Hamburgern und Sachsen-Anhaltern über die Szene her und verunschönert das Bild. Im Winter, Frühjahr oder gar Spätherbst – es wird bis Mitte November gelesen – hat die Romantik hier Platz.

Himmelreich

Hier einige Texte der internationalen Presse zu einigen der hochwertigen Weine:  

Graacher Domprobst Riesling Kabinett, Willi Schaefer, Graach. Der federleichte (7,5 Vol) Moselwein ist in demselben Stil gekeltert, wie es auch schon sein und dessen Vater versuchte. Für ihn sind filigrane Rasse und die überschwängliche Johannisbeer – und mineralischen Noten Zeichen eines Jetzt-Weines mit ungeheurer Lebendigkeit.    

Oder Bremmer Calmont Riesling trocken, Reinhold Franzen, Bremm. Bei Franzens einfachem Calmont behält man noch einen Fuß auf dem steinigen Boden des steilsten Weingarten Europas. Doch mit dem anderen steht man schon im Himmel. Fest und mineralisch, aber auch ätherisch ist der zarte Schmelz des Weins, von einer lebhaften Frische balanciert. Sollte, wie immer – bald vergriffen sein.   

Oder Pündericher Marienburg Riesling Spätlese trocken „Falkenlay“ Clemens Busch, Pünderich. Beachtliche Geschmacksdichte paart sich mit nicht weniger beachtenswertem Alkoholgehalt und Kraft; trotzdem ergibt dies keine Schwere, weil die Harmonie nahezu perfekt ist und der Schieferton die Fülle wunderbar auffängt. Trockener Riesling läßt sich hier kaum weiter steigern.   

Oder – Robert Parker – Wine Advocate – August 22 2021 Graacher Himmelreich Riesling Kabinett – Fuder 3 / Christoph Schaefer, Graach Opens bright and clear, remarkable and intensive, beautiful balanced, layerd nose and fresh fruit, spiced with graphit notes. A classical beauty and it refines on the nose the longer  you keep it in. Lush and saline on the plate, mouthfilling and bright as a winter-morning. A fluent Riesling of great finesse and elegance. Mirabelles blow out of the glass now,  extremely fine Kabinett, one of the best in this year.  Pt. 97 – Stephen Reinhart, Wine Advocate

Einige der namhaften Betreibe sollte ich noch nennen: Eva Clüsserath in Trittenheim – wurde  kürzlich Winzer(in) des Jahres, Christoph Schaefer in Graach, Fritz Haag in Brauneberg, Clemens Busch in Pünderich und noch immer Carl Loewenstein in Leiwen sowie Ernie Loosen in Bernkastel erzeugen Weine mit Ausdruck, individuellem Stil und so viel Finesse, wie man sich nur vorstellen kann. Aber das ist nur eine kleine Auswahl der Spitzenwinzer.  

Man kann nur hoffen, dass dem gläubigen Katholiken im Himmelreich zum einen oder anderen Festtag ein Graacher Domprobst, ein Bernkastler Doctor, ein Pündericher Marienberg, eine Wehlener Sonneuhr, Brauneberger Juffer oder gar eine Trittenheimer Apotheke aufgemacht wird.  Für die etwas größeren Sünder bleibt dann nur mehr eine versüßte Liebfrauenmilch oder gar ein Kröver Nacktarsch übrig. 

Mir jedoch – noch im richtigen Leben – gehen manche dieser Elexiere nach einer feinen Probe in alten, um nicht zu sagen unmodernen Stuben und Stübchen nicht so leicht aus dem Kopf. Diese tänzelnde Eleganz, ziselierte Säure, Verspieltheit und Finesse sollte man sich schon zu Lebzeiten geben, man weiß ja wirklich nie, was kommt.  Allerdings – die Konkurrenz im Rheingau, an der Nahe, in Rheinhessen und vor allem am Mittelrhein (Loreley) haben jede Menge Ambition, der alten und auch neuen Garde der Moselproduzenten Parole zu bieten, ja zu fordern.

Und das ist gut so.

Alles ist im Fluss, wie man nicht nur an der Mosel sagt – panta rei!     

Fotos: Alfred Walch und Weingut Schaefer und Clüsserath in Trittenheim

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Alfred Walch

Jahrgang 1959, wohnhaft seit jeher in Inzing, verheiratet mit Veronika / Vroni – aus dem Hause Gastl. Zwei Kinder – Julia und Theresa – beide nun Therapeutinnen. Seit Jänner 2022 in Pension, langjähriger Leiter der Weinabteilung des Handelshauses Wedl. Interessen: Lesen, Kopfreisen und auch so, e-Radlfahren, etwas Bergsport, Kochen sowieso. Musik hören von Jazz bis Volxmusik, etwas Fotografieren, Europa kennenlernen. Leidenschaft: Wein und seine Geschichte(n) dazu. Seit ca. 35 Jahren mit der Sache beschäftigt. Wünsche: noch eine gute Zeit zu haben, politisch-sozialer Friede, Enkel aufwachsen sehen, ev. noch Französisch aufbessern, gute Literatur und das Geheimnis der Poesie finden…

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Ein Gedanke zu “Alfreds (W)Einsichten / M

  1. Lieber Alfred,
    da ist dir wieder mal ein besonders feiner Beitrag gelungen, danke! Nicht nur erfährt man allerhand über Weine (und die Beliebtheit des in Ö nicht so leicht erhältlichen Sherrys), du machst auch gleich Lust darauf, diese Gegenden zu bereisen…

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