20. September 2024
Newsletter   

Plan(et) B?

Bild-von-Gerd-Altmann-auf-Pixabay
Lesedauer ca. 6 Minuten

Wir haben nur einen Planeten, aber gibt es dennoch einen Plan B? Ist es möglich, sich an die Veränderungen, die sich durch den Klimawandel ergeben, anzupassen? Die Antwort ist aus meiner Sicht eindeutig. Sich anzupassen wird immens wichtig sein. Durch Anpassung alleine schlittern wir aber unweigerlich in sehr schwierige Zeiten.

Eines ist klar, der Klimawandel ist in vollem Gange und auch bei uns deutlich spürbar. Mal gibt es Hitzerekorde, dann Überschwemmungen, Waldbrände, Dürreperioden und Borkenkäferangriffe, die ganze Waldstriche vernichten. Manche Auswirkungen, die der Klimawandel mit sich bringt, sind nur lästig, andere wiederum sind existenzbedrohend – etwa Ernteausfälle oder schwere Unwetter.

In etwa so warm werden Städte im Jahr 2050 sein. Quelle: https://katapult-magazin.de/de/artikel/so-warm-werden-staedte-2050-sein

Klar ist auch, dass die Bemühungen zur notwendigen Reduktion von Treibhausgasen, allen voran CO2, bei weitem nicht ausreichen. Die vom IPCC vorgeschlagenen und von der Staatengemeinschaft in Paris beschlossenen Ziele von maximal +1,5°C scheinen kaum erreichbar zu sein. Selbst, wenn alle von den Staaten zugesicherten Reduktionen planmäßig erfolgen, wird es zu einem größeren globalen Temperaturanstieg kommen. Dies ist jedenfalls kein Grund zum Aufgeben. Jede Maßnahme, die CO2-Emissionen senkt, ist wichtig, um das Überschreiten der drohenden Kipppunkte zu verhindern.

“Klimatische und nicht-klimatische Risiken werden sich zunehmend gegenseitig beeinflussen und zu sich gegenseitig verstärkenden und kaskadenartigen Risiken führen, die komplexer und schwieriger zu beherrschen sind.”

Aus IPCC AR6 – Sechster Sachstandbericht 2023

Man hört immer wieder: „Wir alleine können das Klima nicht retten“. Das stimmt natürlich. Was wir aber jedenfalls tun sollten, ist, uns auf die mit hoher Sicherheit eintretenden Veränderungen vorzubereiten. Es geht einerseits darum, unsere Verwundbarkeit (Vulnerabilität) zu verringern und andererseits die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) zu erhöhen. Der IPCC beschäftigt sich unter anderem auch mit den Möglichkeiten der Anpassung an die Veränderungen. Das Land Tirol hat der Klimawandelanpassung in seiner Klima- und Nachhaltigkeitsstrategie ein eigenes Kapitel gewidmet.

Hier steht beispielsweise:

Maßnahmen zur Klimawandelanpassung können Klimaschutzaktivitäten nicht ersetzen. Eine nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft erfordert sowohl massive Anstrengungen zur Eindämmung des Klimawandels als auch Anpassungsmaßnahmen. Anpassung ist ein Querschnittsthema, das sektorübergreifendes Denken und integrative Ansätze erfordert und sich über einen längeren Zeithorizont erstreckt……. Die resultierenden ökonomischen Auswirkungen wetter- und klimawandelbedingter Schäden haben in den vergangenen Jahren bereits erheblich zugenommen und liegen in Österreich aktuell bei mindestens € 2 Mrd. im Jahresdurchschnitt (Austrian Panel on Climate Change 2014b). Um das Jahr 2030 werden Schäden in Höhe von mindestens € 3 Mrd. bis € 6 Mrd. erwartet, um 2050 von mindestens rund € 6 Mrd. bis € 12 Mrd. – jeweils im Jahresdurchschnitt (Steininger et al. 2020)“

Man sieht also, sich vorzubereiten und zu schützen, könnte sich auch finanziell lohnen. Dies gilt wohl für öffentliche Stellen, wie die Gemeinde, genauso, wie für Privatpersonen. Die Aktivitätsfelder, die in der Klima- und Nachhaltigkeitsstrategie behandelt werden, zeigen den Umfang des Themenkomplexes. Um hier nur einige zu nennen: Energie, Forst, Verkehr, Tourismus, Wirtschaft, Wasserhaushalt, Gesundheit, Landwirtschaft, Biodiversität, Katastrophenmanagement, usw. Für alle Themenbereiche wurden Ziele vereinbart, jedoch keine weiteren Maßnahmen beschrieben.

