25. April 2024
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ISLAND – Winterwandern und andere Abenteuer / Teil 2

Lesedauer ca. 10 Minuten

Text: Johann Jenewein, Fotos: Irene & Johann Jenewein

Durch Schneeverwehungen blieb uns auf unserer Winterreise der Besuch des bedeutendsten geologischen und historischen Ortes Islands, Thingvellir, verwehrt. Nach dem stürmischen Wintertag mit Eisregen sitzen wir am Abend im Hotel zusammen und erinnern uns an den Besuch von Thingvellir bei unserer Sommerreise 2010. Hier wird das Auseinanderdriften der nordamerikanischen und eurasischen tektonischen Platten durch imposante Felsspalten und Risse sichtbar. Die Bewegungen betragen jährlich ca. 2 cm und lösen häufig Erdbeben aus.

Im Jahr 930 versammelten sich in Thingvellir erstmals die Goden des Landes, das waren die Vorsteher einer Art Gemeinden. Das Althingi, das isländische Parlament, ist damit das älteste der Welt, das bis heute ohne Unterbrechung existiert.

Die Fahrt führte uns weiter nach Osten, vorbei am dampfenden Geysir Strokkur und an mehreren imposanten Wasserfällen.

Gletscher bis ans Meer

Ein großes Kontrastprogramm fanden wir in der Gletscherlagune Jökulsárlón. Die wie Tierskulpturen aussehenden Eisschollen lagen am Meeresstrand vor der Lagune. Innerhalb der Gletscherlagune bestiegen wir ein Amphibienboot für eine spannende Fahrt zwischen den eisigen Bergen.

Unwirkliche Hochlandwüsten

Die letzte Tankstelle vor dem Hochland. Wir vertrauten auf die Ortskenntnis des Reiseleiters Stefan und das Geschick unseres Busfahrers Olli. Über rumpelnde Schotterpisten führte der Weg viele Kilometer durch kahle Hochlandwüsten. Unser Ziel war Landmannalaugar, eine vulkanische Gebirgslandschaft, an deren Existenz man nicht glaubt, wenn man sie nicht selbst gesehen hat.

In Landmannalaugar angekommen, packten wir unseren Rucksack und brachen zu einer eineinhalbstündigen Wanderung durch diese unwirkliche Landschaft auf. Landmannalaugar liegt mitten in der aktiven Vulkanzone. Hier stoßen die bunten Berge aus Rhyolith-Gestein und ein energiereiches Vulkansystem mit zahlreichen Spalten direkt aneinander.

Plötzlich glaubten wir unseren Augen nicht mehr trauen zu können. Nach der schroffen Steinwüste breitete sich ein üppig-grüner Boden, der von einem warmen Bach durchflossen wird, vor uns aus. Das lauwarme, leicht schwefelige Wasser, ist der Nährboden für einen bunten Algenteppich.

Wintersturm am südlichsten Punkt Islands

„Góðan daginn“ – „guten Morgen“, wünscht unser Wanderführer Gustl. Wir sind auf dem Weg zum südlichsten Ort Islands, nach Vik. Bevor wir zur heutigen Wanderung aufbrechen, besuchen wir das Wollzentrum der Insel. Hier werden Produkte aus isländischer Schafwolle hergestellt und angeboten.

Ungebändigt wie ein wildes Tier wirft sich die Meeresbrandung gegen die Küste. Sturm und unvorstellbare Windböen. Sollten wir überhaupt losmarschieren? Ja, unsere Gruppe ist nicht zu halten.

In der Nähe des Wasserfalls Skogafoss liegt das Museum von Thorður Tómasson, der seit Jahrzehnten Exponate aus Südisland sammelt.

Fahrt an der Westküste

Island ist ein moderner, wirtschaftlich hochentwickelter, Staat. Die an historische Gehöfte erinnernden Hütten werden touristisch genutzt. Der Tourismus ist zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige der Insel herangewachsen. Bei unserer Reise im Jahr 2010 machten wir uns von Reykjavik auf den Weg in die Westfjorde.

Die Halbinsel Snæfellsnes mit dem kleinen Fischerort Arnarstapi ist besonders wegen ihrer landschaftlichen Vielfalt und den Vogelfelsen bekannt. Zehntausende Möwen brüten dicht gedrängt auf schmalen Felsvorsprüngen in den senkrechten Wänden.

