An dieser Stelle war der nächste DZ-Artikel von Georg Schärmer geplant. Wir haben uns aber diesmal dafür entschieden, über Georg zu berichten.
Der Anlass dafür ist die Einladung von Georg zu einem Gespräch mit Bernhard Aichner in der Reihe “Gespräch über Tirol” – veranstaltet vom Land Tirol in Kooperation mit dem ORF Tirol und der Tiroler Tageszeitung (23. April 2025).
Bei dieser Gelegenheit möchten wir uns bei Georg bedanken, dass er in regelmäßigen Abständen als Autor der DZ Inzing seine bekannt pointierten wie sprachlich versierten Artikel zu gesellschaftsrelevanten und religiös-philosophischen Themen schreibt.
Auch allen anderen AutorInnen der DZ sei hier einmal öffentlich großer Dank und Anerkennung für die vielen Beiträge in einem breiten Themenspektrum ausgesprochen.
Zwei aus unserer DZ-Autorenschaft, Brigitte Scott und Andrew Milne-Skinner, schildern ihre Eindrücke – in unterschiedlichen Textformaten – vom Gespräch über Tirol mit Georg im Großen Saal des Landhauses in Innsbruck.
Luis Strasser / DZ – Team

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Eindrücke vom Gespräch über Tirol
Von Brigitte Scott
Es beginnt mit einem kurzen Video, das Tirol in eindrucksvollen Bildern als Land des Sports und der gewaltigen Landschaft darstellt. Mir fehlt da die Kultur, die zeitgenössische ohnehin, aber auch die traditionelle kommt nur mit einem ganz kurzen Bild einer Blasmusikkapelle vor.
Es trifft sich gut, dass ein Autor das Gespräch mit dem ehemaligen Caritas-Direktor führt, denn Georg Schärmer ist vor allem ein wunderbarer Erzähler. Das hat ihm wohl in allen beruflichen Situationen, vom Lehrer über den Leiter des Elisabethinums bis zum Caritas-Direktor, sehr genützt. Ebenso wie bei den vielen Einzelprojekten, mit denen er Neuland betreten hat und für die es sicher nicht leicht war öffentliche Förderungen aufzutreiben. Beispiele sind etwa die Mentlvilla für Suchtkranke oder die Einrichtung von Drogenvertrauenslehrkräften an den Schulen. Aber auch die Gründung einer Demenzberatung oder die Einführung von Väterabenden für die Väter von behinderten Kindern.
Ein schöner Zufall: Ausgerechnet am internationalen Tag des Buches spricht Georg davon, wie der Rückzug ins Lesen von Weltliteratur in einer schwierigen Zeit des Aufwachsens seine Rettung war. Georg betont die Bedeutung unsichtbarer Freunde für Kinder und Jugendliche. Man kann diese in Geschichten in Büchern finden und/oder in der Religion. Auch die Religionen sind voller Geschichten.
Sein Lebensthema: pflegende Angehörige. Von der schwierigen Situation in seiner Herkunftsfamilie über sämtliche beruflichen Stationen begegnen ihm immer wieder Menschen, die nicht ausreichend unterstützt werden – als Leute, die Pflege brauchen, und als Leute, die mit der Pflege anderer allein gelassen und überfordert werden. Mit „Wut und Zärtlichkeit“ warnt er seit langer Zeit vor dem Pflegenotstand und sieht inzwischen einen Punkt erreicht, wo nur eine radikale Neuorganisation der Strukturen Abhilfe schaffen kann.
In Inzing hat Georg Schärmer eine Zeit lang am Jugendheim äußerst beliebte Aktionen und Veranstaltungen organisiert. Damals stand noch das ganze Gebäude (inkl. Turnsaal) wie im Vereinsstatut festgelegt für die Jugendarbeit zur Verfügung. Inzwischen ist der Turnsaal von der Rumänienhilfe belegt, was die Räume für die Jugend vor Ort leider stark reduziert. Es bleibt zu hoffen, dass hier eines Tages eine Lösung gefunden wird.
Nach dem Abriss seines baufälligen Elternhauses baute Georg für seine Familie ein neues Haus, das auch Platz für einen Ort der Begegnung enthält. Dorthin lädt er immer wieder Menschen ein zum gemeinsamen Musizieren, für Workshops oder künstlerische Aktionen.
Derzeit arbeitet er an einem Kinderbuch „für Kinder und Erwachsene“, immer am „Ringen um das gute Wort“.
