Immer wieder hört man, dass der momentane Kontrollverlust vielen Personen so sehr zu schaffen macht – aber ist das real, dass wir in letzter Zeit spürbar immer mehr die Kontrolle verlieren – oder ist es etwa nur unreflektiertes Empfinden, das keiner Überprüfung standhält?
Wie hoch liegt wohl die Chance obiges Foto noch einmal vollkommen unverändert aufzunehmen. Das selbe Gelände ist vorhanden, der Sprenkler existiert und den Sonnenstand kann man laut Datum und Uhrzeit der Aufnahme auch ziemlich genau wählen. Würde wohl jeder einzelne Tropfen an der selben Stelle sein? Vermutlich würden wir es niemals wieder so exakt schaffen – es liegt außerhalb unserer Kontrolle.
Und genau so wie dieses Beispiel, das natürlich auch völlig sinnlos wäre, besteht eigentlich unser ganzes Leben fast nur aus Begebenheiten, die außerhalb unserer Kontrolle liegen, und sehr viele davon sind überlebenswichtig. Schauen wir nur einmal auf den Herzschlag, Blutdruck, Puls, Verdauung, Zellaktivität, Körpertemperatur und vieles mehr. Kein anderer und keine andere als ich selbst könnte das alles kontrollieren aber auch ich kann bestenfalls manches über Tricks wie heftige Muskelbewegung geringfügig beeinflussen, aber sehr ungenau. Wo also liegt alleine im eigenen Körper die Kontrollmöglichkeit?
Dann gehen wir arbeiten. Wir wissen nicht ob wir jemandem begegnen und wem – ist es eine Freundin, jemand den ich nicht mag, irgend ein Unbekannter? Werden meine Arbeitsgeräte so funktionieren wie sie sollen? Werde ich gar am Weg einen Unfall haben? Sind meine Mitarbeiter und Chefitäten gut oder schlecht gelaunt? Wie wird abends das Wetter sein? Bin ich etwa zu warm oder zu kalt gekleidet? Brauche ich einen Schirm? Der ganze Tag ist voll unkontrollierbarer Momente und die wenigen, die wir kontrollieren können sind die, die uns auffallen.
Es ist nicht so, dass es wirklich spürbar mehr unkontrollierbare Augenblicke und Situationen gibt, es sind nur eben ein paar dabei, die wir noch nicht so gut kennen, weil sie nicht alltäglich sind – zum Glück.
Viele haben es einfach verlernt auf Erfahrungen und auf irgendwann gelerntem oder gehörtem aufbauend Entscheidungen zu treffen, wie man die neue Situation eventuell meistern könnte. Man möchte alles gesagt oder gar vorgeschrieben bekommen, um dann gegen die Vorschriften protestieren zu können. Immer schon war jedes Lebewesen der Welt, Mal öfter, Mal seltener, mit unbekannten Situationen konfrontiert, die zeitweise bedrohlich wirken und hin und wieder auch sind. Man entscheidet sich für eine Reaktion, sei es Flucht oder Angriff, das Aufgreifen von Schutzmechanismen, Überlegungen und Pläne für den schlimmstmöglichen Fall und natürlich auch für die vielen Zwischenstufen bis dorthin. Es macht nicht den geringsten Sinn sich über etwas auf das man keinen Einfluss hat aufzuregen oder nur zu warten ob jemand vorschreibt was zu tun ist. Man muss beobachten, am laufenden bleiben und rechtzeitig das tun, was am effektivsten erscheint. Ob es so war wird man dann bald erfahren.
Panik und Hysterie waren jedenfalls immer schon die schlechtesten Berater und eignen sich meist nur etwas schneller ins Unglück zu stürzen. Logisches Überlegen und Informationen bei Fachleuten einholen ist der einzige Weg mit dem bisher noch alle Schwierigkeiten gelöst werden konnten. Nicht für jeden Einzelnen, aber für die Masse.
Bis zu einem gewissen Grad ist und bleibt das Leben eben auch eine Glückssache, aber man kann durch rationales Handeln viele Gefahren vermeiden oder wenigstens vermindern.
© Alle Fotos: Robert Pisch (Foto 3 = farbverfälschtes „Gesicht“ auf einem Baumstamm)