21. November 2024
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Alfreds (W)Einsichten / D

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Lesedauer ca. 8 Minuten

Weinalphabet – Buchstabe D

Demeter – wohin geht die Reise?

Am Anfang ein wenig Geschichte – wie so üblich. Die Göttin Demeter ist in der griechischen Mythologie zuständig für die Fruchtbarkeit der Pflanzen, das Aufgehen der Saat und die allgemeine Gesundheit der Erde bzw. des Bodens. Sie entstammt der Verbindung der Titanen Kronos und seiner Rhea und gehörte eben zu den 12 olympischen Gottheiten. Ihr kam natürlich eine wesentliche Rolle zu, denn das Leben ist auch heute noch abhängig von den Pflanzen, die Mensch und Tier nähren. Ihre Tochter Persephone, die sie von der Samenkraft des Zeus erhielt, wollte sich der eher grausliche Hades in die Unterwelt holen. Nach langem hin und her, konnte sie der von Zeus gesandte Hermes nur für 8 Monate in die Oberwelt zurückholen, den Rest hatte sie bei Hades zu schmachten, da sie angeblich von  den 12 Kernen des Granatapfels schon – oder Gott sei Dank – nur vier Stück verspeist hatte. Aber das ist sicher eine andere Geschichte….

Bild: istockphoto.com

In der aktuellen BioLandwirtschaft gilt die eher radikale Gruppe der Demeter-Jünger und -töchter als eigene Kategorie: Man folgt den Lehren des österreichischen Esoterikers Rudolph Steiner, der 1925 seinen Abschied von dieser Welt nahm. Diese weltweit tätige Marke „Demeter certificated“ besitzt einheitliche Normen, das Logo mit Registratur ziert auch die Rückenetiketten der Weinflaschen.

Ganzheitlicher Ansatz, kosmische Einflüsse (Mondzyklen), freie Radikale (sind nicht so radikal, wie sie klingen) und biodynamische Pflanzenstärkung spielen eine wesentliche Rolle. Alles sollte sich in einem natürlichen Kreislauf befinden und sich von sich selbst wieder neu entstehen lassen. Von künstlich erzeugten Hilfsmitteln wie chemischen Pflanzenschutz etc. hält man natürlich nichts, es wird um Einklang von Mensch und Tier und der nährenden Pflanzen gerungen – und auch mit Erfolg.

Man muss und soll auch im Sinne der Qualitätssteigerung und Gesundung von Böden und Pflanzen geringere Erträge, die der Überdüngung (Nitrate, etc.) geschuldet sind, hinnehmen, ja anstreben. Aber das geht natürlich nur, wenn der neue, höhere Verkaufspreis akzeptiert wird.

Die Zeit, da Masse gefragt wurde, ist ja ohnehin vorbei, wobei auch staatliche Förderungen zu Überproduktion und Preisverfall führen (mussten). Noch vor 10 Jahren besprühten die Winzer des Midi/Languedoc die Straßen und Plätze mit ihrem (überschüssigen) Rotwein aus Tanklastern, den keiner haben wollte. Billiger Exportwein ging und geht nach Ostasien – sogar gestützt -, um den Weinnovizen mit den eher schmalen Augen den Weinkonsum schmackhafter zu machen. 
Mir als halben Wissenschaftler gefällt die Bezeichnung „Anthroposophen“ für die Jünger des Herrn Rudi Steiner ziemlich gut. Dass diese Art des Wirtschaftens mit eingehenden und tiefgreifenden Änderungen im gesamten Betrieb mit sich bringt, liegt auf der Hand. Komplette Umstellungen lassen sich sicherlich erst in einem Zeitrahmen von 10 und mehr Jahren erkennen, dabei geht es natürlich auch um Markt – und Geld. Es ist ebenso ungewiss, dass alle Konsumenten mit höheren Preisen zurechtkommen.

Bei mit „Demeter“ gekennzeichneten Bouteillen aus Südfrankreich in den Bio-Shops Berlins um 4-6 Euro sollte man etwas vorsichtig sein, denn automatisch besser wird der Wein nicht.

Kritiker der demeter boys werfen denen – gerechtfertigt oder nicht – die Zielrichtung auf Kunden im urbanen Bereich vor. Hier sei mehr „rauszuholen“, und die wollen ja auch in ihren stinkenden Städten mal was gutes haben und einen von der griechischen Göttin getauften Wein schlürfen. Aber wenn man von Natur umgeben ist wie wir, brauchen wir diese nicht so dringend.
Ich habe einige handfeste Diskussionen mit Verfechtern und beginnenden Wechselaspiranten geführt, bin aber natürlich zu keinem wirklichen Ergebnis gekommen. Es gibt insgesamt zu viele Parameter, die es beim Weinbau zu berücksichtigen gilt.
Eines ist sicher: Der Ansatz ist richtig, kann aber auch in abgespeckter Form zu einer neuen Qualität führen, immer vorausgesetzt, dass das jeweilige Klima das auch erlaubt.

Eine Gratwanderung.
Mehr Beobachtung in die eigene Produktion und Abläufe könnte hier garantiert sinnvoll sein, da man aus der Klassifizierung wohl ungern wieder rausfallen will, wenn die Ergebnisse monetär sich nicht einstellen.
Oftmaliges Befahren mit Traktoren, um das Schwermetall Kupfersulfat zu spritzen, oder die heiligen „Tees“ auszubringen, verdichtet eher den wertvollen Boden – und das will man auf keinen Fall (zugeben). 

In Österreich verdient als allererste Frau Christine Saahs eine Erwähnung. Vor ca. 20 Jahren hat man auf Anraten einer befreundeten Uni-Professorin der BOKU Wien sich mit dem Thema näher auseinandergesetzt und das Projekt gestartet. Damals war in Österreich auch der Name Steiners kaum geläufig, hier kam der Input auch aus der anglikanischen Welt.
Beim Besuch der älteren Dame am Nikolaihof in Mautern gewinnt man allerdings die Überzeugung, dass man es hier sehr ernst meint, nit amol a biss‘sl schmäht. Ob die Weine besser sind als die der guten Nachbarbetriebe, liegt im Gaumen des Verkosters, langjährige Reifung in großen 5 – und 10.000 Liter fassenden alten Eichenfässern verleiht den Weißweinen eine phänomenale Stabilität – auch im Anbruch.

Bei Bewertung des Mr. Parker aus den USA für einen Süßwein mit dem Punktemaximum von 100 wurde ein ungeahnter Erfolg verzeichnet, heute exportiert man in ca. 30 Länder.

Aushängeschilder der Demeter Szene sind Fritz Wieninger, Gernot Heinrich oder der Geyerhof in Furth / Mautern.

Bild: istockphoto.com

Bei Nachschau bei Dr. Google findet man heute eine doch verhältnismäßig große Anzahl von über  50 Weinbaubetrieben, die schon zertifiziert sind, und ständig werden es mehr, ob  mit Erfolg, das wird sich weisen. Auf jeden Fall ist der Schritt (bei uns) gewagt und nicht notwendig. Und „Bio“ ist ja schon fast sowieso alles, kein Wunder dass wir so gesund sind!

In diesem Sinne, bleiben wir am Ball – schon wieder ein Glasl verdient. Na schau.

Douro / Duero: ein Fluss vom Wein umgeben

Der dritt-längste Fluss Iberiens entspringt in Soria in der kastilischen Hochebene und mündet nach fast 900 km bei Porto in den anklatschenden Atlantik. In Spanien verläuft er durch Burgos und Valladolid und gibt dem hochwertigen Weinbaugebiet „Ribeira del Duero“ seinen Namen. Von den im Winter kalten und im Sommer brennend heissen Gebiet nördlich von Madrid stammen herausragende, kraftvolle Rotweine aus der Rioja-Sorte Tempranillo. Aber hier auf stark mineralischen Lehm-Schotterböden geraten die Weine – wie auch im nahen „Toro“-Gebiet feurig und dicht – Alkoholgrade von 14 plus sind eher die Norm, Reife ist als kein Problem, eher die  Hitze.
Seit 1982 gibt es die DO (also Herkunftsbezeichnung Ribeira del Duero) – man startete mit 24 Betrieben und nun sind ca. 400 Erzeuger hier in der Gegend angesiedelt.
Der berühmteste Wein von hier ist der Wein mit Namen „ Pingus“ – von einem Dänen namens Peter Sissek erzeugt, der schon in der Rioja bei Bodega Monasterio für Furore sorgte.
Ca. 1000 Euro kostet das Flascherl 0,75 schon als Jungwein – und man muss sich dafür anmelden. Seit 1994 gibt es diesen raren Wein von uralten Stöcken – der Weingarten ist nur 4 ha groß. Davon erntet man ca. 4000 Flascherl. Einige Bewertungen des „Weinpabstes“ Robert Parker in seinem Magazin „Decanter“ mit unschlagbaren 100 Punkten haben sicher auch zur Bekanntheit beigetragen.

