21. November 2024
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Interview mit dem Inzinger Künstler Alain Rosenfeld

Lesedauer ca. 11 Minuten

Alain Rosenfeld lebt seit nunmehr 5 Jahren in Inzing, hat hier seine Familie gegründet, spielt in der Kampfmannschaft der SU Inzing, ist im Kulturverein aktiv und seit nicht allzu langer Zeit ist der gebürtige Luxemburger als Künstler selbstständig. Gezeigt hat er einen Ausschnitt aus seinem Schaffen in einer Ausstellung im Frühjahr im Gemeindeamt. Michael Haupt hat, neben einem Besuch in Alains Atelier, ein Gespräch via E-Mail mit ihm geführt.

Alain, du wirst sehr bald zum zweiten Mal Vater. Nehmen wir das zum Anlass, um am Beginn unseres Interviews etwa 30 Jahre zurückzublicken und uns den kleinen Alain vorzustellen. Was hatte er für Träume und Leidenschaften? Womit vertrieb er sich die Zeit?

Mal überlegen, also an das erste, an was ich mich sofort erinnern kann, ist, dass ich sehr gerne draußen war als Kind. Im Kindergartenalter waren meine größten Leidenschaften Dinosaurier und draußen in der Natur sein. Ich war schon immer sehr fasziniert von der Natur und den Lebewesen, dazu zählt natürlich auch die Menschheit. Mein Traum war später einmal Paläontologe zu werden. Im Volksschulalter war meine größte Leidenschaft das Fußball spielen. Wenn ich einmal nicht draußen war, habe ich mir die Zeit mit Legobauen, Super Nintendo spielen oder auch sehr gerne mit Briefmarken einweichen, trocknen und sammeln, vertrieben. Ich wollte immer einen Hund haben, aber als Kind durfte ich nicht und jetzt habe ich den Platz und die Zeit nicht, vielleicht im Alter.

Ich habe als Kind Asthma gehabt und kann mich ganz genau dran erinnern, dass ich mehrmals am Tag mit einem Gerät 10min inhalieren musste. Ich werde dieses Geräusch mein Lebtag nie vergessen. Ich glaube vor allem dieses Ereignis hat mich nach draußen in die Natur getrieben. Die Natur war für mich immer eine Art Selbsttherapie, ob das jetzt physischer Natur war oder auch später psychischer Natur.

Wenn ich jetzt so über meine Kindheit nachdenke, fallen mir noch unzählige Sachen ein, mit denen ich mir gerne die Zeit vertrieben habe. Eine Leidenschaft, welche ich heute noch sehr gerne ausübe, ist das Kochen. Ich bin, während meine Mutter gekocht hat immer auf der Anrichte gesessen und habe ab dem Zeitpunkt als ich groß genug war, meiner Mutter geholfen. Ich bin vor allem sehr dankbar, dass ich so eine schöne Kindheit gehabt habe und ich von zu Hause aus immer Unterstützung bekommen habe. Danke!

Man kann sich einbilden aus deiner Antwort einige Fäden für dein jetziges Leben herausziehen zu können. Legobauen ist jetzt zwar nicht unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal, aber man könnte eine Analogie zu deiner Ausbildung ziehen. Du hast zuerst eine Bautechniklehre absolviert und später Architektur in Innsbruck studiert. Technik und Kreativität, zwei Dinge, warum Lego so anhaltend Erfolg hat. Kannst du uns etwas über diese Berufswahl erzählen?

Da muss ich jetzt etwas ausholen, also Lego war keinesfalls ausschlaggebend für meine Berufswahl, obwohl ich noch immer sehr gerne mit Lego baue, es war eher mein schulischer bzw. ideologischer Werdegang, der mich zu meiner Ausbildung, später dann über das Architekturstudium zur bildenden Kunst brachte.

