16. April 2025
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Kletterer

Der Kleiber ist unser einziger heimischer Vogel, der mit dem Kopf nach unten den Baumstamm runter klettert. Foto: Robert Pisch
Lesedauer ca. 8 Minuten

Es gibt einige Vögel, die sich an steilsten Flächen festkrallen können, aber in unserer Umgebung findet man nur wenige, die so gut klettern wie die folgenden vier Singvogelarten. Alle vier bleiben im Winter normalerweise hier und ziehen höchstens bei Bedarf in tiefere Lagen.

Der Kleiber

In seiner Färbung kaum verwechselbar ist der Kleiber oder auch Spechtmeise genannt. Foto: Mario Schatz

Der auffallendste von allen Vieren ist sicherlich der Kleiber. Nicht nur, dass er sehr häufig seine erstaunlich lauten Rufe erklingen lässt ist er auch noch der einzige heimische Vogel, der mit dem Kopf nach unten die Baumstämme runter zu klettern imstande ist. Dabei geht er, anders als Spechte und Baumläufer, indem er sich mit einem Bein festkrallt während er das andere nach vorne setzt. Ja sogar an den Fütterungsstellen im Winter setzt er sich wenn möglich erhöht und pickt das Futter mit dem Kopf nach unten aus den Meisenknödeln.

Schnell fliegt der Kleiber von einem Stamm zum nächsten um ihn eingehend nach Insekten und deren Larven abzusuchen. Foto: Martin Schischkoff

Sein Verbreitungsgebiet umfasst ganz Europa, außer dem extremen Norden, und reicht bis weit nach Asien (besonders in Russland, dem Kaukasus und den türkischen Küstenstreifen. Im Großteil Europas ist er mit seinem Aussehen einzigartig und kann kaum verwechselt werden.

Ähnliche und verwandte Arten gibt es nur am Balkan und in der Türkei, sowie eine endemische Art auf der Insel Korsika. Endemisch bedeutet, dass ein Lebewesen nur in einem ganz speziellen, kleineren Gebiet vorkommt. In Österreich etwa besitzen wir nach derzeitigem Stand 166 endemitische Pflanzen und 575 Tiere die man nirgendwo anders finden kann.

Auffallend sind beim Kleiber auch seine sehr lauten Rufe, die man während dem ganzen Jahr hören kann. Besonders häufig natürlich im Frühjahr, wenn er sein Brutrevier verteidigen und Partner anlocken muss. Foto: Robert Pisch

Der Kleiber wird teilweise auch Spechtmeise genannt, da er oft auf spechtähnliche Weise sein Futter unter der Rinde oder sogar aus dem Holz hervorpeckt und in der Größe etwa einer Kohlmeise entspricht.

Als Höhlenbrüter ist er nicht übermäßig anspruchsvoll und nützt neben Spechthöhlen gerne auch natürlich entstandene Höhlen oder tiefe Nischen und auch Nistkästen. Ist das Eintrittsloch zu groß, so wird es mit Lehm verklebt und so verkleinert (daher der Name Kleiber). Sie legen meist 5 bis 9 Eier, die zwei bis zweieinhalb Wochen bebrütet werden. Die Jungvögel werden anschließend etwa 24 Tage lang gefüttert bevor sie auf sich selbst gestellt überleben müssen. In Tirol wird der Bestand auf 30.000 bis 50.000 Brutpaare geschätzt.

Schon der junge Kleiber ist recht ähnlich dem erwachsenen Vogel gefärbt. Foto: Mario Schatz

Kleiber sind sehr standorttreu und entfernt sich nur ganz selten aus der näheren Umgebung ihres angestammten Reviers. Die höhenmäßige Verbreitung geht vom Talgrund bis auf über 2000 m Seehöhe, wo er alte Wälder mit grobborkingen Rinden bevorzugt.

