21. November 2024
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Alfreds (W)einsichten – Buchstabe Qu

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Lesedauer ca. 5 Minuten

Nun Freunde, nach dem ergiebigen Buchstaben P habe ich nun das Qu am Laufen. Nicht einfach. Aber ich denke, wir könnten uns über Qualität und Quantität unterhalten.
Und – es sollte auch nicht zu trocken sein, denke ich.
Jedes namhafte Weinbauland in der EU hat, um einen überschaubaren Auftritt nach Innen und nach Außen abzugeben, sich bindende Regeln zum Weinbau und deren Ausführungen erlassen. Ein Gesetz.
In der Anpassung der verschiedenen Regelungen, die ua. die Weinbaugebietsgrenzen, die zu verwendenden Rebsorten, deren Erziehungsformen, die Herstellung und va. die Höchstertragsgrenzen pro Sorte(n) und Fläche (ha) beinhalten, werden aktuell diese dem französischen Vorbild in der EU nähergebracht. Der Erhaltung und Erlangung von Qualität zuliebe.

Deutscher Weingarten Clüsserath / Mosel  – Erdener Treppchen mit Mosel (Foto: Eva Clüsserath, Trittenheim)


In Österreich und auch Deutschland wurde die Qualität und auch die Weinbezeichnungen nach der Traubenreife (ÖMW bzw. Öchselgrade) gestaffelt. So gab es lange Zeit (auch im Lehrbuch) die Bezeichnungen Landwein – Qualitätswein – Kabinett – Prädikatswein (mit den edelsüßen Steigerungen Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein bzw. Ausbruch).
Heute geht man zum Bezeichnungsschema Frankreichs, Spaniens, Portugals und auch Italiens über, nach dem der Wein nach dem Herstellungsort (aber auch zu deren gesetzlichen Regeln) benannt wird. Zusätzlich fügt man für die qualitativ unterschiedlichen Weine die Bezeichnungen Gebietswein, Ortswein und Lagenwein ein, wobei die Weine eben immer besser sein sollten. Sollte es sich der gegenständliche Wein außerhalb der eng gefassten Gebiete erzeugt werden, ist es ein Land- oder gar ein Tafelwein. Eben einfacher und weniger kontrolliert.
Somit ist dem Kunden beinahe EU-weit ein klareres Bild gegeben. Er kann nun auch besser erkennen, woher der Wein eigentlich stammt, welcher Erzeuger Hand angelegt hat, und – ist es – rein theoretisch – ein hochwertiges Produkt oder ein einfacher Landwein, ohne dessen Wert grundsätzlich zu schmälern. An der Basis wird natürlich kein so hoher Aufwand betrieben und diese Weine sind ebenso wichtig als die Spitze. Für diverse Märkte gibt es auch verschiedene Kunden.

Über allem wacht die (ungeliebte) Kontrollinstitution, allerdings ist man sich einig, dass diese technischen Regelungen nur die Grundsicherung darstellen. Denn, es stellt sich die Frage – was ist beim Wein Qualität? Und – was kostet sie? Und – wie kann sie wahrgenommen werden. Ich fürchte, das Problem liegt beim Menschen, und nicht beim Wein, wie so oft.
Außerdem befinden wir uns in einem Zeitalter, in dem fehlerhafte Weine – so wie bis in die 80er – einfach nicht mehr am Markt sind. Die Gründe dafür liegen in der viel besseren – weil zum Teil mechanisierten – Weinbergsarbeit, im hohen technischen Niveau der Kelterung und Reifung, aber auch am Markt selbst. Die Einkäufer der Handelsbetriebe und LEH-Ketten können sich nicht leisten, technisch unsaubere Ware ins Regal zu stellen. Somit bleibt der Kopfweh aus.
Leider wird auch heutzutage noch am Markt vorbeiproduziert – und man wartet auch hier auf Stützungen der Länder und EU. So wurden letztes Jahr in Frankreich und Spanien die Menge von zumindest 3 Jahresernten Österreichs zwangsdestilliert oder auf die Straße gekippt. Diese Ware war schlicht und ergreifend unverkäuflich.