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Ein Mosaik von Eindrücken……
Von Andrew Milne-Skinner
Filmische Bilder von Tirol…der Chefredakteur der TT erzählt bei seiner Begrüßung “eine gute Geschichte zu einer guten Geschichte”, nämlich die Entwicklung des permanenten Formats “Die gute Geschichte im Advent” in Zusammenarbeit von Caritas und TT…Georg und Licht ins Dunkel beim ORF…Georg hat das soziale Gefüge in Tirol geprägt, sagt Landesrätin Eva Pawlata…Georg hat sich stets für ausgegrenzte Personen eingesetzt, sagt Bernhard Aichner…eine Begegnung mit Georg ist wie eine Lichtung…

Eine kleine Reise durch sein Leben: Innsbruck, Zirl, Inzing….aus einfachen Verhältnissen…eine schwere Kindheit…auf einem kleinen Nebenerwerbs-Bauernhof mit vielen alten Leuten und einer schwer behinderten Pflegetochter zuhause…die Mutter hat 15 Jahre lang die Familienangehörigen gepflegt, bis zum psychischen Zusammenbruch aus totaler Erschöpfung…Georg erlebt Ablehnung und Verspottung in der Volksschule…das hat ihn fertig gemacht…dann einen wunderbaren Lehrer entdeckt…(auch heute würde Georg den Beruf des Lehrers wählen)…erfährt Wärme von Nachbarin Anna…jeden Sonntag in Afrika „unterwegs“ (mittels eines Missionskalenders)…man kann viel von Afrika lernen…ob er wirklich gläubig war?… „Kinder sind hoch mystische Wesen“….Ritual ist wichtig…Jesus: ein Revoluzzer, aber zärtlich…5 Fische, 2 Brote: „eine Explosion des Teilens“…„Glauben hat mit Wissen nichts zu tun“… mit 14 in ein Loch gefallen: Angst vor Menschen…vier Jahre Rückzug in die Weltliteratur…Gitarre spielen als Schlüssel zu einer neuen Welt…ein Wendepunkt: „Ich brauche dich Georg mit deiner Gitarre bei der Messe“…
Georg mit LR Eva Pawlata (© E. Pawlata privat)
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Im ersten Berufsjahr als Lehrer: zu einem Inspektor – „Sie stören meinen Unterricht“…immer unkonventionelle Wege gegangen…als Streetworker tätig…naher Kontakt mit verwahrlosten Menschen…dann 10 Jahre mit behinderten Jugendlichen…unterstützt von hochmotivierten Mitarbeiter:innen…Selbstständigkeit fördern…wichtige Rolle von Hans Neuner, der Georg zum Leiter des Elisabethinums in Axams machte…“Er hat mir Dinge zugetraut, die ich mir selbst nie zugetraut hätte“…23 Jahre Caritas…für alle soziale Schichten…Straßenkinder: „Niemandkinder“…sehr viele in Innsbruck…“Charity begins at home“…radikale Kooperation wesentlich…Unabhängigkeit von Caritas, trotz bzw. wegen nie mehr als 60% finanzielle Hilfe …bildet Drogenvertrauenslehrer:innen aus…Spieleabende monatlich organisiert…Schutzräume für Drogensüchtige…wo Drogenkonsum illegal ist, aber toleriert wird!….
Pflegenotstand heute…1 Million plus Fälle (Gepflegte und Pflegende) in Österreich…große Baustellen…drastische Maßnahmen notwendig…es braucht einen Masterplan…
Internationale Projekte: Afrika eine Herausforderung….Sponsoren wollen gute, positive Geschichten hören…Georg bleibt lästig mit finanziellen Forderungen!…Durst der Leute, Durst des Landes…„Tirol ist ein hilfreiches Land“…„Alles Gute entsteht aus der Dankbarkeit“ (Bernard von Clairvaux)…
Jetzt in Pension: in seinem Haus in Inzing hat er einen Ort der Begegnung geschaffen, wo Leute sich wohl fühlen sollen….durch Musik, Singen, Workshops…soziales Engagement…Georg wird ein Kinderbuch für Erwachsene schreiben…ein volles Leben? Oft und viel lachen!
Fotos (wenn nicht anders angegeben): A. Springer / TT
Wir möchten uns herzlich für die Zurverfügungstellung der Fotos und des Audiomitschnitts bei der Tiroler Tageszeitung / TT bedanken.
Hier der Link zum Herunterladen des Mitschnitts von der Veranstaltung (1:38): https://we.tl/t-EXl18jwHaT
L.St.