Der Mauerläufer

Ziemlich selten bekommt man, im Gegensatz zum Kleiber, den Mauerläufer zu sehen. Ihn findet man nicht auf den Bäumen, sondern an eher ruhigen, störungsarmen Stellen in den Felsen. Foto: Mario Schatz

Anders als Kleiber und Baumläufer findet man den Mauerläufer nicht auf Baumstämmen, sondern im Fels, wo er seine Nahrung, Insekten und sonstige Kleinlebewesen, in Ritzen und Nischen sucht. Sein Bestand in Tirol wird laut Brutvogelatlas auf etwa 350 Brutpaare geschätzt. Ansonsten kommt er in allen Gebirgen Europas und Asiens bis etwa nach China vor. In Europa findet man Bruten bis auf 3500 m Seehöhe, in Asien sogar bis auf 5000 m.

Durch seine versteckte Lebensweise in ruhigen, steilsten Felswänden und Schluchten ist er, trotz des auffallenden Aussehens, recht unbekannt. Der Körper ist mausgrau, mit sehr langem, leicht nach unten gebogenem Schnabel. Auffallend sind aber die breiten Flügel, mit viel kräftigem Rot und schwarzem Außenbereich mit großen weißen Punkten, die er ständig kurz öffnet. Im Prachtkleid hat das Männchen eine schwarze Kehle.

Keine Stelle ist diesem geschickten „Bergsteiger“ zu steil. Foto: Martin Schischkoff

Die Bruthabitate der Art sind im Allgemeinen unzugängliche, zerklüftete und spaltenreiche Felsgebiete. Wichtig sind eine unterschiedliche Besonnung während des Tagesablaufes, eingelagerte Graspolster oder sonstiger Bewuchs sowie die Nähe zu Wasser. Sehr windige Gebiete werden jedoch gemieden.

Sicher auch aufgrund seiner Schönheit kann man den Mauerläufer, wenn man sich die Bergwanderung sparen möchte, auch im Alpenzoo bewundern. Dieses Foto stammt allerdings vom Freiland. Foto: Martin Schischkoff

Mauerläufer sind das gesamte Jahr über territorial. Sie verteidigen ihre Brut- und ihre Winterreviere. Das territoriale Aggressionsverhalten beider Geschlechter nimmt im Winterhalbjahr zu. Artfremde Vögel, wie etwa der Hausrotschwanz, werden meist geduldet, artgleiche Rivalen versucht der Revierinhaber energisch zu vertreiben. Die fliegend ausgetragenen Kämpfe der Kontrahenten können heftig sein und zu schweren Verletzungen führen. Die Balz und die Paarbildung beginnen oft im Winterquartier.

Bei Bedrohung durch Raubsäuger zuckt der Mauerläufer sehr schnell mit den Handschwingen, beim Erscheinen von Greifvögeln verharrt er regungslos.

Nicht nur aus Gesteinsritzen, sondern auch im Flug erbeutet der Mauerläufer geschickt sein Futter. Foto: Martin Schischkoff


Auf Nahrungssuche hüpft oder fliegt er meist leicht schräg nach oben, wobei er nicht den Schwanz als Stütze einsetzt, sondern seinen Körper eng an den Fels drückt und die Krallen einsetzt. Das ständige Zucken mit den Flügeln wird offenbar dazu benützt um Insekten aufzuschrecken, die meist mit seinem langen Schnabel aus Felsritzen gestochert, teilweise aber auch im Flug erbeutet werden. Zur Nahrungssuche werden auch Steinchen umgedreht oder Engstellen mit dem Schnabel erweitert. Die Jungen werden ausschließlich mit kleinen Insekten und Spinnentieren gefüttert. Zum trinken lässt er nach Möglichkeit die Wassertropfen direkt von oben in den geöffneten Schnabel tropfen.