Ich habe schon sehr früh angefangen durch die Musik und meine sozialen Kontakte mir Fragen über gewisse Dinge wie Politik, Umwelt, Natur, Lebewesen, Menschlichkeit und Systeme zu machen. Dies beschäftigt mich auch weiterhin, aber zurück zu meinem Werdegang. Ich habe nie wirklich in das Schulsystem reingepasst und verstehe auch bis heute manche Praktiken nicht, aber sei es drum.

Meine erste Punkband hatte ich mit 13 Jahren und ich werde mein erstes Konzert nie vergessen. Ich habe insgesamt in 5 Bands zwischen meinem 13. und 21. Lebensjahr gespielt. In den Texten ging es um Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit für alle Lebewesen und vor allem auch um das Verarbeiten von Problemen und Emotionen.

Während dieser Zeit brach ich die Schule ab und machte dann eine Lehre als Bauzeichner, welche ich dann mit 21 Jahren abgeschlossen habe. Die Jahre meiner Ausbildung waren psychisch und emotional sehr schwierig, aber sie brachten mich dazu später eine fachbezogene Matura für Bauwesen zu machen. Diese 2 Jahre waren die einzige Zeit in meiner schulischen Laufbahn, in denen ich wirklich gerne hingegangen bin, weil ich ein Ziel vor Augen hatte, nämlich nach Innsbruck Architektur studieren zu gehen. Die meisten meiner Professoren waren passionierte praxisbezogene Architekten, Statiker, Topografen, Künstler, etc. Ich fühlte mich zum ersten Mal in der Schule individuell gefördert und auch gefordert und nicht überfordert oder unterfordert.

Ohne das Studium der Architektur könnte ich heute keines meiner Werke so gestalten. Ich habe während meines Studiums die meiste Zeit mit narrativen experimentellen architektonischen Werken verbracht, wobei Kontext, Literatur, Natur, Ideologie, Technik und vor allem das Experiment, die Form und die Szenografie meine Entwürfe bestimmte. Es waren meistens Utopien, wobei die eine oder andere Dystopie auch dabei war. Ich liebe es heute noch mit Farben, Materialien, Techniken und verschiedenen Werkzeugen und Werkstoffen zu experimentieren. Mein künstlerisches Schaffen bezieht sich nicht nur auf die Malerei, sondern produziere ich weiterhin narrative Utopien anhand von Illustrationen, Visualisierungen, Modellen und Texten oder kombiniere gerne auch die experimentellen architektonischen Techniken mit der Malerei.

Bilder im Atelier in Inzing

Wie bringst du Technik und Kreativität in deinem aktuellen künstlerischen Schaffensprozess zusammen bzw. wie wichtig ist die Technik dabei?

Ich würde sagen mein künstlerisches Schaffen ist vor allem durch den Prozess des Schaffens geprägt, welcher vom ersten Gedanken bis hin zum fertigen Werk, alles in sich vereint. Das Experiment beschreibt die Technik und das Narrativ beschreibt die Kreativität, wobei Technik und Kreativität in der Gedankenwerkstatt verschmelzen. Die Ideologie meines Schaffens beschreibe ich gerne als eine Art Serendipität. Sie spielt in meinen Werken eine essenzielle Rolle, denn sie beschreibt für mich einen zufälligen und überraschenden Entdeckungsmoment, welcher wundersame Erkenntnisprozesse, während dem künstlerischen Experiment oder anders gesagt dem künstlerischen Schaffen entfesselt und so immer wieder einen neuen Raum individueller Möglichkeiten aufspannt.

Seitdem ich mich intensiv mit der Bildenden Kunst befasse, habe ich mir durch das Experimentieren und durch die Techniken, die ich während des Studiums verwendet habe, diverse Techniken angeeignet, welche ich jetzt dazu nutze, um meine Werke zu gestalten.

Eine weitere große Inspirationsquelle ist die intensionslose und spielerische Wissensaufnahme meines Sohnes. Ich habe das Glück gehabt, dass ich die ganzen ersten 3 Jahre meinen Sohn beim Aufwachsen begleitet habe und sehr viele Erfahrungen mit ihm gemeinsam machen und erleben durfte.

In meinem Schaffensprozess wechsle ich oft zwischen dem Experiment, der Skizze, der Schrift und der Malerei.

Es sind die experimentellen Arbeiten, die Gedanken, die Musik, die Schriften, die Zeichnungen und Illustrationen, die Fotografie, die Malerei und die analogen Modelle, welche meinen analytischen Umgang mit der Welt, der Natur, der Menschheit und der eigenen Persönlichkeit komplementiert. Es ist die Gesamtheit, die das Konglomerat in jeglicher Eigenheit zusammenfasst und mir das Denken, Arbeiten und künstlerische Werken ermöglicht.

Der künstlerische Prozess komplementiert meine Denkweise und meine Ideologie. Im Vordergrund steht die Natur, die Menschlichkeit und die Vergänglichkeit der Menschheit. Der Hintergedanke meines Werkens beschreibt einen sozial-politischen, sowie naturverbundenen Umgang mit der Menschheit und den Glauben an die Menschlichkeit.

Wenn wir noch kurz bei der Technik bleiben: Bei meinem Besuch in deinem Atelier hast du vom „Upcycling“, also dem Wiederverwenden von alten Materialien als Trägermaterial für deine Kunstwerke gesprochen. Kannst du einerseits den Grundgedanken dahinter näher erläutern und andererseits vielleicht ein paar Beispiele nennen?

Der eigentliche Grundgedanke hinter dem Ganzen ist, ein Zeichen gegen unsere Wegwerfgesellschaft zu setzen und die vorhandenen Materialien und Objekte wertzuschätzen. Es geht um das Wiederverwenden, Weiterverarbeiten, Neuinterpretieren oder einfach nur um dem Vorgefundenen eine neue Funktion zu geben, welche wiederum einen Mehrwert generiert. Ich will damit aufmerksam machen, dass es nicht immer die gekaufte Leinwand sein muss, sondern ein kaputtes T-Shirt, ein altes löcheriges Leintuch, ein Stoffsack, ein Stück Karton oder auch ein alter Teppich, der zum Untergrund für ein neues Werk wird.

Vor allem geht es ja nicht nur um die Leinwand, die man kauft, sondern stellen sich für mich mit dem Kauf viele komplexe Fragen. Wo kommt das Holz her, wo die Baumwolle, wie werden die Materialien produziert, wie ist die Logistik hinter dem Ganzen? Ich weiß, dass es sicher ein endloses Thema sein kann, aber mich interessieren solche Sachen einfach und ich mag mit meiner Kunst meiner Ideologie soweit es geht auch im materiellen Bereich nahekommen. Farben selbst herstellen aus natürlichen Materialien wäre ein großer Traum von mir, aber dazu fehlt bislang die Zeit.

Ein weiteres Beispiel, an dem ich jetzt seit ungefähr einem Jahr immer wieder arbeite, ist das Herstellen von Leinwänden aus Altpapier. Dabei verwende ich sowohl ganze Blätter wie auch zerkleinertes Altpapier. Ein kleines Beispiel: Wenn ich einen Brief bekomme, nehme ich den Umschlag als Notizzettel, und wenn dieser innen und außen vollgeschrieben ist, wird er zerkleinert und wieder als Leinwand zusammengesetzt.

Ich schmeiß selten Sachen weg, vielleicht kommt das Sammeln noch von den Briefmarken, aber jetzt im Ernst, die meisten Modelle, die ich während meines Studiums für diverse Projekte entworfen habe, wurden zur Leinwand oder auch als neue Teile in Modellen oder Leinwänden eingebaut.