Im Dokument Klimaszenarien für Tirol (Factsheet) ist gut zusammengefasst, wie sich das Klima speziell in Tirol verändern wird. Das Dokument ist bereits von 2016 aber die Aussage ist immer noch sehr aktuell.

Was kann man nun aber tatsächlich tun, um sich rechtzeitig für die Veränderungen fit zu machen? Das Thema ist so umfangreich, dass ich hier nur exemplarisch und sehr oberflächlich ein paar Möglichkeiten aufzeigen kann. Die Aufzählung hat natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, soll aber zeigen, wie vielfältig es sein kann.

Temperaturerhöhung:

Um sich auf erhöhte Sommertemperatur vorzubereiten, scheint es wichtig zu sein, dass man sich im Haus oder der Wohnung kühle Plätze richtet. Das fängt beim richtigen Lüften in der Nacht an und geht bis zur Dämmung, guten Fenstern und flexiblem Sonnenschutz. Wenn das Heizsystem eine Kühlung ermöglicht, ist es natürlich ideal. Moderne Wärmepumpensysteme unterstützen dies oftmals. Auch im Garten oder an öffentlichen Plätzen sind Schattenbereiche, Überdachungen und Wasserspender (Sprühregen, Brunnen) wichtig.  Siehe auch den Artikel Gesundheit und Hitze.

Wasserhaushalt:

Der Wasserhaushalt kann sich durch längere Regenphasen verändern. Es wird evtl. längere Trockenperioden geben, aber auch längere sehr nasse Phasen. Für trockene Perioden empfiehlt es sich, für den Garten Speichersysteme zu errichten. Eine einfache Tonne reicht oft schon aus. Die Gemeinde sollte schauen, dass auch die Trinkwasserversorgung gesichert ist.

Foto: Pixabay

Extremereignisse:

Für Private ist ggf. die Versicherung auf Elementarschäden zu überprüfen. Die öffentliche Hand sollte sich auf Großereignisse vorbereiten und diese auch in den Katastrophenschutzplan aufnehmen. Nach Möglichkeit sollten Maßnahmen zur Vorbeugung vor Überschwemmungen geplant und umgesetzt werden. Die Gemeinde Inzing hat bereits einen Katastrophenplan, der sowohl Überschwemmungen als auch Hitzewellen enthält.

Private Hausbesitzer könnten Dachbegrünungen überlegen, um die Abgabe von Regenwasser zu verzögern. Entsiegelung von großen asphaltierten oder betonierten Bereichen wäre günstig, um die Versickerung von Oberflächenwasser zu erleichtern.

Die Hochwassergefährdungslage von Grundstücken kann auf der folgenden Seite adressgenau abgefragt werden.

https://www.hora.gv.at/#/chwrz:-/bgrau/a-/@47.72463,13.50823,8z

Biodiversität, Ernährung

Naturnahe Gartengestaltung, Fassaden- und Dachbegrünungen helfen, Insekten anzuziehen und somit die Bestäubung von Pflanzen zu ermöglichen. Renaturierung, auch und vor allem in der Landwirtschaft, hilft hier ebenfalls.

Extensive Dachbegrünung. Foto: Pixabay

Energie

Die Energieversorgung kann man dahingehend verändern, um so wenig Abhängigkeiten, wie möglich zu haben (Lieferengpässe bei Gas, Öl). Zusätzlich kann man sich auch auf längere Stromausfälle vorbereiten (PV, Akku, Notstromversorgung) und gegebenenfalls auch mit Nachbarn zusammentun.

Verkehr

Die Verkehrsinfrastruktur zählt zu den kritischen Infrastrukturen und soll laut Klima- und Nachhaltigkeitsstrategie fit für höhere Temperaturen (z.B. Brücken, Schienen) und widerstandsfähig gegen Stürme, Starkregen, Hangrutschungen etc. gemacht werden. Lokal könnte man z.B. Bushaltestellen oder zentrale Fußwege und Plätze beschatten.

Forst

Die bestehenden Monokulturen mit Fichten sind durch die erhöhten Temperaturen vermehrt anfällig für Schädlinge. Aufforsten mit Mischkulturen ist zukunftsweisend und bietet eine sehr gute Schutzfunktion. In Inzing wird seit Jahren massiv aufgeforstet. Laut Bürgermeister Sepp Walch: „wurden heuer 37.500 neue Bäume, zum Großteil Lärchen, im unteren Bereich auch Laubhölzer und Tannen gesetzt. Fichten werden nicht mehr gepflanzt.“

Man sieht schon, den Ideen sind kaum Grenzen gesetzt. Warten auf das was kommt, halte ich für sehr kurzsichtig. Wer vorsorgt, ist vielleicht deutlich im Vorteil. Es sei hier aber nochmals ausdrücklich erwähnt. Sich „nur“ anzupassen ist zu wenig. Die Erderhitzung durch den Klimawandel wird weiter fortschreiten, wenn wir nicht aufhören, fossile Treibstoffe zu verbrennen. Werden die Kipppunkte überschritten, dann beschleunigt sich der Anstieg der globalen Temperatur, natürlich auch bei uns in Tirol. Daher ist jede Maßnahme zur Reduktion der Treibhausgase wichtig.

Hoffentlich geht es uns nicht so, wie hier dargestellt.

“Der Klimawandel ist eine Bedrohung für das menschliche Wohlergehen und die planetare Gesundheit (sehr hohes Vertrauen). Das Zeitfenster, in dem eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle gesichert werden kann, schließt sich rapide (sehr hohes Vertrauen).”

Aus: IPCC AR6 – Sechster Sachstandbericht 2023.

Als Klimabeauftragter bemühe ich mich, auch in der Gemeinde Inzing für die Klimawandelanpassung zu sensibilisieren.

Wer sich mehr mit dem Thema beschäftigen möchte, dem empfehle ich die Seite https://www.klimawandelanpassung.at/.

Zum Abschluss noch einen BuchtippMojib Latif – Heißzeit

https://www.herder.de/geschichte-politik/shop/p4/60255-heisszeit-klappenbroschur/?gad_source=1&gclid=EAIaIQobChMIw_O3iYmNhwMV0ZmDBx0DDgRgEAQYBSABEgKnSvD_BwE

Mojib Latif erklärt im ersten Teil von Heißzeit glasklar, nüchtern und gut verständlich die Fakten. Er nennt die Dinge beim Namen. Das Buch ist ein flammender Appell, diese Fakten endlich ernst zu nehmen. Im zweiten Teil beschäftigt sich das Buch mit den Zusammenhängen und Auswirkungen von Globalisierung, Politik und v.a. den neuen Medien auf den Klimawandel. Mojib Latif schildert sehr glaubhaft die Machenschaften, die mit ungeheuren Geldmitteln gegen die Fakten des Klimawandels agieren und so für große Unsicherheiten sorgen.

“Welche Welt wollen wir eigentlich nachfolgenden Generationen überlassen? Eine Welt, in der sie die Zeche für unseren Egoismus zahlen?”

Mojib Latif, aus Heißzeit.
Diesen Artikel teilen:

Peter Oberhofer

Peter ist seit Ende 2012 Redaktionsleiter der DZ. In Inzing ist er außerdem bei der Klimabündnisgruppe engagiert. Umwelt- und Klimaschutz, Energiesparen, öffentlicher Verkehr sind ihm ein wichtiges Anliegen.

Alle Beiträge ansehen von Peter Oberhofer →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert