25. April 2024
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Gegen das Fernweh

Lesedauer ca. 5 Minuten

Seit Tagen überlege ich, was ich denn zu Kultur in Zeiten wie diesen noch schreiben soll. Eines war schnell klar, nichts Epidemisches und ja nicht wieder jammern, was Hoffnungsvolles, Schönes, Ermunterndes! Ist ja eigentlich gar nicht so meine Art, aber Bedrückendes und Niederschlagendes erleben wir alle genug zur Zeit. Am Samstag Morgen kam dann in einer ruhigen Zigarettenminute ein erhellender Blitz. Die Assoziationskette kann ich zwar gar nicht mehr wiedergeben, aber ich dachte, es wäre vielleicht eine gute Gelegenheit Fotografien zu zeigen und zwar nicht irgendwelche, sondern von unseren beiden Reisen nach Südostasien. Um den Leser*innen des Blogs einen kurzen Ausflug in eine andere Welt zu gestatten, einen fliegenden Teppich in bessere (Reise-)zeiten anzubieten. Vor rund 10 Jahren sind Irene und ich jeweils zwei Monate durch Laos, Kambodscha und Vietnam (2010) bzw. Vietnam und Laos (2011) gereist. Nachdem die Bilder aus zwei verschiedenen Reisen stammen, bewegen wir uns auf einer etwas fiktiven Reiseroute.

Bangkok war auf jeden Fall der Ausgangspunkt für beide Routen und ist Dreh- und Angelpunkt für Trips durch Südostasien. Hier landen die großen Flieger aus dem Westen, hier akklimatisiert man sich für ein paar Tage, hier checkt einem das Hotel die nötigen Visa, wie etwa jene für Vietnam.

U.a. ist mir der Kontrast zwischen den verschiedenen Stadtteilen gut in Erinnerung. Das Rucksackviertel rund um die Khao san-Road, in dem so gut wie alle Individualtourist*innen ihre ersten Tage verbringen und wir waren da keine Ausnahme. Dementgegen hochmoderne und viel zu hohe Wolkenkratzer und Einkaufstempel, natürlich der imposante Fluss Chao Phraya, auf dem Boote als öffentliche Verkehrsmittel unterwegs sind, zum Teil durch das unbehinderte Fortkommen eine sehr schnelle Möglichkeit von A nach B zu kommen. Oder etwa China-Town.

Das Bild zeigt eine Nachtszene an unserem allerersten Abend in Bangkok, wo wir ein wenig die unmittelbare Gegend rund um unser Hotel erkundeten und letztendlich doch rund 50 Meter davon entfernt in einem Popup-Café gelandet sind, wo Cocktails und Bier aus einem alten VW-Bus verkauft wurden.

Begeben wir uns weiter nach Luang Prabang, der alten Königsstadt von Laos. Das Bild zeigt zugleich etwas typisch Südostasiatisches, nämlich eine offene Garküche, die gefühlt an jeder Straßenecke stehen und in den allermeisten Fällen hervorragende kleine Speisen anbieten, wie etwa unsere geliebte vietnamesische Nudelsuppe, die unser Standardfrühstück wurde. Gleichzeitig zeigt das Bild nicht das Typische von Luang Prabang, das für seine vielen Tempel und v.a. Mönche bekannt ist, die in aller Früh in langen Schlangen die Straße entlanggehen, wo die Menschen auf sie warten und ihnen Essensspenden geben. In nicht wenigen Fällen geben die Mönche armen Menschen wieder etwas ab.

Weiter nach Angkor Wat, Kambodscha, mit seinen berühmten von alten Bäumen überwachsenen Tempeln. Um fünf Uhr früh scharen sich die Massen am Haupteingang, wenn man allerdings weiter zum zweiten Tempel geht, ist man (oder war vor zehn Jahren) vorerst noch recht allein. Und wenn man gar eine etwas außerhalb stehende Tempelgruppe im Morgengrauen anfährt, dann hat man vielleicht sogar etwas länger Verschnaufspause vor den Touristenmassen.

Mit dem Schnellboot ging es von Siem Reap, der neuen Stadt bei Angkor Wat, den Tonle Sap hinunter Richtung Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas. Die brutale Vergangenheit des Landes, die sich u.a. in dem extrem jungen Altersschnitt der Bevölkerung zeigt, wollen wir hier beiseite lassen. Den Hinweis auf das berüchtigte Gefängnis der Roten Khmer in Tuol Sleng, in dem in der kurzen Zeit des Regimes von 1975 bis 1979 zigtausende Menschen gefoltert und umgebracht wurden, kann ich allerdings nicht verschweigen. Hier ein kurzer Artikel dazu, aber bitte gewappnet sein für eine grauenhafte Geschichte: https://www.welt.de/geschichte/article154879556/Niemand-der-zu-uns-kam-hatte-eine-Chance.html

Aber das ist ein Feel-Good-Artikel, deswegen fahren wir den Mekong runter ins vietnamesische Mekong-Delta. Bekannt dafür, dass viele Menschen auf dem Wasser leben und arbeiten, wie auf den beiden Bilder zu sehen ist.

Von dort ging es bei der ersten Reise auf die größte Insel Vietnams Phu Quoc, dem Mekong Delta vorgelagert. Heute fährt dort anscheinend die längste Seilbahn der Welt ihre Runden. Damals waren wir in einer extrem abgeschiedenen Bungalowanlage (eigentlich Holzhütten), die von einem deutschen Aussteiger geführt wurde. Als sensationell hab ich das badewannenwarme Wasser in Erinnerung.

Wieder zurück aufs Festland in die boomende Stadt Ho-Chi-Minh-City, früher Saigon, heute nur mehr die Bezeichnung für die innere Stadt. Straßenverkehr ist dort durchaus ein Thema. Rechts auf dem Foto sieht man Motorradtaxifahrer, die auf Kundschaft warten.

Auf einem großen Straßenessensmarkt in Ho-Chi-Minh-City. Als wir das erste Mal dort waren, waren wir ganz stolz so etwas “Einheimisches” gefunden zu haben. Als wir später mit einer Bekannten aus dem Mekong-Delta noch einmal hingingen, mussten wir doch herausfinden, dass es eher eine Touristenfalle war und nach dem Verständnis unserer Begleiterin einerseits viel zu teuer war und anderseits auch nicht von besonderer Qualität. Naja, ehrlich gesagt, hat’s mir schon geschmeckt und allein das Bild war es wert, dort gewesen zu sein.

Zur Erholung von der Großstadt gibt es die allgegenwärtige Propaganda der kommunistischen Partei Vietnams, diesmal auf der weit vorgelagerten Insel Con Dao, ehemals Gefängnisinsel und vor zehn Jahren nur einer Handvoll von Taucher*innen ´bekannt.

Und zurück in die quirlige Hauptstadt Vietnams Hanoi, auch wenn dieses Bild ein weitaus ruhigere Sprache spricht. Vielleicht war es gerade Mittagszeit….

Wenn ich mich richtig erinnere, sehen wir hier eine Frau, die aus Zuckerrohr Saft presst. Typisch für Vietnam bzw. Südostasien sind jedenfalls die vielen Mopeds.

Am Ende unserer Reise geht es wieder zum Ausgangspunkt nach Bangkok zurück. Eines Tages sind wir einfach in eines der erwähnten öffentlichen Boote gestiegen, haben uns auf der anderen Seite des Flusses absetzen lassen und uns in einen Bus gesetzt. Ich glaube wegen der bunten Lichter, die von so etwas wie einem Jahrmarkt kamen, sind wir an dem auf dem Foto abgebildeten Ort ausgestiegen und wurden von einem heftigen Regen überrascht. Im knöcheltiefen Wasser, das vielleicht etwas nach Abwasser gerochen hat (eigentlich sogar ziemlich stark) sind wir dann in Flipflops durch die Gegend gewatet, bis uns endlich ein Tuk tuk wieder ins trockene Hotel zurückgebracht hat.

Wer jetzt das Fernweh noch nicht ganz stillen konnte, dem sei noch ein hörbares Verreisen ans Herz gelegt. Bei unserer zweiten Reise schickten wir wöchentlich 15-minütige “auditive Ansichtskarten” nach Innsbruck ans Freie Radio, Freirad.

Hier gibt es die ganze Sendereihe zum Durchhören https://cba.fro.at/series/auditive-ansichtskarten

PS: Am Beitragsbild ganz oben sieht man übrigens, wie in Dong Hoi Eisblöcke über ein Laufband auf Schiffe verladen werden.

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Michael Haupt

Michael nennt sich selbst gern Kulturarbeiter und macht das in verschiedenen Feldern, sowohl beruflich, als auch in seiner Freizeit. Letztlich geht es ihm dabei immer um die politische Dimension von Kultur. Um ihr Potenzial, die Gesellschaft vorwärts zu bringen, in dem sie Themen und Fragestellungen auf andere Art aufwirft. Das wird sich auch in seinen Artikeln für den Blog zeigen.

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2 Gedanken zu “Gegen das Fernweh

  1. Oh, da werden Erinnerungen wach. 1999 waren wir in Malaysia. Die Garküchen und der Trubel in der Stadt (bei uns Kuala Lumpur) und die tollen Naturerlebnisse auf Borneo sind mir bestens in Erinnerung.
    Tolle Bilder. Danke Michael.

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