19. März 2024
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Orientierung – der Kompass

Inzinger Almgebiet im Morgennebel, vom Steig zum Hundstalsee aus fotografiert.
Lesedauer ca. 5 Minuten

Im vorherigen Artikel habe ich angekündigt, noch genaueres zum Kompass und seiner Verwendung zu schreiben. Das will ich hier versuchen.

Der erste Kompass wurde schon vor etwa 1000 Jahren in China verwendet. Es handelte sich dabei um ein sehr einfaches und noch nicht sonderlich praktisches Gerät. Dabei wurde eine magnetisierte Metallnadel auf eine schwimmende Unterlage gelegt und nach einer längeren Zeit für ihre Ausrichtung die ungefähre Nord-Süd-Richtung bestimmt. (Diese Methode funktioniert immer noch als Notbehelf recht gut, indem man eine Nadel elektrisch magnetisiert und auf die genannte Weise verwendet.)

In den Anfangszeiten der Entwicklung von Kompassen spielte besonders die Seefahrt eine große Rolle, ist es doch auf hoher See, ohne Landsicht, besonders wichtig die Richtung möglichst genau feststellen zu können. Mit Hilfe der Astronomie kam dann auch noch der Sextant dazu, mit dessen Hilfe und unter Anwendung genauester Tabellen zum Stand der Gestirne, man die genaue Position berechnen kann. So entwickelten sich mit den Jahren eine große Anzahl verschiedener Kompassarten, die für die jeweiligen Einsatzzwecke verbessert wurden. So etwa der Kugelkompass, bei dem das Schwanken des Schiffes eine geringere Rolle spielt, der Kreiselkompass, der sich nicht nach den magnetischen Feldlinien sondern nach der Drehrichtung der Erde ausrichtet und viele andere. Hier möchte ich nur auf die gängigen Arten eingehen, die für den einfachen Wanderer eine Rolle spielen, nämlich den Kartenkompass, den Dosenkompass und den Spiegelkompass.

Übersicht über die wichtigsten Teile eines guten Spiegelkompasses (hier die finnische Marke Suunto, Type MC2)

Für eine komfortable Anwendung ist es wichtig, dass die Nadel leicht drehend, also am besten Edelsteingelagert, und Flüssigkeitsgedämpft ist um schneller einzupendeln und ruhiger zu bleiben. Die flüssigkeitsgefüllte Dose muss dabei einen Druckausgleich zulassen um die Bildung von störenden Luftblasen zu verhindern. Kleinere Blasen stören nicht sehr und sollten meist auch bald wieder verschwinden, große Blasen können aber die Anzeige behindern indem sie die Nadel bremsen oder sogar stoppen.

Da die magnetischen Feldlinien nicht parallel zur Erdoberfläche verlaufen sondern sich zu den Polen hin nach unten, zum Erdmittelpunkt hin, neigen, werden die meisten Kompasse jeweils nur für die Nord- oder nur für die Südhalbkugel gebaut. Hierfür wird eine Nadelhälfte geringfügig schwerer gemacht als die andere um die Neigung auszugleichen. Einige Hersteller, wie etwa der finnische Produzent Suunto (der die berühmte Schweizer Firma Recta übernommen hat) produzieren mit Hilfe einer besonderen Technik auch weltweit verwendbare Kompasse, die dann aber normalerweise über 100 Euro kosten. Will man den Kompass also hier bei uns aber auch im Urlaub in Südafrika, Australien oder Chile verwenden, so braucht man entweder zwei verschiedene oder einen dieser weltweit geeigneten.

Ob man bei der Kreisteilung die üblichen 360 Grad oder die militärische Strich-Teilung (je nach Land 6000, 6300 meist aber 6400 Strich für einen Vollkreis) beziehungsweise 400 Gon bevorzugt spielt keine Rolle. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Möglichkeit einer Deklinationskorrektur (= Missweisungskorrektur). Hierbei wird die Gradskala im Verhältnis zur Nordmarke so weit verdreht, dass der Winkelfehler zwischen magnetisch und geografisch Nord ausgeglichen wird. Dieser Fehler wird auf guten Wanderkarten, mit Jahreszahl der Gültigkeit und erwarteter Veränderung pro Jahr, angeführt. Man kann ihn auch im Internet für jeden Punkt finden. Zum Beispiel unter folgenden Links:

https://www.ngdc.noaa.gov/geomag/calculators/magcalc.shtml (Weltweite Suche nach Orten, etc. möglich – Inzing wird gefunden, ebenso wie etwa auch Pozuzo)
https://www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/produkte-und-services-1/online-deklinationsrechner (Ortsangabe nur in Österreich, sonst Koordinaten in Grad)
http://isdc.gfz-potsdam.de/igrf-declination-calculator/?L=0 oder https://www-app3.gfz-potsdam.de/Declinationcalc/declinationcalc.html (Ortsangabe nur in Deutschland, sonst Koordinaten in Grad)

Kasper & Richter, Modell Alpin. Dieser in Deutschland gebaute Kompass ist für die Nordhalbkugel gebaut, soll aber auch noch ein gutes Stück südlich des Äquators einwandfrei funktionieren. Besonders für den Alpinen Einsatz, mit großen Höhenunterschieden, gebaut.
Suunto MC2g, ein weltweit nutzbarer Kompass, wobei das „g“ für global steht. Auch bei ihm gilt, dass er in Polnähe, wie auch alle anderen, nicht verwendbar ist.

Der Spiegelkompass, wie die zwei oben abgebildeten wird von vielen Firmen in hoher Qualität angeboten. Wie erwähnt meist nur für die nördliche oder südliche Erdhälfte. Weltweit einsetzbare Kompasse bieten etwa Suunto und Brunton (Type Truarc 15).

Für die Auswahl ist auch wichtig, dass die Bodenplatte transparent ist, so dass man die Karte gut durchsieht und eine große Dose erleichtert die Ablesung und die Genauigkeit. Der Spiegeldeckel kann stufenlos geneigt werden und erleichtert so das waagrechte Halten des Kompasses, wenn nach oben oder unten gepeilt wird. Für die genaue Peilung gibt es verschiedene Möglichkeiten wie eine feine Linie am Spiegel, Durchsicht-Öffnungen, Kimme und Korn wie am Gewehr, etc. Auf jeden Fall sollte er auch in der Nacht noch gut ablesbar sein, was durch Leuchtmarkierungen erreicht wird.

In erster Linie ist er für die Verwendung im Gelände gedacht, durch die lange Anlegekante bei geöffnetem Deckel und die transparente Fläche eignet er sich aber auch für die Kartenarbeit sehr gut.

Der Nachteil ist oft die Größe. In der Verwendung üben muss man mit jedem anderen auch. Ab etwa 40 Euro kann man recht gute Spiegelkompasse bekommen (z.B. Silva Ranger als gutes Einsteigermodell).

Der Dosenkompass, ursprünglich erstmals von der Schweizer Firma Recta gebaut und dort der Militärkompass, wird er jetzt von Suunto unter dem Namen MB-6 weiterhin vertrieben. Sehr robust, klein und praktisch, allerdings mit fixem Spiegelwinkel. Auch diesen gibt es in einer globalen Variante.

Der Dosenkompass, wie oben abgebildet wird vom Schweizer Militär (und wenn ich es richtig sehe auch von unserem) verwendet. Er ist klein, leicht und extrem robust. Er hat aber doch auch Nachteile. Der Spiegel, ein Spiegelblech, das unten eingebaut ist, hat immer einen festen Winkel, der sehr gut zur Peilung in der Ebene geeignet ist, bei größeren Höhenunterschieden aber das waagrechte Halten fast unmöglich macht. Außerdem hat er eine deutlich kürzere Anlegekante als die anderen zwei Varianten und nur die kleine Dose ist transparent. Das erschwert die Kartenarbeit, also das Entnehmen eines korrekten Marschwinkels.


Silva, ein sehr guter Schwedischer Hersteller, produziert meines Wissens keine global nutzbaren Kompasse, aber sehr gute für die Nordhalbkugel. Hier die Variante Expedition-4, ein Kartenkompass. Sehr gut für die Kartenarbeit, weniger gut für Peilungen im Gelände geeignet. Silva bietet aber auch gute Spiegelkompasse.

Der Kartenkompass, wie dieser von Silva, ist speziell für die Arbeit auf und mit der Landkarte konzipiert. Alles ist durchsichtig und er hat eine lange Seitenkante. Vernünftiges Peilen im Gelände ist damit aber nicht möglich, jedenfalls nicht ohne Mithilfe und Einweisung durch eine zweite Person. Wenn man ein wenig übt und beginnt die Wanderkarten genauer zu betrachten und so gewisse Feinheiten erkennt beginnt man automatisch auch damit sich ein wenig mehr mit diesem herrlich verlässlichen Wegbegleiter zu beschäftigen.

Hier noch einige Links zur Arbeit mit dem Kompass und ähnlichem:
http://kartenkunde-leichtgemacht.de/handbuch.php
https://orientierung-leichtgemacht.de/
https://www.compassmuseum.com/
http://docplayer.org/53365705-Kompassarten-kompass-ist-nicht-gleich-kompass.html
https://www.kasper-richter.de/service/wissenswertes/haeufige-fragen/fragen-rund-um-den-kompass/
http://www.gs-enduro.de/html/navigation/kompass.htm
https://www.outdoor-renner.de/blog/umgang-mit-dem-kompass.html

Quellenangaben:
– Text und Landschaftsfoto: Robert Pisch
– Kompassfotos aus Werbeangeboten im Internet, großteils der Herstellerfirmen.

(Die gezeigten Marken sind eine willkürliche Auswahl. Es gibt viele weitere Produzenten guter Kompasse.)

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Robert Pisch

Robert ist grafischer Facharbeiter in der Druckvorstufe und seit kurzem in Pension. Er hat zuletzt seit mehreren Jahren die grafischen Vorarbeiten für die Druckversion der DZ-Inzing erledigt. Als Mitglied von JUF, seit der Gründung dieser Fraktion, sitzt er die letzten Gemeinderatsperioden auch im Landwirtschaftsausschuss. Sein größtes Interessensgebiet ist die Natur und der Umgang mit ihr. Zusätzlich liebt er es, rein hobbymäßig, zu fotografieren und ist passionierter Fußgänger. In den letzten Jahren ist er auch auf den Geschmack und den Reiz von “Weitwanderungen” gekommen. In den sporadischen Beiträgen möchte er diese Interessensgebiete und daraus gewonnene Erfahrungen näher bringen und hofft dabei auch, die eine oder andere Diskussion “anzuzetteln”.

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