27. April 2024
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Inzing auf dem Weg zur klimafitten Gemeinde

@ https://global-tipping-points.org/summary-report/infographic/
Lesedauer ca. 5 Minuten

Vor gut eineinhalb Jahren, im Frühjahr 2022 wurde in Inzing in zwei sehr spannenden Workshops ein Klimaplan erarbeitet. Das Motto des Klimaplans lautet Klimaschutz heißt Lebensqualität. Ziel sollte es sein, die Gemeinde bis zum Jahr 2032 ein Stück weit in Richtung Klimaneutralität zu bringen und das Dorf rechtzeitig klimafit zu gestalten.

Im erarbeiteten Klimaplan sind 39 konkrete Maßnahmen aus den Handlungsfeldern Mobilität (10 Maßnahmen), Energie & Gebäude (10), Boden & Klimawandelanpassung (7) und Ernährung & Beschaffung (6) formuliert. Zusätzlich gibt es noch sechs allgemeine Punkte, die sich um Zusammenarbeit und Kommunikation drehen.

Aus meiner Sicht war die Entscheidung, hier geplant und mit Nachdruck ans Werk zu gehen, sehr wichtig. Ist es doch erwiesenermaßen so, dass es mittelfristig teurer kommen wird, wenn man nichts gegen die Klimakrise unternimmt, als wenn frühzeitig z.B. die CO2-Emissionen durch Investitionen gesenkt werden. Die steigende CO2-Steuer sei hier nur exemplarisch genannt.

Bevor ich den Umsetzungsstatus des Klimaplans beschreibe, möchte ich ein wenig ausholen, was leider keine sehr positive Sicht auf die Zukunft werfen lässt. Zwischen großer Sorge und Hoffnung bewegt sich wohl nicht nur mein persönlicher Gemütszustand.

Wie schaut es mit dem Klimawandel derzeit auch global aus?

Dass wir alles erdenklich Mögliche gegen die Erderhitzung unternehmen sollten, haben mir in den letzten Monaten zwei Vorträge von Georg Kaser (Klimaforscher und Leitautor des IPCC) und Helga Kromp-Kolb (führende Klimaforscherin) erneut aufgezeigt. Die Erde steuert im Gegensatz zu den geplanten und angepeilten Zielen der Klimakonferenz von Paris (+1,5°C) inzwischen auf etwa +2,7°C zu. Tirol scheint stärker betroffen zu sein, als andere Regionen.

Temperaturabweichungen 2023 gegenüber dem langjährigen Mittel von 1991-2020.
Quelle: climate.copernicus.eu

Die Erde hat inzwischen schon einige kritische Kipppunkte überschritten, was die Gefahr birgt, dass sich die Erderwärmung weiter beschleunigen könnte. Es sind dies exemplarisch das Auftauen der Permafrostböden in Sibirien, das Abschmelzen des Eisschildes in der Antarktis und in Grönland oder auch die Änderung von Meeresströmungen. Die Methankonzentration in der Atmosphäre steigt stark an.

https://global-tipping-points.org/summary-report/section-1/

Umso wichtiger scheint es, schnell zu handeln und alles zu unternehmen, um die Treibhausgasemissionen einzudämmen. Alles, was wir jetzt unternehmen, wird sich für spätere Generationen auswirken.

Was wir heute entscheiden, gestaltet den Lebensraum unserer Kinder! © IPCC Auszug aus SYR Abbildung SPM 1

Die Dringlichkeit beschreiben diese beiden Aussagen aus dem aktuellen Synthesebericht zum Sechsten Sachstandsberichts des IPCC (AR6 – 2023).

Der Klimawandel ist eine Bedrohung für das menschliche Wohlergehen und die planetare Gesundheit (sehr hohes Vertrauen). Das Zeitfenster, in dem eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle gesichert werden kann, schließt sich rapide (sehr hohes Vertrauen).
…..
Die in diesem Jahrzehnt getroffenen Entscheidungen und durchgeführten Maßnahmen werden sich jetzt und für Tausende von Jahren auswirken (hohes Vertrauen).

AR6 – 2023

Eine sehr spannende Zusammenfassung zum Thema gibt auf der Homepage von Greenpeace Österreich nachzulesen.

Auf der Homepage von Global 2000 werden die Folgen des Klimawandels sehr gut zusammengefasst. Wir reden nicht nur von der Erderwärmung, sondern von weiteren weitreichenden Folgen:

  • Ein großer Teil der heute lebenden Tier- und Pflanzenarten wird vom Aussterben bedroht sein
  • Nahrungsmittelsicherheit wird nicht mehr gegeben sein, Hungerkrisen drohen
  • Die Erwärmung wird sich negativ auf die Gesundheit auswirken
  • Extremereignisse werden lokal häufiger auftreten
  • Millionen Menschen müssen auswandern
  • Küstenregionen und niedrig gelegene Flussdelten sind vom Meeresspiegelanstieg bedroht
  • die Ozeane versauern
  • Gletscher schmelzen, der Wasserhaushalt verändert sich

Dass sich weltweit aber auch etwas zum Positiven verändert, zeigt dieser Artikel aus dem Standard. Dies heißt aber nicht, dass man sich auf diesen Entwicklungen ausruhen kann.

Nun zurück zum Klimaplan und der Umsetzung in Inzing.

Der Klimaplan entsteht….

Im Sommer 2023 haben wir den Status der Klimaplanmaßnahmen gemeinsam mit dem Klimabündnis Tirol evaluiert und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass bereits an 28 von 39 Maßnahmen gearbeitet wird. Lediglich zwei Maßnahmen wurden bisher abgelehnt (Etablierung von Carsharing und die Ausarbeitung eines Energieversorgungskonzeptes für das gesamte Gemeindegebiet). Elf Maßnahmen sind bereits zur Gänze umgesetzt. Dass dies alles möglich war, ist vor allem der Arbeit in den Ausschüssen zu verdanken. Vor allem die Ausschüsse für Infrastruktur, Mobilität und Energie bzw. für Kultur & Bildung waren sehr engagiert an der Bearbeitung der Maßnahmen beteiligt.

In den Ausschuss für Mobilität und Energie fallen sehr große Maßnahmen, wie zum Beispiel die Errichtung einer PV-Anlage am Dach des Gemeindeamtes, die Erstellung einer Energiebuchhaltung oder auch alle Maßnahmen, die den Verkehr betreffen, z.B. die Verkehrsumgestaltung rund um das Schwimmbad oder die Aufwertung des Fuß- und Radverkehrs. An all diesen Maßnahmen wird laufend gearbeitet.

Ein großer Punkt ist die Umstellung von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Quellen in allen Gemeindegebäuden. Ein erster Schritt, nämlich die Ablöse der Ölheizung des Schulzentrums durch eine Wärmepumpe, ist bereits im Laufen. Diese Wärmepumpe soll gleichzeitig auch die Heizung des Schwimmbades im Sommer übernehmen. Für Neuplanungen oder Sanierungen von Gemeindeobjekten wurde ein leicht verständlicher Leitfaden für nachhaltiges Bauen entwickelt. Dieser sollte idealerweise beim Neubau des Altersheimes zur Anwendung kommen.

Kleinere Maßnahmen, wie laufende Kommunikation in der Gemeindezeitung oder die regelmäßige Organisation von Veranstaltungen, wie beispielsweise Repair Café, Klimakino oder auch die Teilnahme an der europäischen Mobilitätswoche sind ohnehin schon seit einigen Jahren etabliert.

Um den Wald für die Bevölkerung klimafit und damit auch sicherer zu machen, werden jährlich eine sehr große Zahl (bis zu 20.000) an Setzlingen gepflanzt. Auch im Moor Kopfeben ist eine Maßnahme zur dauerhaften Erhaltung umgesetzt worden.

Der Klimaplan mit dem Status der Maßnahmen findet sich auf der Homepage der Gemeinde Inzing.

Meine Aufgabe als Klimabeauftragter ist es, in der Menge der Maßnahmen den Überblick zu bewahren, zu koordinieren, zu kontrollieren, manchmal auch lästig nachzufragen, Neues anzustoßen, und das Wissen und die Erfahrung des Klimabündnis Tirol in die Gemeinde zu tragen. Mein persönlicher Eindruck ist es, dass momentan einiges verbessert wird. Der Wille zur Veränderung für die gemeindeeigenen Objekte ist durchaus vorhanden. Trotzdem sehe ich noch großes Potential für die Zukunft. Nicht nur die Gemeinde hat ihre Aufgaben zu erledigen, sondern auch die Bevölkerung steht vor großen Veränderungen vor allem beim Heizen und bei der Mobilität. Was im Bereich Mobilität noch auf uns zukommt ist ohnehin sehr schwer vorauszusehen.

Am wichtigsten finde ich, dass wir dranbleiben und stetig weiter verbessern. Unabhängig von der globalen Klimakrise sehe ich viele der Maßnahmen als Chance für eine gute Zukunft für uns und unsere Kinder.

Beim Klimaworkshop 2022 hieß es: „Wir wollen stolz auf Inzing sein“

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Peter Oberhofer

Peter ist seit Ende 2012 Redaktionsleiter der DZ. In Inzing ist er außerdem bei der Klimabündnisgruppe engagiert. Umwelt- und Klimaschutz, Energiesparen, öffentlicher Verkehr sind ihm ein wichtiges Anliegen.

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