Das kleine Fischerboot lief tuckernd im Hafen von Arnastapi ein. Dort wird die wertvolle Fracht mit tausend Mal geübten Handgriffen entladen. Neben dem Tourismus ist der Fischfang ein großer Devisenbringer für die raue Insel im Nordatlantik.

Unser Fahrer Olí erwartete uns bereits beim Bus. Wir umrundeten die Halbinsel, wo wir am westlichen Ende einen Stopp einlegten. Der Strand ist mit Wrackteilen eines englischen Trawlers, der 1948 hier auflief, übersät. Die rostigen Metalltrümmer sind historische Zeugnisse und dürfen nicht entfernt oder verändert werden.

Mächtig erhebt sich über dem Küstenabschnitt der schneebedeckte Vulkan Snæfellsjokull. Den Fuß des Gletschers dominiert die Farbe „Grau“. Es handelt sich um das anspruchslose Zackenmützenmoos, das hier im feuchten Klima als erstes das vulkanische Gestein besiedelt und den Boden für höhere Pflanzengesellschaften aufbereitet.

An der Nordküste der Halbinsel Snæfellsnes fuhren wir durch den kleinen Hafenort Olafsvik mit einer sehenswerten modernen Kirche. Die Bezeichnung „Vik“ bedeutet Bucht und ist Teil vieler Ortsnamen. Olafsvik ist daher mit Olafsbucht zu übersetzen.

Der Ort Stykkisholmur, wo wir unser Nachtlager aufschlugen und am nächsten Tag die Fähre in die Westfjorde bestiegen, war nicht mehr fern. Durch die ideale Lage von Stykkisholmur wurde hier bereits im 16. Jahrhundert ein Handelsplatz gegründet. Der Ort kam dadurch zu ansehnlichem Wohlstand, woran heute noch die verschiedenen historischen Gebäude erinnern. Über dem Ort thront weitum sichtbar die Stykkisholmur-Kirche.

Beim Auslaufen aus dem Hafen von Stykkisholmur fiel unser Blick zurück auf das regionale Krankenhaus. Das Wetter zeigte sich an diesem Tag nicht von der besten Seite. Eine scharfe Brise erreichte uns vom offenen Meer. Beim Queren des Fjordes legten wir einen kurzen Stopp bei einer bewohnten Insel ein und passierten mehrere Vogelinseln.

Nach knapp drei Stunden erreichten wir die Westfjorde, wo wir an Land gingen und kurz das Treiben am kleinen Hafen verfolgten. Die Vestfirðir sind eine unwirtliche und kaum besiedelte Region mit nur 7.400 Einwohnern. Unser Ziel war Isafjörður, der Hauptort der rauen Halbinsel.

Der Weg führte über eine Schotterstraße und bot einen grandiosen Ausblick auf die zerfurchte Küstenlinie. Der Dynjandi Foss ergießt seine Wassermassen dramatisch und breit ausladend über eine Felskante in den Fjord. Sein lautes Dröhnen hat ihm seinen Namen gegeben: „Dynjandi“ – Donner.

Hrafnseyri ist ein alter Großbauernhof. Er ist der Geburtsort von Jón Sigurðsson, einem bedeutenden isländischen Politiker und Historiker, der sich im 19. Jahrhundert für die Selbstständigkeit seines Landes eingesetzt hat. Sein Geburtstag am 17. Juni ist der isländische Nationalfeiertag. Wie viele isländische Bauernhöfe, hatte auch dieser eine eigene kleine Kirche.

Dieser Landstrich war an Grandiosität nicht zu übertreffen. Ein Highlight übertraf das andere. Wir fuhren auf einer endlos scheinenden Strecke durch Fjorde und passierten kleine Dörfer. In einem Kaffihus (Kaffehaus) legten wir wieder einmal eine kurze Pause ein.

Isafjördur – Zentrum der Westfjorde

Isafjördur! Wir glaubten uns durch die stundenlange Fahrt durch einsame Fjorde schon am Ende der Welt. Jedoch, zu unserer Freude trafen wir auf spielende, freundliche Kinder. Zwei Tage verbrachten wir hier und erkundeten das rd. 2.700 Einwohner zählende Städtchen und die nähere Umgebung.

Ein kühler und windiger Tag war angebrochen. Im Hafen bestiegen wir ein Boot, denn ein weiterer, ereignisreicher Tag wartete auf uns. Das Boot brachte uns hinaus in den Fjord, womit uns ein unglaublicher Blick auf Isafjördur und die steilen, ins Meer abfallenden Berge, geboten wurde.

Vigur – Vogelinsel mit Eiderentenkolonie

Nach 40 Minuten spannender Fahrt hatten wir unser Ziel erreicht. Vigur, eine ca. 2 km lange und maximal 400 Meter breite Insel. Sie steht im Eigentum einer Familie, die bis vor wenigen Jahren noch ganzjährig hier lebte und Rinder- und Schafzucht betrieb. Die Familie wohnt inzwischen nur mehr während der Sommermonate auf dem Eiland, und die Rinderzucht wurde aufgelassen. Schafe werden jedoch weiterhin benötigt, denn sie erhalten die Flächen für die Eiderenten, die hier in großer Zahl brüten. Die Eiderentenkolonie ist der Reichtum der kleinen Insel.

Die Eiderenten-Erpel sind durch ihre schrille Farbzeichnung sehr leicht von den Weibchen zu unterscheiden. Die Eiderentenweibchen kleiden ihr Nest mit den weichsten und damit wertvollsten Naturdaunen der Welt aus. Durch kleine Widerhäkchen an den Federkielen fallen sie wie ein Wattebausch nicht auseinander und trotzen damit den Stürmen des Nordmeers.

Die Daunen werden mit speziellen Maschinen gereinigt und zuletzt per Hand nachgeputzt. Ein Polster mit dem Füllgewicht von 80 Gramm wurde für 18.000 isländische Kronen zum Kauf angeboten. Das waren damals umgerechnet rd. 160 Euro.

Bei diesem Wert achtet der Besitzer darauf, dass seine Entenkolonie jedes Jahr wiederkommt. Dazu dienen die vom Menschen erbauten „Eiderentenhotels“, das sind Trockensteinmauern mit entengerechten Nischen. Sie bieten den Tieren Schutz vor den unentwegt wehenden Winden und erleichtern ihnen die Brutarbeit auf dem stürmischen Eiland.

Vigur ist eine vogelreiche Insel. Neben den Eiderenten im Grasland konnten wir hunderte Papageientaucher auf den schroffen Klippen beobachten.

Nach einer letzten Runde durch den Hafen von Isafjördur verabschiedeten wir uns von diesem sympathischen Städtchen und brachen zu unserem nächsten Ziel auf.

Fortsetzung folgt…

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Johann Jenewein

Johann lebt seit 2001 in Inzing. Die Print-Ausgabe der DZ hat er immer zur Gänze gelesen und hat auch immer wieder Beiträge verfasst. In seinem Privatleben ist er seit 22 Jahren Redakteur einer österreichweit erscheindenden almwirtschaftlichen Fachzeitschrift. Sein größtes Hobby ist das Fotografieren. Seit 2007 ist er Obmann des Kamera-Club Inzing. Seine Leidenschaft ist auch das Erstellen von vertonten Reise- und Multivisionsschauen.

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3 Gedanken zu “ISLAND – Winterwandern und andere Abenteuer / Teil 2

  1. ISLAND – Winterwandern und andere Abenteuer / Teil 2

    Gratuliere zum Artikel über dieses herrliche Land im Norden. Immer wieder ein Erlebnis Deine Bilder zu bewundern. Man denkt mit Freude und bleibender Erinnerung zurück, wie viel Natur man ertragen kann.

    Edeltraud und Karl

  2. Hallo ihr Zwei! “Natur ertragen” finde ich sehr gut. Ja, wir konnten auf unseren beiden Islandreisen von dieser Natur nicht genug kriegen.

  3. Wie schön, dass man mit euren Fotos und Berichten so bequem an interessante Orte verreisen kann. Aber Island im Sommer habt ihr für mich schon sehr verlockend gemacht, vielleicht schaffe ich es selbst noch dorthin. Wenn nicht, ist Nordschottland eine gute Alternative (und für mich halt unverzichtbar)!

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