21. November 2024
Newsletter   

Alfreds (W)Einsichten / C

© Visions-AD/Fotolia
Lesedauer ca. 5 Minuten

Weinalphabet: Buchstabe C

Columella Lucius – war ein – heute würde man sagen – Wirtschaftsschriftsteller der Antike.

Der Spanier aus Cadiz hat ein äußerst genaues Fachbuch – auch über den Weinbau – geschrieben und 65 n.Chr. veröffentlicht. Sein Buch hieß „De re rustica“ – übersetzt etwa „Von ländlichen Angelegenheiten“. Im Columella findet sich alles, was man über den aktuellen Weinbau wissen konnte – und so bekommen wir dadurch ein Abbild, wie die Weingärten und ihre Bearbeitung damals ausgesehen haben könnten.

Er war der Meinung, dass der Weinbau die gewinnträchtigste Form der Landwirtschaft sein könnte, allerdings beklagte er auch die Ungenauigkeit und Sorglosigkeit von so manchem Grundherrn – so schrieb er …“Weil Weinbau große Mode ist und viele sich auf ihn stürzen, ohne sich Gedanken über Böden, Lage oder darüber zu machen, ob sie die Sache verstehen. Sie vernachlässigen das Rebschneiden, nehmen zu viel Ertrag (pro Fläche), die dann einen dünnen, miserablen Wein ergeben. Und dann fragen sie sich erstaunt, was wohl schiefgegangen sei.„
Columella erläutert viele Dinge bis ins kleinste Detail – so führte er auch Kostenkalkulationen an – so sollte ein Arbeiter bis zu 100 Pfähle zum Aufbinden der Reben pro Tag schneiden auch die Essenskosten der Sklaven bezog er in sein Kostenschema ein. Interessant erscheint auch sehr, dass seine Empfehlung für die Pflanzdichte noch heute an der Mosel oder an der Rhonegültig ist, nämlich sollten die Reben im Abstand von 4 Fuß gepflanzt werden.
Auch die  dortige Art der Reberziehung am Einzelpfahl und das doppelte Einbinden mit
Weidenruten (Doppelcordon) wird bei Charpoutier am Hermitage- Berg oder im Rheingau bei Johannes Leitz praktiziert – die Abbildungen dazu finden wir im „Columella“!
Und auch die angestrebte Ertragsmenge pro Fläche entsprach einem jetzigen hochwertigen Weingarten in Frankreich – oder auch in Österreich – nämlich ca. 60 hl auf den Hektar. Das damals gebräuchliche Flächenmass was das „Jugerum“, ca. ein Viertelhektar. 3 Cuelli zu je 500 Liter – dem üblichen Lagersack aus Leder – mit dem Füllinhalt von je 20 Amphoren ergaben ziemlich genau der Wert von 600 Liter auf einen Hektar – erstaunlich!

Cabernet Sauvignon – ist eine der wichtigsten und wertigsten Rotweinsorten der Welt.

Die Sorte ist das Ergebnis einer natürlichen Kreuzung aus Cabernet Franc (wahrscheinlich von der Loire) und der weissen Sauvignon Blanc. Auf ca. 360.000 ha rechnet man ihre Verbreitung weltweit, somit ist sie die meistangebaute Weinrebe, die zur Weinproduktion verwendet wird. Da alle Reben sich auch an ihre Umgebung anpassen und ihre Genetik verändern, ist die Rebzucht gefordert. Das Vermehren der Stöcke geschieht im besten Fall durch schneiden der 1-jährigen Reiser von den gesundesten – und somit auch besten Stöcken und Auspflanzen der Stecklinge im Folgejahr. Im Winter werden diese in feuchter Erde gehalten, um zu überleben.
Der große Erfolg des CS – Synonym für Cabernet Sauvignon – beruht auf einigen markanten Fähigkeiten der Rebe. Die Beeren sind klein und dickschalig – so ergibt sich zumeist ein tiefdunkler Wein. Da die Farbstoffe beim Rotwein fast ausschließlich in der Schale liegen, ist es wichtig, dass die Schale unversehrt bleibt und auch gegen Schädlinge wenig anfällig ist. So sind echter Mehltau (Oidium) und viele andere Fleckkrankheiten bei gutem Wetter beim Cabernet kein großes Problem. Seine Heimat hat die Sorte im Bordelais – wie der Großraum Bordeaux genannt wird. Dort wird der CS – entsprechend den vorherrschenden Böden – im Mischsatz mit Merlot, Cabernet Franc (weniger) oder auch Malbec (wenig) verwendet. Die großartigsten Weine der Gegend sind vom Feuer und Stil des Cabernet geprägt  – tiefdunkel, großer Aromenbogen, in dem Cassis, Eukalyptus, Zeder, Heidelbeere vorkommen, seine Tannine – also Gerbstoffe werden durch den Fassausbau gemildert, garantieren aber eine große Reifespanne. Allerdings schaut die Weinwelt nicht untätig zu, wie die Franzosen das Feld abräumen.
In Italien sind mit dem Kultwein des Sassicaia nun auch andere – superteure – Weine am Markt, vor allem aus dem Gebiet um Bolgheri. Adelige Weinproduzenten haben mittlerweile an der Toscana-Küste ein Cabernet-Resort geschaffen, allerdings schmecken die Italiener nicht ganz nach Frankreich, was uns freut!