Bild: stock.adobe.com


Hier auch noch eine kleine Anekdote zum Pingus: Die Lieferung des 1. Jahrgangs von 75 Kisten des Weines nach Amerika ging leider mit dem Transportschiff im Atlantik unter und begründete auch einen gewissen Kult um den Ausnahmewein, der beim Start noch um die 30 € notierte.
Noch legendärer von der Geschichte her ist der „Unico“ der 100 Jahre alten Kellerei Vega Sicilia – auch eher unbezahlbar.
Allerdings kommt der „Unico“ erst ca. 10 Jahre nach der Ernte in Verkauf, man reift ihn in barricas nuovas e maturates für 6 Jahre, dann noch 3 Jahre in der Flasche, dann geht‘s zum zahlungskräftigen Kunden, die Weine werden weltweit an die Händler zugeteilt. Man versteht sich auf Traditionen, der Betrieb besteht schon ca. 100 Jahre.
Für den saftigen, kraftvollen allgemeinen Stil der Ribeira-Weine ist die nun fast 90-jährige Winzerlegende Alejandro Fernandez wohl am meisten verantwortlich.
Seinen „Pesquera Reserva“ findet man weltweit im guten Fachhandel – so um die 20 bis 30 €. Und das ist er gewissermaßen auch wert. Etliche Investitionen in neue Anlagen und moderne Kelter ließen insgesamt das Niveau homogener werden – ein Ribeira ist heute auf jeden Fall ein sehr guter Rotwein mit Potential für 10 bis 15 Jahre, ab 10 € startet die Skala und endet im All.

Der Fluss bildet dann für fast 120 km die Grenze zu Portugal. Wo er sich nach Westen wendet, beginnt beinahe die Weinbauregion Douro – mit seinen Unterteilungen. Entlang von Fluss- und seinen Seitentälern wird hier seit der Römerzeit Weinbau betrieben. Auf nun ca. 40.000 ha Rebflächen in gewaltigen Terrassenanlagen werden Reben gezogen – und – vor allem im „gemischten Satz“, das heißt in den diversen Lagen gedeihen oft 20 bis 30 verschiedene Rebsorten in einem Weingarten.
Deren Zusammenspiel mit den örtlichen Gegebenheiten erbringen die Grundweine für die weltberühmten „Ports“ – 90 % rote Sorten, der Rest weiß. Aber auch Tafelweine, d.h. ungespritete Weine werden mittlerweile mit großem Erfolg gekeltert. Die Weinbauzentren heißen Pinhau und Regua. Weiter Richtung Westen mäandert der mächtige Fluss noch ca. 100 km gemächlich dahin, wo er sich endlich in den Atlantik ergießt. Die kontinental-trockene Region mit v.a. Schieferböden ist seit 1996 Weltkulturerbe und kaum touristisch erschlossen, allerdings beginnt sich das zu ändern.
Eine Besonderheit stellt die Tatsache dar, das die Reifung und Vermählung der Grundweine in Oporto – genauer gesagt in Villa Nova (Neustadt) geschah und geschieht. Die seit Jahrhunderten ansässigen Portweinlodges – ehemalig in v.a. englischem, aber auch holländischem Besitz, lassen hier die Weine ausbauen und reifen, bevor sie in alle Herren Länder versendet werden.

Der Fähigkeit der „Masterblender“, die verschieden Tranchen zu vermählen und abzustimmen, ist eines der schwierigsten Teile der Produktion. Es werden demnach entsprechend der verschiedenen Portweintypen – Ruby – Tawny – LBV – Vintage Port, die Weine zusammengefügt.

Eine junge, gut ausgebildete Gruppe von portugiesischen Winzern, Erzeugern und Händlern ist aktuell drauf und dran, mit ihrem sensationellen Gebiet neue Weingeschichte zu schreiben.
Aber mehr dazu beim Buchstaben P – wie Portwein

Deutschland – und da gibts Wein?

Das denken einige, nicht mit der Materie betrauten Österreicher. Sie verkennen vollends die wichtige Position der Bundesrepublik, die sie schon seit dem Mittelalter einnimmt.
Im 16. Jahrhundert wurde mehr als jemals vor und nachher Wein erzeugt und über den Rhein an die nördlichen Häfen versendet- ein“Rhenish“ galt wie der Malmsey Madeiras als das Luxusgetränk in London. Ein besonders dem Weinbau entgegenkommenden Klima ließ auch dort Weingärten wachsen, wo das heutzutage undenkbar ist. Allerdings lag der Literkonsum in Deutschland damals bei sagenhaften 120 Litern/Kopf und Jahr. Heute sind es 30 – oder so. In diese Zeit fallen auch eindeutige Hinweise auf die berühmteste Rebsorte unseres Nachbarn – dem Riesling. Diese Sorte – die Herkunft ist unbekannt – begründet den Ruf Deutschlands als Weindestination. Maßgeblich an der Entwicklung der Sorte sind sicherlich die Klöster zu nennen. Vor allem im Rheinland (Kloster Eberbach, Mainz, etc.) wurde der Riesling, was er heute ist.
Deutschlands beste Sorte kann trotz später Reife eine frische Säure behalten, die dem Wein auch bei niederer Gradation intensive Aromatik garantiert, und auch die Verbindung von Süße und Säure gelingt in keiner anderen Rebsorte so perfekt.
In Deutschland herrscht selbst in der Geschichte Ordnung. Deshalb weiß man auch, dass 1775 die erste offizielle Spätlese stattfand. Der Ort war Schloss Johannisberg im Rheingau. Die Erlaubnis zur Ernte wurde stets vom Besitzer erteilt – in dem Fall dem Abt von Fulda. Die Trauben waren reif und der Verwalter Engert bat um den Lesestart – per Pferdekurier (7 Tages- Ritt). Auf verschlungenen Wegen kam jedoch die Erlaubnis sehr spät retour – und man startete die Lese auf Johannisberg, als die Nachbarn allesamt schon fertig waren. Hier hingen nur mehr eingeschrumpfte, faulig anzusehende Trauben an den Stöcken. Trotzdem wurde geerntet und nach schwierigen Gärzeiten konnte man einen saftigen – natursüßen Wein kosten, den es so noch nie gegeben hatte – und die Gaumen der Koster schnalzen ließen.
Übrigens war der älteste, je verkostete Wein ein im Jahre 1540 gekelterter Würzburger Stein. Und beim legendären tasting 421 Jahre alt. Nach einigen Minuten des Schmeckens  – der Wein hatte noch eine feine Art – als lebendiger Organismus – gab er jedoch auf und wurde zunehmens zu Essig – das ist eben seine Art, wenn er mit Luft in Berührung kommt.
Heute kann man feststellen, dass – auch in Bezug zur Erderwärmung – in Deutschlands nördlichen Weingärten immer bessere Weine erzeugt werden und auch eine junge Riege von Winzern – und auch einiger Winzerinnen – das Heft übernommen haben. Eine Situation, die in Österreich schon ca. vor 15 Jahren einsetzte. (Weinskandal, schau oba!)
Zumeist von den Eltern übernommene Gebäude und Weingärten wurden sukzessive in Schuss gebracht, die Wein-Uni von Bedeutung steht in Geisenheim am Rhein, wo auch neuseeländische und kalifornische Jung-Unternehmer die Feinheiten der Weißweinbereitung erlernen. Dabei ist nicht nur die eher bekannte Moselregion und der Rheingau zu nennen, auch an der Nahe, der Ahr und am Kaiserstuhl wird konzentriert – nach deutscher Art eben – gearbeitet. In Vergleichsproben, die leidenschaftlicher nicht abgehen könnten – sind die Rieslinge der Wachau – oder des Kremstales – ihren deutschen Cousins manchmal über – und manchmal unterlegen – aber Wein taugt nicht zum Wettbewerb, wie wir wissen. Restsüße Weine – auch „feinherb“ genannt, gibt es, aber nicht in dem Ausmaß, wie früher.

In Österreich erhalten die Weine meist einen höheren Alkoholwert – und somit auch Druck, bei der Eleganz, vielschichtigen Frucht und Finesse haben – Codewort Schiefer – die deutschen Freunde die Nase vorn. Es herrscht reger Austausch untereinander, nicht selten profitieren die „Jungen Wilden“ mit dem unbedingten Willen zur Qualität voneinander.

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Alfred Walch

Jahrgang 1959, wohnhaft seit jeher in Inzing, verheiratet mit Veronika / Vroni – aus dem Hause Gastl. Zwei Kinder – Julia und Theresa – beide nun Therapeutinnen. Seit Jänner 2022 in Pension, langjähriger Leiter der Weinabteilung des Handelshauses Wedl. Interessen: Lesen, Kopfreisen und auch so, e-Radlfahren, etwas Bergsport, Kochen sowieso. Musik hören von Jazz bis Volxmusik, etwas Fotografieren, Europa kennenlernen. Leidenschaft: Wein und seine Geschichte(n) dazu. Seit ca. 35 Jahren mit der Sache beschäftigt. Wünsche: noch eine gute Zeit zu haben, politisch-sozialer Friede, Enkel aufwachsen sehen, ev. noch Französisch aufbessern, gute Literatur und das Geheimnis der Poesie finden…

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