21. November 2024
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Alfreds (W)Einsichten / H

© Stefan Schweihofer auf Pixabay
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Wein Alphabet: Buchstabe H

Hermitage – der Wunderhügel an der Rhone

Hier stellen wir einen eigenwilligen Platz vor. 70 km südlich vom kulinarischen Lyon liegt der kleine Ort Tain Hermitage, an dessen Nordseite der berühmte Hügel „Hermitage“ sich über 136 ha Weingärten ausdehnt.

Der berühmte Hügel „Hermitage“ (Foto: Institut du Vins Rhone)

Geologisch gesehen ist der Hügel eiszeitlichen Ursprungs, die Rhone schob auf dem Weg nach Süden einige Gesteinsmassen über- und untereinander, bis sie sich den Weg gebahnt hatte. Somit besitzt der Berg – ca. 350 Höhenmeter – eine sehr unterschiedliche Gesteinsstruktur und somit auch diverse Lagen. Im Westen Granit und Schotter, in der Mitte Sand, Kalk und Lehm, im Osten Lehm und Kiesel, oben sogar Löss – ein Sediment. Es ergibt sich somit ein idealer Weinbergsplatz mit süd- südöstlicher Ausrichtung und perfekter durchgängiger Neigung.
Weinbau gibt es am Hügel seit der Römerzeit, wie Aufzeichnungen berichten. Dass hier noch die Einzel-Pfahlerziehung mit Doppelcordon – Aufbinden mit Weidenreisern praktiziert wird, wird sie überraschen. Insofern wurden die Ratschläge der alten Schriftgelehrten für ausreichend und zielführend gehalten. Es werden größtenteils Rotweine aus der oppulenten Rebsorte Syrah angebaut – die hat sich am heißen Hügel als die beste erwiesen.
Bei den eher seltenen Weißweinen werden Marsanne und Rousanne verwendet. Der Durchschnittsertrag von 50 hl/ha erscheint passend, aber auch nicht zu gering. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Böden und Ausrichtungen wurden Lagen bezeichnet, die zumeist getrennt gelesen werden, um dann vor der Füllung assembliert zu werden. Ursprünglich stand auf der Kuppe ein Herkulesdenkmal, aber als ein rückkehrender Kreuzritter namens Gaspard de Sterimberg in Tain halt machte, konnte er anscheinend nicht anders, als auf dem Hügel eine Hütte zu errichten und dort als Eremit für 30 Jahre zu bleiben.
Und so erhielt der Hügel seinen Namen nach dem alten Kämpfer „Hermitage“.
Es gibt eine Reihe von Besitzern, auch die Genossenschaft „Cave de Tain“ hat einen guten Ruf. Der Berg gibt eben den Weinen einen unnachahmlichen Duft, eine Frische und Vielschichtigkeit, der den Ruf begründet und noch nichts von seiner delikaten und doch feurigen Art eingebüßt hat. Seit dem 17. Jahrhundert werden die Weine nach halb Europa verkauft – auf dem Schiffsweg vornehmlich, auch die Russischen Zaren waren sichere Abnehmer. Billig war der Hermitage nie. Man startet bei 40 – 50 € per botteille, die seltenen Einzellagenweine weiss wie rot liegen dann schon bei 100 und mehr. Mit etlichen 100 Punkte Weinen bei Robert Parker wurden die Weine „Le Pavillon“ von Charpoutier und „La Chapelle“ von Jaboulet in den Wein-Olymp gehoben. Legendäre Haltbarkeit zeichnet die Weine aus und ist auch für die Preisstabilität wichtig. Man spricht von 20, 40 und mehr möglichen Lagerjahren, und es ist auch gewissermaßen erwiesen! Bei Christies in London versteigerte man 2007 den unglaublichen 61- Chapelle in der 12-er Kiste mit über 170.000 €, das wären dann ca. 14.000 per Flascherl.

Vollreife Traube der Syrah-Rebe (Foto: Alfred Walch)

Heute geben 4 Betriebe den Ton an, die 70 % des Berges besitzen, wobei Louis Chave, Delas, Paul Jaboulet und Michel Charpoutier die bekanntesten sind. Letzterer arbeitet ausschließlich bio-dynamisch und gilt als französisches mastermind der Öko-szene. Er ist ein akribischer und charismatischer Winzer, der auch in der Umgebung und im Süden gepachtete Weingärten betreut.
Oben am Hügel hat er auch einen kleinen Stall errichtet, wo seine 2 Arbeitspferde die Gärten pflügen – gedüngt wird auch ausschließlich mit gereiftem Bio-Pferdedung, versteht sich. Netterweise wird täglich für alle Mitarbeiter vor Ort in Tain gekocht, richtig gute Landküche. Wenn man Glück hat, gibt‘s auch als Besucher was ab, Wein von der Rhone auf jeden Fall!
Ein guter Hermitage ist ein Wein-Unikat mit entsprechender Geschichte. Und auch Preis.

Heuriger  – Zufluchtsort und nicht nur Wiener Tradition

Der Heurige 10-er Marie in Grinzing (Foto: Weingut Fuhrgassl-Huber)

Das Wort leitet sich bekanntermaßen vom Süddeutschen „Heuer“ für diese Jahr ab. Traditionell ist der Heurige ein Gastbetrieb, in dem der aktuelle Wein des Jahres ausgeschenkt und auch der noch Junge Sturm angeboten wird. Der Name selbst ist nicht wie zB. Der „Buschenschank“ rechtlich geschützt und geregelt. Hier nämlich regeln die einzelnen Landesgesetzgebungen deren Betrieb und Angebot.
In Wien kennt man diverse Unterarten des Heurigen. Die einzige Großstadt der Welt verfügt über ein hochwertiges Weinangebot innerhalb der eigenen Grenzen und – die Wiener lieben ihren Wein über alles. Dabei sind die verschiedenen Randbezirke, ehemalige eigenständige Dörfer, in denen schon lange das besagte Tröpferl erzeugt wird. Am bekanntesten sind unter anderem Stammersdorf mit seiner langen Kellergasse, Grinzing mit seinen verträumt-altmodischen Lokalen (Mayer am Pfarrplatz), Neustift am Walde (Fuhrgasslhuber) – heute eher ein nobler Villenpark und das nach Süden auslaufende Perchtoldsdorf. Einen besonderen Platz nimmt der „Nussberg“ in Döbling mit seiner Südostneigung ein, hier entstehen die hochwertigsten Weine der Wienerstadt. Und das „who is who“  der Winzerszene reißt sich um jeden Quadratmeter der Sonderlage. Der 342 mt. hohe Berg ist die Ostgrenze der Flyschzone und besteht aus Sandstein, Ton und Löss-Mergel.
Man kennt innerhalb der Lokale, die ja ein jeder Besucher der Stadt zumindest einmal pro Aufenthalt besuchen sollte sogar feine Unterscheidungen. So kennt man den Ausdruck „Nobelheuriger“, mit internationaler Küche und stolzen Preisen, zumeist in der Innenstadt – also die „Stadtheurigen“.
Die volkstümliche Version liegt an den Rand – und Weinlagen der Stadt. Die Keller sind gleich angeschlossen und der Wein kann sozusagen direkt vom Tank ins Glas. Hier geht‘s rustikal zu, man sitzt auf Holzbänken, die Tische tragen rot-weiß karierte Decken, und das Schmalz trieft aus den Lautsprechern. Schee is.
Hier ist auch das Speisenangebot klassisch. Saumeisen, Knödel, G‘söcht‘s, Krautfleckerl. Am Sonntag frischer Schweinsbraten aus dem Rohr. Kren, Erdapfelsalat, Gurkerl.
Bei den Buschenschänken, deren Edikt durch Joseph II erlassen wurde, ist es ähnlich. Allerdings besteht hier – die alte Verpflichtung, nur „eigene“ Weine zum Ausschank zu bringen, und auch die angebotenen Lebensmittel sollen aus eigenem Hause stammen. Hier regelt man die Öffnungszeiten, die dann vor allem im Herbst einen durchgängigen Besuch erlauben, mit der Herausgabe eines Heurigenkalenders.
Viele Betriebe haben jedoch auch die „Gastro-Konzession“ und bieten neben urigem Ambiente auch tadellose Gerichte mit Pfiff. Der ungarische Kellner oder die slowakische Hilfskraft mit dem geblümten Dirndl bringen auch manchmal das Richtige zum Tisch.
In einem klassischen Wiener Heurigen verschmilzt also die eher düstere Wiener Seele mit den Ahnen, der Wein erzählt von der guten alten Zeit und die fesche Wirtin wankt im Dirndl durch die Bänke, hat ein flottes Liedl auf den Lippen und ein großes Herz für alle Problembeladenen. Wenn man Glück hat, erscheinen die Schrammeln und spielen sich dir ins Herz.
Besonderer Tip: Fuhrgassl-Huber in Wien Neustift – sehr trinkbare Weine vom Weinberg oberhalb der Wirtschaft, im Sommer knackevoll, aber gut gemanagt.

Weingut Fuhrgassl-Huber (Foto: privat / Weingut Fuhrgassl-Huber)
Thomas Huber mit Partnerin im Weingarten (Foto: privat / Weingut Fuhrgassl-Huber)

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Alfred Walch

Jahrgang 1959, wohnhaft seit jeher in Inzing, verheiratet mit Veronika / Vroni – aus dem Hause Gastl. Zwei Kinder – Julia und Theresa – beide nun Therapeutinnen. Seit Jänner 2022 in Pension, langjähriger Leiter der Weinabteilung des Handelshauses Wedl. Interessen: Lesen, Kopfreisen und auch so, e-Radlfahren, etwas Bergsport, Kochen sowieso. Musik hören von Jazz bis Volxmusik, etwas Fotografieren, Europa kennenlernen. Leidenschaft: Wein und seine Geschichte(n) dazu. Seit ca. 35 Jahren mit der Sache beschäftigt. Wünsche: noch eine gute Zeit zu haben, politisch-sozialer Friede, Enkel aufwachsen sehen, ev. noch Französisch aufbessern, gute Literatur und das Geheimnis der Poesie finden…

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