Aber auch in Österreich wird seit ca. 20 Jahren mit dem Cabernet experimentiert – die warmen Gegenden am Neusiedlersse (Scheiblhofer – „Big John“ und Co.) lassen die Sorte gut reifen, was unbedingt notwendig ist. Unausgereifte Trauben ergeben einen doch eher rustikalen, grünen Wein mit Anklängen an grüne Paprika.

Und nun noch ein Beispiel einer Weinbeschreibung des Weinkenners :
Bordeaux JG 20
Chateau Durfort -Vivines 20 / März 22 tasting – 20 / 20 hat nichts von seiner besonders sinnlichen, eleganten Art verloren, den seidigen Tanninen, der unglaublichen Finesse , der delikaten Fruchtigkeit. Immenser Auftritt. So stelle ich mir einen großen Margeaux vor. Leider kleine Ernte. 2024 bis 2034
oder:
Chateau Brane – Cantenac 20 – März 22 tasting – 19 / 20
Wie schon „en primeur“ von besonderer aromatischer Komplexität, mit dezenten Anklängen an schwarze Oliven und Ribisel. Die Tannine sind von besonderer Klasse und das Finale klingt buchstäblich endlos nach, superb, ohne den Jahrgang zu verleugnen.
2028 bis 2040
oder:
Chateau de Pressac 20 – März 22 tasting – 17,50 /20
Superbe Aromatik nach Backgewürzen und Beeren, von wuchtiger Art, aber auch besonders saftig, knackig. Perfekt eingebundenes Tannin, gelungen und sehr empfehlenswert – 2026 bis 2040
klingt ein wenig nach einer eigenen Welt – aber liebe Freunde, sie ist real.

Criadera – so nennt man in Spanien und spanisch-sprechenden Ländern die Reifeform von Weinen in Fässern.

Dabei wird nicht der jeweilige Jahrgang separat verarbeitet, sondern in einer übereinander angelegten Fassreihe – 3 und auch 4 Reihen – ein ständiges und dauerndes Vermischen der fertig vergorenen Weine angestrebt. Der junge Wein kommt in die oberste Reihe, und wird nach einem ausgeklügelten und dem angestrebten Produkt angepassten System an die nächst-unteren Reihen umgefüllt – aber in bestimmten Mengen und variablen Zeiträumen. Dieser – übersetzt „Kindergarten“ oder Schule“ genannte Prozess soll einen bestimmten Weintyp erbringen und vor allem für die Sherryherstellung verwendet. Die Fässer werden größtenteils spundvoll gehalten, um der Oxydation vorzubeugen. Nur beim Typ „Fino“, dem leichtesten und auch jüngsten Sherry-Typ wird in der obersten Reihe das Fass nur zu ca. 2/3 gefüllt, um den Naturhefen – dem sogenannten „flor“ die Arbeit zu erleichtern und auch so das gewollte Hefe-Aroma zu erzielen. Nach einer durchschnittlichen Reifedauer von 3 bis 5 Jahren ist der Fino füllfertig, auch keine festen Bestandteile befinden sich mehr in der untersten Fassreihe. Eine antike Form der Weinherstellung, die auch für die grandiosen Rums aus der Karibik, Peru, Guatemala oder sogar aus Mauritius angewendet wird. Dort ist die Reifedauer nicht so lange wie beim Cognac, weil dort höhere Außentemperaturen vorliegen.

