28. April 2024
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Was ist schon normal?

Mit manchen – oft auch gedankenlos geäußerten – Begriffen kann man sich schnell die Finger verbrennen.
Lesedauer ca. 3 Minuten

Vor nicht allzu langer Zeit kam es zu heißen Diskussionen um das kleine Wort „normal“, das einer rechts stehenden hohen österreichischen Politikerin (die in Koalition mit einer noch viel weiter rechts stehenden, um nicht zu sagen fast schon rechtsradikalen, Partei ihre Macht fixierte) während einer öffentlichen Rede entkam.

Sei es nun unabsichtlich oder gewollt spielt keine große Rolle. Man hätte sich einfach entschuldigen können und das Ganze erklären, aber nein, ein großer Teil ihrer Parteifreunde bis hin zum Bundeskanzler verteidigten die Verwendung dieses Wortes im gesamten Kontext vehement – womit es erst so richtig zum Problem wurde. Übrigens hat auch der Kanzler selbst überraschend oft so eine „glorreiche“ Wahl von Worten oder Vergleichen.

Was heißt aber eigentlich „normal“ und ist es grundsätzlich gut oder sogar besser, „normal“ zu sein oder sich so zu verhalten?

Was schreibt Wikipedia zu „normal“:
https://de.wikipedia.org/wiki/Normal_(Begriffskl%C3%A4rung):

normal steht für:

In diesem Zusammenhang geht es also um den ersten und die letzten zwei Punkte, also erwartungsgemäßes Verhalten und Aussehen (oder sich zeigen) sowie um medizinisch-psychiatrisches Herausfallen aus der Mehrheit.

Das impliziert automatisch, dass eine Normalität nicht universell sein kann, sondern immer geprägt ist von der näheren und mittleren Umgebung. Von Gesetzen, von Kultur und Religion, von ortsüblichen Tätigkeiten und vielem mehr. Eine Person mit fast schwarzer Iris ist in Österreich etwa nicht normal. Ebenso wenig ist jemand normal, der oder die es wagt hochrangigen Persönlichkeiten öffentlich zu widersprechen oder gar sie zu kritisieren. Noch ist das zwar erlaubt, aber wer weiß …

Ein ganz normaler Blick in den Himmel, engmaschige Raster von Kondensstreifen (wie schön war doch die Anfangszeit von COVID als der ganze Himmel einfach nur blau war).


Man sieht schon, „normal“ zu sein, also in der Masse der Mehrheit mitzuschwimmen, ist nicht immer wirklich gut. Es gab immer Zeiten zu denen die schlimmsten Dinge „normal“ waren (Hexenverfolgung, Folter von Verdächtigen bis zum Geständnis, Verfolgung von Minderheiten, Ächtung von Fortschrittsgeistern wie etwa Galileo Galilei, Sklaverei, …), und es wird auch weiterhin leider immer wieder solche Zeiten auf verschiedenen Orten der Welt geben.

Daraus folgt allerdings nicht, dass es grundsätzlich besser ist „nicht normal“ zu sein. Ein vernünftiges Zusammenleben ist nur möglich, solange gewisse Regeln eingehalten werden und Rücksicht auf die Umwelt genommen wird, solange diese mitbetroffen ist. Auch wenn jeder Fortschritt mit unkonventionellen Denkweisen oder Handlungen begründet werden kann und muss, bleibt der Grundsatz erhalten, dass er nur dann gut sein kann, wenn der Einfluss auf die anderen nicht vorhanden oder mehrheitlich positiv ist.

Auch das ist leider neben allen Straßen und Wegen „normal“.

Bevor man also etwas, das einem abnormal vorkommt kritisiert oder gar verfolgt sollte man kurz nachdenken: Inwiefern betrifft es mich? Gefällt es mir nur nicht oder habe ich echte Nachteile? Hat diese Art zu Leben etwa gar Vorteile? Handelt es sich vielleicht nur um einen Ausdruck einer anderen Erziehung, wenn mein Nachbar viel offener und kontaktfreudiger ist als die Mehrheit?

Zusammenfassend gesagt steht es niemandem zu festzulegen was, oder was nicht, normal ist, und jede und jeder einzelne sollte vermehrt „leben und leben lassen“, sofern etwas nicht echte negative Einflüsse hat. Und wenn es so ist, kann meistens immer noch mit freundlichen Gesprächen viel ausgeräumt werden. Für die Politik jedenfalls sollte der Begriff „normal“ nicht nur keine Rolle spielen sondern eher tabu sein – die Politiker werden vom gesamten Volk für das gesamte Volk gewählt, ob normal oder nicht!

© Alle Fotos: Robert Pisch.

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Robert Pisch

Robert ist grafischer Facharbeiter in der Druckvorstufe und seit kurzem in Pension. Er hat zuletzt seit mehreren Jahren die grafischen Vorarbeiten für die Druckversion der DZ-Inzing erledigt. Als Mitglied von JUF, seit der Gründung dieser Fraktion, sitzt er die letzten Gemeinderatsperioden auch im Landwirtschaftsausschuss. Sein größtes Interessensgebiet ist die Natur und der Umgang mit ihr. Zusätzlich liebt er es, rein hobbymäßig, zu fotografieren und ist passionierter Fußgänger. In den letzten Jahren ist er auch auf den Geschmack und den Reiz von “Weitwanderungen” gekommen. In den sporadischen Beiträgen möchte er diese Interessensgebiete und daraus gewonnene Erfahrungen näher bringen und hofft dabei auch, die eine oder andere Diskussion “anzuzetteln”.

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Ein Gedanke zu “Was ist schon normal?

  1. Die Unterscheidung zwischen normal und nicht normal beginnt auch schon da, wo Menschen versuchen etwas schlichtweg weg zu positivieren: Wenn ein Mensch mit einer psychischen Erkrankung sagt, dass es ihm nicht gut geht und, weil man es ihm nicht ansieht, in die Schublade “Spinner” gesteckt wird. Da sitzt der Mensch dann da und denkt sich: “Muss ich mich für meine Krankheit rechtfertigen?” Nein. Das tut man dann freilich nicht, man will ja nicht krank sein. Und so lässt man das sich immer wie ein Vorwurf anhörende: “Du siehst aber gesund aus!” über sich ergehen und denkt sich: “Ja, im Gesicht, da fehlt mir ja auch nix!”

    Stellt sich dann die Frage: Wie hat ein Mensch auszusehen, der krank ist, damit er normal krank ist, damit es sich für das Gegenüber richtig anfühlt?…absurd!

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