Und hier noch mit einer Spinne, die seine volle Aufmerksamkeit bekommt, ohne dass er sich besonders aufs Klettern konzentrieren müsste. Foto: Martin Schischkoff


Aufgrund der schweren Beobachtbarkeit gibt es noch immer viele offene Fragen zu seiner Lebensweise und seinem Verhalten. Ebenso wird auch sein Verwandtschaftsverhältnis zu Kleibern und Baumläufern immer noch heftig diskutiert.

Der Gartenbaumläufer

Die zwei heimischen Baumläuferarten sind am Ruf besser zu unterscheiden, als rein optisch. Hier haben wir einen Gartenbaumläufer vor uns. Foto: Mario Schatz


Die zwei Arten von Baumläufern, die in unserem Gebiet vorkommen, sind wieder einmal optisch sehr schwer zu unterscheiden. Findet man im Talbereich eher den Gartenbaumläufer häufiger, so ist es in höheren Lagen eher der Waldbaumläufer. Am besten gelingt die Unterscheidung aufgrund des, nicht sehr lauten, Rufes. Weitere Merkmale sind der längere Schnabel des Gartenbaumläufers, die längere Hinterkralle des Waldbaumläufers, der meist eher schmutzigweiße Unterbauch und die deutlichen weißen Punkte am Oberflügel des Gartenbaumläufers, der auch öfter die Beine seitlich über den Körper hinaus gegrätscht hält, wenn er am Stamm nach oben klettert.

Was beide Baumläufer gemeinsam besitzen ist die perfekte Tarnfärbung, die sie, wenn man nur den Rücken sieht, am Baumstamm beinahe unsichtbar macht.

Auch die Baumläufer (hier Gartenbaumläufer) klettern gerne auf Baumstämme. Im Unterschied zum Kleiber aber nie mit dem Kopf nach unten. Sie fliegen üblicherweise tief unten zum Stamm und bewegen sich dann ruckartig nach oben, bis sie anschließend wieder tief unten zum nächsten oder auch wieder zum selben Stamm fliegen. Foto: Mario Schatz


Auffallend bei den Baumläufern ist ihr Kletterverhalten. Dabei fliegen sie, meist recht weit unten, an den Baumstamm und klettern dann, oft spiralig, mit ruckartigen Bewegungen nach oben, bis sie dann erneut, am selben Stamm oder zum nächsten Baum nach unten fliegen. Baumläufer klettern wie Spechte indem sie sich mit den steifen Schwanzfedern abstützen und mit beiden Beinen gleichzeitig hochspringen. Auf diese Art suchen sie die Rinde nach Insekten und deren Larven ab. Im Winter nehmen sie allerdings auch recht gerne Samen aus Futterstellen an, die sie bevorzugt am Boden sammeln und eher selten direkt bei der Futterstelle.

Im Gegensatz zum Kleiber können Baumläufer nicht mit dem Kopf nach unten klettern.

Hier sieht man die kleinen Unterschiede zwischen diesem Gartenbaumläufer und den Waldbaumläufern. Der Gartenbaumläufer hält die Beine recht gerne gegrätscht, was sein Verwandter kaum tut. Er hat einen längeren Schnabel und eine kürzere Hinterkralle. Der Unterbauch ist oft nicht rein weiß wie es beim Waldbaumläufer meist der Fall ist und an den Außenfedern des Oberflügels (hier ungefähr in der Mitte des Flügels zu sehen) hat er deutliche weiße Punkte an den Federspitzen. Foto: Robert Pisch


Der Gartenbaumläufer ist in ganz Europa, mit Ausnahme Russlands und der baltischen Staaten sowie Irlands und Großbritanniens, bevorzugt auf Laubbäumen anzutreffen. In Tirol geht man von etwa 250 bis 400 Brutpaaren aus, die man fast nur im Inntal und meist in Gewässernähe vorfindet..

Im Winter sucht er sehr gerne auch unter den Futterstellen nach Samen und Insekten, manchmal kommt er aber auch zur Futterstelle selbst.. Foto: Robert Pisch


Die Brutzeit erstreckt sich von März bis Juli. Gartenbaumläufer ziehen ein bis zwei Bruten pro Jahr groß.

Das Nest wird aus Reisig, Halmen, Moos, Tierhaaren und Federn in Baumspalten und hinter loser Rinde gebaut. Das Innere des Napfes wird mit Federn, Rindenfasern und Wolle ausgekleidet. Beide Elternvögel sind am Nestbau beteiligt. Das Weibchen legt fünf bis sieben Eier. Es brütet nur das Weibchen, die Brutzeit beträgt bis 13 bis 15 Tage. Nach weiteren 14 bis 15 Tagen verlassen die Jungen das Nest. An der Versorgung der Jungvögel sind beide Elternvögel beteiligt. Die Geschlechtsreife tritt nach einem Jahr ein.

Sehr gut kann man hier sehen wie gut getarnt die Baumläufer sind, wenn sie eng an die Baumrinde gepresst verharren und nur der Rücken sichtbar ist. Foto: Robert Pisch


Der Waldbaumläufer

Wie erwähnt ist der hier abgebildete Waldbaumläufer kaum vom Vorigen zu unterscheiden. Den besten Hinweis bietet oft die Seehöhe. Findet man in Tallagen deutlich häufiger den Gartenbaumläufer, so ist ab etwa 1000 m Seehöhe der Waldbaumläufer viel häufiger. Foto: Robert Pisch

Die geringen Unterschiede zum Gartenbaumläufer sind schon bei diesem erwähnt. Im Gegensatz zu diesem findet man den Waldbaumläufer besonders in Nadel- und Mischwäldern und eher in höheren Lagen. Er bevorzugt auch dichter bewaldete Gebiete. Bei uns in der Gaisau kann man beide Arten finden, wobei aber der Gartenbaumläufer der weitaus häufigere ist. In Tirol geht man von etwa 20.000 bis 30.000 Brutpaaren aus.

Die Gesamtverbreitung des Waldbaumläufers reicht von Frankreich bis an die Ostgrenze Asiens in einem Streifen besonders über die gebirgigen Regionen.

Schön sieht man den kürzeren Schnabel und die besonders lange Hinterkralle. Der Bauch ist fast rein weiß und die Flügelpunkte sind weniger markant und eher Striche. Foto: Robert Pisch

Ernährung und Brutpflege entsprechen weitgehend seinem Vetter, dem Gartenbaumläufer. Wie dieser frisst er hauptsächlich Insekten und Spinnentiere, besonders im Winter aber auch Samen. Waldbaumläufer sind mit 1 Jahr geschlechtsreif und können bis zu 7 Jahre alt werden.

Noch einmal die Tarnung. Wenn er sich nicht bewegt wird er kaum entdeckt. Foto: Robert Pisch

Die meisten Daten entstammen aus Wikipedia und dem Brutvogelatlas Tirols.
© Alle Fotorechte verbleiben bei den jeweiligen Fotografen.

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Robert Pisch

Robert ist grafischer Facharbeiter in der Druckvorstufe und seit kurzem in Pension. Er hat zuletzt seit mehreren Jahren die grafischen Vorarbeiten für die Druckversion der DZ-Inzing erledigt. Als Mitglied von JUF, seit der Gründung dieser Fraktion, sitzt er die letzten Gemeinderatsperioden auch im Landwirtschaftsausschuss. Sein größtes Interessensgebiet ist die Natur und der Umgang mit ihr. Zusätzlich liebt er es, rein hobbymäßig, zu fotografieren und ist passionierter Fußgänger. In den letzten Jahren ist er auch auf den Geschmack und den Reiz von “Weitwanderungen” gekommen. In den sporadischen Beiträgen möchte er diese Interessensgebiete und daraus gewonnene Erfahrungen näher bringen und hofft dabei auch, die eine oder andere Diskussion “anzuzetteln”.

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