Dass man sich schon früher um die Qualität sorgte, erweist sich in den Satzungen, die am 10. September 1756 in Portugal von den führenden Produzenten des Gebietes oberer Douro ausgegeben wurde. Vorher aber war der Fasspreis ins bodenlose gesunken, auch deshalb, weil einfacher und mit Holunder gefärbter Wein dem guten Rohwein zugesetzt wurde. Das würde das heutige “Panschen” bedeuten. In der sogenannten “Lagenverordnung” wurden die Gebiete für den lukrativen Export festgelegt (feitoria) und eine Bewertung der einzelnen Lagen vorgenommen. Die Einstufung der Weinberge erfolgte in 6 Klassen von A bis F auf der Grundlage eines ausgefeilten Punktesystems mit den Faktoren Boden, Hangneigung, Klima, Meereshöhe, Ertragsmenge und Alter der Rebstöcke.
Auch die Traubensorten wurden in sehr gut – gut – durchschnittlich eingestuft. Zusätzlich legte man Grundpreise für Trauben fest. Für Fälschungen legte man empfindliche Strafen fest, sowie Ausschluss vom Exporthandel bis zur Verbannung nach Angola.
Diese Charakteristika geben auch heute noch allen Weinbergen der Welt ihre Merkmale, sofern der Mensch sich nicht anschickt, diese empfindlich zu verändern.
Da auch heute noch die wesentlichen Faktoren gleich geblieben sind, hängt Vieles von der möglichen Bandbreite der jeweiligen Erntemenge ab. Unglücklicherweise muss sich der Winzer schon im Juni entscheiden, welche Qualität er anstrebt, da im Wesentlichen die Erntemenge pro Stock ausschlaggebend ist. Allerdings kann man Hagel und Unwetter
nicht schon 3 Monate vor der Ernte voraussagen. Im Grunde weiß man aber als Winzer wo man seine top-Lagen stehen hat, und wo man mit einer durchschnittlichen Ernte rechnen kann.
Es ist kein seltener Anblick mehr, wenn Spitzenlagen in der Wachau und Co. nun auch mit Hagelnetzen ausgestattet werden. Bei Flaschenpreisen von 20 € aufwärts geht sich das aus!
Für ein hohes Maß an Qualität werden bei verschiedenen Rebsorten und Böden diverse Erntemengen fixiert. Im Bordeais geht man von ca. 40 bis 50 hl pro ha aus, die Jahreswitterung bringt die Unterschiede. Manche Rebsorten halten eindeutig mehr aus und bringen auch im langjährigen Durchschnitt gute Qualitäten, wobei das Zucker-Säure-Verhältnis entscheidend ist – wie beim all-star Grüner Veltliner (aus cold climates) – oder dem kapriziösen Sangiovese (Toscana), der mit 2 Trauben pro Stock erst Spitzenqualität bringt.


In Österreich erweist sich bei guten Ortsweinen ein Durchschnittsertrag von 6 – 7000 kg /ha als machbar, bei guter Wasserversorgung im Frühjahr. Besondere Steillagen haben ohnehin niedere Erträge aufgrund der Topographie – aber wahrscheinlich die besseren Säurewerte.
Wir haben also gesehen, das Ding ist komplex.
Das Wunder Naturwein ist eben ein vielseitiges Produkt. Und es kann beinahe vollmaschinell – wie zB in Kalifornien oder Australien oder Südfrankreich hergestellt werden. Oder in aufwändiger Handarbeit dem steilen Felsengrund abgerungen werden – wie an der Mosel, am Douro, Eisacktal oder der Wachau.

Weingarten im Frühling mit Heizofen (Foto: Weingut Gernot Heinrich in Gols / Burgenland)
Tonamphoren im Keller von Gernot Heinrich (Foto: Weingut Gernot Heinrich in Gols / Burgenland)
Reh in Weingarten an der Donau (Foto: Weingut Gernot Heinrich in Gols / Burgenland)
Corzano e Paterno – die Mannschaft mit Familien in der Toscana (Foto: Weingut Gernot Heinrich in Gols / Burgenland)


Die Klimagrenze für den Weinbau ist im Begriffe, sich nach Norden (und Süden – Neuseeland) zu verschieben. Es ist euch sicher aufgefallen, dass sich auf vermeintlich kühlen Plätzen um Brixen oder Klausen kleine Weingärten entstehen, um so zur notwendigen Säure im zusammenzustellenden Wein zu kommen. Das wird dann ein Cuvee.

Freuen wir uns ein auf ein spannendes Glas Wein, nun im Bewusstsein, wieder etwas gelernt zu haben und seien wir dankbar für die Vielfalt an Aromen des Weins. Denn das ist das wirklich Erstaunliche – der Ausdruck der Gegend und die Handschrift des Herstellers in Einem.

Salut!  
Euer Alfred Walch

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Alfred Walch

Jahrgang 1959, wohnhaft seit jeher in Inzing, verheiratet mit Veronika / Vroni – aus dem Hause Gastl. Zwei Kinder – Julia und Theresa – beide nun Therapeutinnen. Seit Jänner 2022 in Pension, langjähriger Leiter der Weinabteilung des Handelshauses Wedl. Interessen: Lesen, Kopfreisen und auch so, e-Radlfahren, etwas Bergsport, Kochen sowieso. Musik hören von Jazz bis Volxmusik, etwas Fotografieren, Europa kennenlernen. Leidenschaft: Wein und seine Geschichte(n) dazu. Seit ca. 35 Jahren mit der Sache beschäftigt. Wünsche: noch eine gute Zeit zu haben, politisch-sozialer Friede, Enkel aufwachsen sehen, ev. noch Französisch aufbessern, gute Literatur und das Geheimnis der Poesie finden…

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