Alte nicht funktionierende elektronische Geräte baue ich auseinander und versuche die diversen Teile wiederzuverwenden. Ein Beispiel, mein Sohn hat unabsichtlich mit seiner Holzfeuerwehr, den Bildschirm des Fernsehers zerstört, ich wusste gar nicht, dass ein Fernseher aus so vielen Lagen und Einzelteilen besteht. Jedenfalls benutze ich 2 der 7 Scheiben als Untergrund und Abdeckung für meine Presse (bestehend aus schweren Büchern und meinem Eigengewicht), für meine Papierleinwandherstellung, weil sie eine glatte Oberfläche haben und das Papier nach dem Zusammenkleben leichter zum Ablösen ist.

Andere elektronische Teile wie Platinen usw. bekommen zum Beispiel in den Modellen eine neue Funktion.

Es macht mir einfach sehr viel Spaß, mit Materialien zu experimentieren und neu entdeckten Objekten beim Auseinanderbauen von Geräten eine neue Funktion zu geben.

Das beschriebene Bild auf dem alten Teppich in einer Einzelausstellung in Luxemburg

Du hast vorher von der Wichtigkeit der Natur für dich gesprochen. Deine Ausstellung, die von Mai bis Juni im Gemeindeamt in Inzing zu sehen war, trug den Titel „Listening to Nature“. Was hörst du aus der Natur und wie verarbeitest du das in deinen Bildern?

Ich schreibe seit 2019 ein Buch, indem es unter anderem um diese Thematiken geht. Dieses Schreibwerk begleitet mein künstlerisches Schaffen und mein Leben. Aus verschiedenen Thematiken brechen dann wieder Themen heraus, welche ich in meinen Werken und Arbeiten vertiefe.

Die Werke beschreiben die Versuchung nach der Gestaltung einer möglichen Abstraktion gedachter Naturphänomene, den Umgang mit der Realität naturgeschaffener Vorkommnisse und die Übersetzung derer als gedachte Illustrationen.  Es geht um die Komplexität der Natur und deren evolutionären Prozess, um die Versuchung und die Neugierde nach einem möglichen Verständnis und der Erkenntnis der Konzeption dieser erlebten Eigenheiten. Es wird versucht das Phänomen der Entstehung dieser Eigenheiten als Reproduktion in der Gedankenwelt zu vervollständigen und als Malerei in einer neuen Konzeption zusammenzufassen. Die Darstellungen beschreiben eine immaterielle Abbildung meines Geistes und meiner Seele auf der wundersamen Entdeckungsreise nach der verloren gegangenen Naturverbundenheit der Menschheit und der Rückkehr zur Menschlichkeit.

Die Eigenheit der Natur wird beschrieben durch eine Wesenheit oder beschreibt doch die Wesenheit die Eigenheit der Natur. Ist es ein dualistischer Prozess oder sind die beiden Elemente untrennbar miteinander verbunden. Ist es die Wechselbeziehung im evolutionären Prozess der Natur, welcher den Charakter, die Mimik und die Erscheinung an sich prägt und zeichnet.

Das eigene Wesen ist eine metaphysische Einheit, welche aus der Reflexion der aufeinandertreffenden Kräfte im Zwischenraum gebildet wird.

Ein narratives Stück einer Wesenheit.

Ich höre also eine Wesenheit aus der Natur, vielleicht gebe ich ein Beispiel, um es zu verdeutlichen.

Die Wesenheit repräsentiert den Ursprung oder auch eine dynamische Wiederauferstehung einer natürlichen kosmologischen Kraft. Sie beschreibt einen evolutionären Prozess, der die Entstehung von neuem Leben als Ursprungsgedanke im Wesentlichen verkörpert.

Diese Wesenheit wird als immaterielle Abbildung des Geistes und der Seele dargestellt und in der Gedankenwerkstatt, welche im Zwischenraum, eine abstrakte visuelle Vorstellung dieses komplexen Prozesses komplementiert.

Diese Wesenheit repräsentiert außerdem eine Entstehungsgeschichte, die auf der Zeitachse unserer und anderer Welten essenzielle Ereignisse für die Entstehung aller Leben zeichnet.

Diese Gedanken sind ganz schön komplex. Ist es für dich wichtig, dass die Betrachter und Betrachterinnen deiner Kunstwerke diese Gedanken nachvollziehen können? Bzw. was würdest du dir von deinem Publikum als Replik wünschen?

Mir ist es nicht so wichtig, dass jeder einzelne meine Gedanken nachvollziehen kann, viel wichtiger ist mir der Austausch mit den jeweiligen BetrachterInnen über eine gewisse Thematik, die in ihren Gedanken oder Gefühlen entsteht, wenn sie meine Bilder betrachten oder meine Texte lesen. Ich schreibe sehr viel zwischen den Zeilen und teilweise verwende ich Wörter, die in meinem Buch Zeilen oder auch Abschnitte einnehmen.

Ich denke, dass die deutsche Sprache allein schon so komplex ist und wenn dann noch eine visuelle Erfahrung mitspielt, kann meiner Meinung nach nur jeder für sich selbst bestimmen, was er verspürt, denkt und sieht. Aus diesem und anderen Gründen besitzen meine Werke keinen eigenen Titel, sondern eine Nummerierung und eine Bezeichnung unter einer gewissen Thematik. Genau dieser individuelle emotionale Prozess, der dann entsteht, interessiert mich. Ich will mit meinen Ausstellungstexten, Menschen zum Nachdenken bringen, denn ich will einfach wissen, was jemand verspürt, wenn er meine Werke anschaut oder was er denkt, wenn er meine Texte liest. Aus dieser Interaktion kann ich mich weiterbilden, sowohl in meiner sozialen wie künstlerischen Tätigkeit.   

Auch wenn es in diesem Interview um dein künstlerisches Schaffen geht, kann man als Inzinger Blog deine fußballerische Seite nicht unter den Teppich kehren, ganz abgesehen davon, dass einige deiner Werke in der Fußballkantine hängen. Seit du in Inzing wohnst, spielst du in der Kampfmannschaft der SU Inzing, mit 36 Jahren vermutlich einer der älteren Spieler. Bist du der Roger Milla der Inzinger?

Danke für das Kompliment, ich sehe mich eher als Teil eines Ganzen und spiele für die Mannschaft, für den Verein, für den Ort, in dem ich lebe und mag meine Erfahrungen und Passion weitergeben. Fußball zu spielen ist einfach, seitdem ich in der Kindheit damit angefangen habe, immer noch eine sehr große Leidenschaft. Aber ja, du hast Recht, ich bin der zweitälteste Spieler und ja die Regenerationsphasen sind viel länger geworden, aber man muss halt im Alter einfach mehr machen, um fit zu bleiben. Ich bin froh, dass ich noch Fußball spielen kann, denn es ist der perfekte Ausgleich zu meiner beruflichen Erfüllung und meinem Leben.

Du hast vorher mehrmals das Thema Sprache gestreift, dein Buchprojekt, die Texte für deine Punkbands, auch in deinem Skizzenbuch ist viel Text integriert. Wie wichtig ist Sprache für dich und deine Kunstwerke?

Die Sprache spielt für mich eine essenzielle Rolle. Ich glaube die Sprache hilft mir, vor allem mich selbst in meinem künstlerischen Prozess zu verstehen. Auf der einen Seite verwende ich die Schrift, um meine Gedanken, Interessen, Emotionen und Ideologien festzuhalten und dann wiederrum, um ein Narrativ aufzubauen, welches ich dann anhand von Skizzen, Malereien, Illustrationen oder auch Modellen versuche zu komplementieren. Oder ich schreibe über ein fertiggestelltes Werk, welches anfangs nur einen Titel, eine Skizze und eine Kurzbeschreibung besaß.

Ein Beispiel ist das Projekt, was ich im Mai in Kufstein in der Galerie Dia:log ausstellen durfte und davor im August 2022 in Luxemburg ausgestellt habe. Ich habe insgesamt eineinhalb Jahre daran gearbeitet. Das Projekt habe ich mit einem Kurzhaarteppich, einer Skizze, einem Titel und ein paar Sätzen aus meinem unfertigen Schriftwerk begonnen. Während des Schaffensprozesses ist nicht nur das Werk detaillierter und komplexer geworden, sondern auch Kontext und Narrativ. Alles wurde bis ins kleinste Detail gestaltet, analysiert, klassifiziert und schlussendlich definiert. Eines meiner wichtigsten Werkzeuge während des Gestaltungsprozesses war eine Pinzette, wenn man bedenkt, dass das Werk 1,99mx1,33m groß ist kann man sich, glaube ich, gut vorstellen, wie tief mich dieses Werk berührt hat. Dieses Werk zu entwerfen war eines der schönsten Erfahrungen, die ich bislang in meinem künstlerischen Werdegang habe machen dürfen, und vor allem vereint es die unterschiedlichen Bereiche in einem einzigen Werk.

An dem Punkt sage ich vor allem meiner Frau mehrmals Danke, denn ich glaube, dass es für sie nicht immer einfach war, denn ich habe viele Werke unter anderem auch dieses Projekt in unserer gemeinsamen Wohnung begonnen und auch fertiggestellt. Zum Glück habe ich nun ein Atelier in Inzing gefunden, indem ich mich frei entfalten kann.

Also ja, für mich ist die Schrift und meine Kunst untrennbar miteinander verbunden.

Auffallend ist, dass du, obwohl aus Luxemburg stammend, mit Tiroler Dialektfärbung sprichst. Eine bewusste Entscheidung?

Ich würde sagen eine bewusste Entscheidung. Ich liebe nicht nur die geschriebene Sprache, sondern auch die gesprochene Sprache. So war es mir immer schon ein Anliegen, jede Sprache, die ich spreche, möglichst akzentfrei zu sprechen.

Am Anfang des Interviews haben wir viel über die Fäden deiner Kindheit, die durchaus mit deinem Künstlersein verwoben sind, gesprochen. Aber was ist aus den Dinosauriern und deinem Berufswunsch des Paläontologen geworden?

Die Dinosaurier mag ich noch immer und der Berufswunsch steht auch noch immer. Im Alter dann einmal, wenn die Kinder groß sind und ich meine Frau davon überzeugt bekomme mit mir Dinosaurier ausgraben zu gehen. Durch genau diese kam ich nämlich zur Archäologie, was natürlich nicht so ganz weit weg von der Paläontologie liegt, wenn ich das als Laie so sagen darf. Wir haben früher für die Archäologische Gesellschaft die Einladungen zu den Vorträgen kuvertiert und waren natürlich dann auch oft bei den Vorträgen. Dies hat mich dann dazu gebracht für meine Masterarbeit ein Forschungs- und Wissenschaftszentrum für Archäologie in der Wüste im Westen von Abu Simbel zu entwerfen, welches ein unterirdisches Museum beinhaltet und anhand einer Versorgungsmaschine autark funktionieren sollte.

Nun zurück zu den Dinosauriern, seitdem ich mich für dieses Interview mit meiner Kindheit und mit meinem Erwachsenwerden beschäftigt habe, verspüre ich auch wieder Lust die Dinosaurier in mein künstlerisches Schaffen einzubringen, mal schauen was da noch kommt.

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Michael Haupt

Michael nennt sich selbst gern Kulturarbeiter und macht das in verschiedenen Feldern, sowohl beruflich, als auch in seiner Freizeit. Letztlich geht es ihm dabei immer um die politische Dimension von Kultur. Um ihr Potenzial, die Gesellschaft vorwärts zu bringen, in dem sie Themen und Fragestellungen auf andere Art aufwirft. Das wird sich auch in seinen Artikeln für den Blog zeigen.

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