25. April 2024
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Alfreds (W)Einsichten / B

© Visions-AD/Fotolia
Lesedauer ca. 7 Minuten

Weinalphabet: Buchstabe B

Barrique: Darunter versteht man das heute am meisten gebräuchliche Holzfass

mit dem Füllinhalt von 225 Litern. Die Verwendung nahm vor allem in Bordeaux seinen Anfang, wobei das Fass sowohl für die Lagerung im Chais (Lager-Keller) als auch für den Transport zum Kunden verwendet wird – und wurde. Dabei kommen zumeist Eichendielen zur Verwendung, die entweder luftgetrocknet – 4 bis 5 Jahre! – oder in Trockenkammern vorgetrocknet wurden. Die Auswahl der Hölzer und die exakte Verarbeitung erfordert großes Geschick und Erfahrung. Die riesigen Eichenwälder Frankreichs im Limousin oder Massiv Central bieten noch immer die wertigsten Hölzer – natürlich ohne Kern oder Ast. Aber auch andere Länder erzeugen hochwertige Fässer – vor allem aus Osteuropa und dem ehemaligen Jugoslawien kommt gute Ware.

Ein neues Fass der oberen Kategorie liegt heute im Preis von 5 bis 6000 €. Dabei liegt es auf der Hand, dass darin nur hochwertige Weine zur Lagerung und Reifung kommen. Das eher kleine Fass ermöglicht dem werdenden Wein, zu reifen und seine etwas rauhen Gerbstoffe abzubauen. In der Regel reift guter Bordeaux – aber auch andere wertige

Rotweine 1,5 bis 2 Jahre im Barrique, dann werden die Weine zusammengefügt und für die Füllung vorbereitet. Da ja jedes Fass ein Unikat ist, fällt dem maitre de chais die enorm wichtige Aufgabe zu, die einzelnen Fässer im Weingeschmack zu beurteilen und die sogenannte assemblage – das Zusammenfügen der Weine – zu bewerkstelligen.

Auch in Österreich gibt es hervorragende Fassbauer – wie Pauscha in Kärnten und Stockinger  in Waidhofen, deren Produkte – oft Einzelstücke – weltweit gefragt sind. Hier werden allerdings – wie in letzter Zeit wieder erkannt – vor allem Fassgrößen von 20 hl bis 50 hl hergestellt – ein wunderbar anzusehendes und anzufühlendes Stück Handwerk, deren Herstellung  sich im Wesentlichen seit Jahrhunderten nicht verändert hat.

Dass es beim Barrique – und dessen Einsatz – auch  um „toasting“ – Grade, Luftfeuchtigkeit,Herkunft der Ware und des Erzeugers, etc. geht, macht die Sache bei den Kosten nicht einfacher, insbesondere deswegen, weil die Spitzenweine oft nur einmal – oder auch zwei- bis dreimal im selben Fass reifen, dann für weniger anspruchsvolle Weine verwendet werden.

Versuche, dasselbe Ergebnis mit sogenannten Eichenchips – Holzstücke aneinander aufgefädelt und in diversen Behältern mit dem Wein in Berührung kommend – zu erhalten, haben sich für hohe Qualitäten nicht durchgesetzt, in der „neuen“ Weinwelt Kalifornien oder Australien oder sonstwo auf der Weinwelt sind sie jedoch im Basisbereich eingesetzt und erfolgreich.

Zartere Rotweintypen und auch Weißweine verlangen zumeist einen schonenderen –

anderen Umgang mit dem Fass. 2. oder 3.Füllungen, Größen ab 500 lit (tonneaux / Fuder) sind aktuell die bessere Wahl, auch wegen der längeren Einsatzzeit, dickere Bohlen und bessere Reinigungsmöglichkeiten wiegen mehr. Ein Stockinger-Fass von 3500 Liter wird ein bis 2 Winzerleben bei guter Pflege sicherlich aushalten und zu fein ziselierten Weinen führen.
Aber in Bordeaux und auch in der Rioja oder Priorat – oder im Burgenland werden für die Top- Weine auf jeden Fall die Barriques – neu oder 1-jährig – verwendet – was die Sache eben nicht verbilligt.

Blaufränkisch: Diese alte Rebsorte gilt gemeinhin als kernigste, kräftigste Rotweinsorte in Österreich und findet vor allem im Gebiet Mittelburgenland und Eisenberg seinen Einsatz.

Die dunkle, dickschalige Sorte gedeiht auch auf kräftigen Lehm- und Ackerböden und bringt bei mittlerem Ertrag sehr gute, langjährige Ergebnisse. Verbreitung eher nur in Österreich und Ungarn, etwas in Slowenien. Für Österreich ist der Blaufränkisch eine „signature grape“.

In der Farbgebung jung sehr tief, dunkles Rubinrot bis fast schwarz. Im Duft an reife Brombeere erinnernd, erfrischende Säure, verträgt das Barrique gut, etwas Eukalyptus und Gewürznoten kann man in guten Beispielen finden. Die Sorte hat Charakter!

Legendär ist der BF Mariental 1986 vom Ruster Vorzeigebetrieb Ernst Triebaumer, der das ganze Potenzial der Sorte aufzeigte und international Furore machte.

Ab Mitte der 90-er Jahre wurde verstärkt angebaut, Marketing-Initiativen wie die Wortschaffung „Blaufränkischland“ – von Horitschon und Neckenmarkt im Burgenland und qualitative Verbesserungen im Weingarten (bio) und bei der Verarbeitung  zeigten Früchte und der ehemalig etwas rustikale Wein wurde langsam edler und edler. Heute wird die Sorte zumeist reinsortig angeboten, in diversen Cuvees spielt er nicht immer die Hauptrolle – so zum Beispiel im Carnuntum Niederösterreichs.

Als 1. Verschnittpartner des um1922 gezüchteten Zweigelt ist der Blaufränkisch in der  beliebtesten Rotweinsorte Österreichs ebenso vorhanden wie die Sorte St. Laurent. Die aktuell besten Weine kommen zum Teil aus kleinen, alten Weingärten am Leithaberg – von Kultwinzern wie Andi Kollwentz, Georg Prieler oder Markus  Altenburger als auch aus dem viel größeren Mittelburgenland mit Spitzenerzeugern wie Silvia Heinrich, Albert Gesellmann, Paul Kerschbaum oder Georg Wieder aus Neckenmarkt, das die mineralischsten Weine liefert. Das Alterungspotential von guten Blaufränkisch-Weinen liegt bei ca. 10 bis 15 Jahren, dabei ist der Weinsäure-anteil wohl das Ausschlaggebende.

Besonders der wachsende Anteil der Bio-Winzer hat dem Blaufränkisch gutgetan. Durch die automatisch niederen Erträge und vornehmliche Bodenbegrünung konnte man die Qualität eindeutig steigern, an einem anspruchsvollen Marktauftritt – auch am internationalen Markt wird gearbeitet, wiewohl das bei massiver Konkurrenz schwer ist.

Bordeaux: Ist eine Farbe… und natürlich der Name der Metropole im Südwesten Frankreichs und dessen berühmtester Exportartikel – dem Wein. Bordeaux steht heute für den Begriff des Epizentrums des Welt-Weinbaus. Es bestehen einige historische Gründe, warum das so ist. Allerdings muss man sagen, dass die lokale Branche es – mittlerweile wieder – gut versteht, sich weltweit in Szene zu setzen. Das jüngste Beispiel dafür ist die vor 6 Jahren eröffnete „cité du vin”, einem riesigen Tourismusprojekt, das dem Besucher die Welt des Weines sowohl kulinarisch als auch museumsmäßig näherbringen soll. Das Projekt setzt Maßstäbe – und vermittelt spielerisch vieles, das – vor allem – den eigenen Wein ausmacht – und der ist bekanntlich weltweit erfolgreich.

Was hat nun den Aufstieg und Wert der Stadt verursacht? Bordeaux liegt ca. 40 Km landeinwärts des Atlantiks und verfügt über einen großen, geschützten Hafen, von dem aus ab dem 16. Jahrhundert gute Geschäfte gemacht wurden. Es war der damals größte Hafen Frankreichs. Und Wein war eines der wichtigsten Handelsgüter – der nach London, Hamburg oder Amsterdam ging – und die Schiffe kamen mit den besten Eichenhölzern aus Stettin, Pommern oder dem Baltikum retour. Aber auch von den Antillen oder Ostindien kamen die Handelsschiffe mit Zucker und Gewürzen – und verließen den Hafen mit notwendigen Artikeln wie Öfen, Destillen, Seilen, Segeltuch und andern Gerätschaften.

Ab 1770 kamen wöchentlich 5 Schiffe aus Übersee und fuhren „ohne Inspektion und Generalreinigung“ – aber meist mit neuer Mannschaft und auch etlichen Afrikanern unter Deck wieder hinaus auf den Atlantik. Die Kaufmannschaft der Stadt etablierte sich, auch Holländer, Engländer und Deutsche Händler siedelten sich an und sorgten für eine gesunde Durchmischung. Der stetige Anstieg der Nachfrage nach Wein – die Holländer suchten vor allem billigen Weißwein für ihre Destillen – ließ das Anbaugebiet wachsen. Und die riesige Nachfrage der Engländer – die alten Verbindungen aufgrund der 300 jährigen gemeinsamen Geschichte – spielten natürlich eine Rolle.

Denn auch England befand sich in der Entwicklung zur großen Kolonialmacht, allein die Flotte verbrauchte Unmengen von Wein, der ja doch besser war als das ranzige Wasser.

Die Weinhändler und Barons gingen nun auch daran, die manchmal feuchten Wiesen trockenzulegen und die besten terrains für qualitativ hochwertige Weine zu suchen und diese sich auch gleich zu sichern – die Engländer zahlten jeden Preis! So sind z.B. die heutigen Spitzenweingüter Latour, Pichon Lalande, die 3 Leovilles, Brane Cantenac und viele andere mehr zur Mitte des 18. Jahrhundert schon in vollem Betrieb, die Fläche der Weingärten betrugen zwischen 20 und 60 ha, also von erstaunlicher Größe.

Allerdings war der damals gekelterte Wein ein Gemisch aus verschiedensten Sorten und auch – ja Herkünften. Ein niedergelassener schottischer Händler namens Johnson hielt schon 1736 in einem Notizbuch fest, welche Lagen anderen überlegen waren, eine Beurteilung von Jahrgängen und ein optimales Mischungsverhältnis der Weine, wobei auch vor Importen aus Spanien(Alicante, Priorat), dem Cahors oder von der Rhone oder dem Midi eine wesentliche Rolle spielte, um den gewünschten, kräftigen Wein herstellen zu können. Auch von Branntweinzugabe und Traubenmost ist da die Rede.

Auf jeden Fall wurden rote mit weißen Trauben gemischt – um den beliebten „Claret“ zu bekommen, der in den Pariser Cabarets (Schänken) und in den Bristoler oder Londoner Tavernen gallonenweise vertilgt wurde. 

Das goldene Zeitalter von Bordeaux kam in der Mitte des 19. Jahrhunderts, in dem sich die Weinhändler aus Irland, England, Holland und Deutschland am sogenannten Quai de Chartons – außerhalb der Stadtmauern Lagerhallen errichtet hatten und den Bauern als sogenannte „negociants“ deren Ware abkauften und dann die Weine bei sich im Lager reifen – und auch verschneiden zu lassen. Bis dahin hatten sich die wichtigsten Rebsorten sowohl weiß als auch rot herauskristallisiert. Die Cabernets, Merlot, Malbec, Semillon und etwas Sauvignon gab es auch schon. Durch technische Innovationen im Keller und Weinberg waren die Weine nun schon ansehnlicher und exportfähig, was die berühmte Klassifizierung von 1855 unterstrich. Hier wurden die wichtigsten Güter des Medoc(rot) und Sauternes (Süß und weiss) in eine Rangordnung gestellt, die sich auch an den auf dem Weltmarkt erzielten Preisen orientierte.

Dass hier ordentlich gerangelt wurde, versteht sich von selbst, nur die schon damals besten Güter – Latour, Haut Brion, Lafite- Rothschild und Margeaux – waren unangefochten an der Spitze, erzielten sie schon damals das Doppelte als die 2. gereihten Güter.

Auf jeden Fall ist das ein historischer Ansatz, ein Gebiet in 5 diverse Klassen einzuteilen. Die übrigen Weingebiete suchten sich später auch eine Art Wertesystem, nicht unähnlich dem „classement 1855“, das zur Weltausstellung in Paris vorgestellt wurde.

Heute gelten wohl mehr andere (Markt)Gesetze beim Wein, und einige Güter – sind in ihren Handlungen und Weinen fast gleichwertig, ohne die Spitzenpreise der Premiers zu erhalten. Es gibt eine Vielzahl von sehr guten leistbaren Weinen, da das allgemeine Niveau in Summe sehr hoch und die Konkurrenz befruchtend ist.

Dass es für den Außenstehenden als komplex und undurchsichtig erscheint, liegt in der Vielzahl der Hersteller und Anbieter. Allein 34 Genossenschaften, Courtiers, Makler, Direktverkäufer, Chateau-Abfüller – und überall steht „Chateau“ und Bordeaux drauf. Heute ist in Bordeaux ein rasanter Wechsel zum „biologisch” erzeugten Wein sichtbar, nachdem sich jahrzehntelang die Nomenklatur im Vorbeisehen gefiel. Als allerdings Bio-Güter wie Pontet Canet oder Leoville Barton die Ratings anführten – es gibt im Folgejahr der Ernte ein erstes großes Tasting von Fachleuten aus aller Welt –   und deren Arbeit einmal richtig begutachtet wurde, fühlten sich auch die richtig Großen bemüßigt, sich in das eben nicht einfache Bio-Feld zu wagen. Eine Revolution ist im Gange!

Aber – einen guten Bordeaux kennzeichnet eine schöne Fülle, elegante Art, frisch und animierend, ist hervorragender Speisenbegleiter – und aus einem guten Jahr kann der Wein ausdauernd reifen – man spricht von 15 bis 25 Jahren und mehr – und ist ab 15 – 25 € bei etwas Suche erhältlich, allerdings nicht bei den klassifizierten Medoc–Gütern. Hier liegen die Preise ab 30 € und 60 und 90 € sind keine Seltenheit.

Hier kommt auch etwas Spekulation der Händler von Honkong, Singapur oder London zum Tragen, die die Spannen und die Lager künstlich hoch halten. Da die Weine aber oft nach den Ratings (Parker und Co) gestuft sind und die Händler begierig auf die Veröffentlichung der ersten Tranchen und Ausgangspreisen sind, ist das System etwas offener, und das Internet spielt auch hier eine gewichtige Rolle.

Aus dem etwas dornröschenartigen Fronsac, den Cotes Blaye, aus der Fülle der Cru Borgeois des Medoc findet man höchst elegante, hochwertige Weine, die das Preisniveau von italienischen „Iconwines“ oder auch der teuren Austria-Ware locker um das 2-3fache unterschreiten. Wein ist halt hier eben noch die Hauptsache – und – man hat sich auf eine neue, moderne und sympathische Art wieder in Szene gesetzt. Somit kann eben ein gut gewählter Bordeaux nicht nur den Geldbeutel belasten – sondern auch für Jahre ein wirkliches Trinkerlebnis sein- und seien wir ehrlich – wann kann man schon Kunst und Geschichte in einem Glas finden?

Noch zu erwähnen wäre, dass Bordeaux hervorragende Weißweine herstellt, die ihren roten Kollegen in nichts nachstehen. Und ebenfalls sehr gut reifen – ein weißer Carbonnieux nach 10 Jahren ist eine Offenbarung. Und – die weltbekannten Süßweine aus Sauternes und Barsac gelten als unschlagbar!

In dem Sinne – Salut!

Euer Alfred Walch

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Alfred Walch

Jahrgang 1959, wohnhaft seit jeher in Inzing, verheiratet mit Veronika / Vroni – aus dem Hause Gastl. Zwei Kinder – Julia und Theresa – beide nun Therapeutinnen. Seit Jänner 2022 in Pension, langjähriger Leiter der Weinabteilung des Handelshauses Wedl. Interessen: Lesen, Kopfreisen und auch so, e-Radlfahren, etwas Bergsport, Kochen sowieso. Musik hören von Jazz bis Volxmusik, etwas Fotografieren, Europa kennenlernen. Leidenschaft: Wein und seine Geschichte(n) dazu. Seit ca. 35 Jahren mit der Sache beschäftigt. Wünsche: noch eine gute Zeit zu haben, politisch-sozialer Friede, Enkel aufwachsen sehen, ev. noch Französisch aufbessern, gute Literatur und das Geheimnis der Poesie finden…

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Ein Gedanke zu “Alfreds (W)Einsichten / B

  1. Lieber Fredi,
    unglaublich, was man da alles an interessanten Details erfährt, danke! Wer auch immer da oben – vermutlich automatisiert – den Vermerk “Lesedauer ca 7 min” einfügt, hat keine Ahnung, wie lang und genussreich man Deine Expertise genießen darf / kann / muss !
    Danke und weiter so!
    Chris W

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