Die besten handwerklich hergestellte Rums kommen aus den (ehemaligen) Kolonien Frankreichs –
wie Martinique und Guadeloupe oder eben von Hochebenen Perus und Guatemalas.
Bein Sherry werden ausschließlich weiße Rebsorten verwendet – die beste nennt man „Palomino“. Das Herstellungsgebiet des Sherry liegt in Spaniens Süden – in den „pueblos blancos“ wie Jerez oder Sanlucar de Barrameida warten die Weine ihrer Trinkreife entgegen.
Sherries werden gespritet, also mit Branntwein versetzt und haben einen Alkoholgehalt von 15 bis 19 Grad. Ohne die Erfindung der Destillation durch die orientalischen Besatzer Spaniens hätten also der Sherry – aber auch Port, Madeira oder der süße Malaga – das Licht der Weinwelt wohl nicht erblickt. Damals waren eben auch gebildetere und feinsinnigere Herren im Zeichen Mohammeds am Werk.
Bei den Sherry-Typen unterscheidet man nach der Dauer der Criadera-Reife:
Fino – jung, hellfarben, duftig, Hefenote, salzig und frisch  sehr trocken               3 bis 5 Jahre
Amontillado – amber, helles braun, Gewürz- und Reifenoten, dicht, trocken        4 bis 6 Jahre
Oloroso – dunkel, schon bräunlich, dicht in Art und Struktur, Gewürze, voll         6 bis 15 Jahre

Eine Sonderform ist der rare „Palo Cortado“ – bei dem ein eigentlich für die Fino – Herstellung geplanter Sherry durch Ausfällen der Hefe zu einem in Richtung Oloroso gehender Wein entsteht.
Wie gesagt sind die Hefen „wild“ – also natürlich, und der Prozess läuft von sich aus ab. Aufgrund der Criadera sind die reiferen Sherrys beinahe ewig haltbar und sehr stabil.
Einzig die reifen Madeiras können bezüglich Haltbarkeit mit den Olorosos oder Palo Cortados mithalten.

Die Geschichte der Sherry-Herstellung hängt sehr mit England und der Navy zusammen, die den Namen der Stadt „Jerez“ in das für sie leichter aussprechbare „Sherry“ umbenannten – und so war eines der erfolgreichsten Weinprojekte gestartet – ab dem 16. Jahrhundert wurde in Nordeuropa der Sherry fast fassweise konsumiert – nachzulesen bei Shakespeare und seinem Sir Falstaff.

Bezüglich Sherry und seinen Feinheiten verweise ich auf den Buchstaben S – wir können warten!

Diesen Artikel teilen:

Alfred Walch

Jahrgang 1959, wohnhaft seit jeher in Inzing, verheiratet mit Veronika / Vroni – aus dem Hause Gastl. Zwei Kinder – Julia und Theresa – beide nun Therapeutinnen. Seit Jänner 2022 in Pension, langjähriger Leiter der Weinabteilung des Handelshauses Wedl. Interessen: Lesen, Kopfreisen und auch so, e-Radlfahren, etwas Bergsport, Kochen sowieso. Musik hören von Jazz bis Volxmusik, etwas Fotografieren, Europa kennenlernen. Leidenschaft: Wein und seine Geschichte(n) dazu. Seit ca. 35 Jahren mit der Sache beschäftigt. Wünsche: noch eine gute Zeit zu haben, politisch-sozialer Friede, Enkel aufwachsen sehen, ev. noch Französisch aufbessern, gute Literatur und das Geheimnis der Poesie finden…

Alle Beiträge ansehen von Alfred Walch →

Ein Gedanke zu “Alfreds (W)Einsichten / C

  1. Hallo Alfred!
    Gratuliere zu deiner hochinteressanten Serie. Da ist eindeutig viel neues dabei – wenigstens für mich. Ich freue mich schon das eine oder andere davon zu verkosten, wenn auch nicht die Luxusmarken.
    Zum Glück fehlen ja noch einige Buchstaben im Alphabet der Weine, da kann man sich länger freuen.
    Gruß
    Robert Pisch

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert