Vielles Vignes – vs. Alte Reben
Was ist dran an der Bezeichnung?
Seit längerem verwenden einige (hoch)wertige Betriebe in Frankreich den Ausdruck „Vielles Vignes“ was soviel sie „alte Reben“ heisst. Da der Begriff nirgends definiert bzw. als geschützt angesehen wird, kann man nicht bindend von einem „höherwertigen“ Produkt ausgehen. Meistens will man innerbetrieblich den Inhalt der bezeichneten Flasche als „besser“ – und natürlich auch teurer anbieten. Auch bei uns kommt man – öfter auch aus marketingtechnischen Gründen – auf die Idee „Alte Reben“ auf das Etikett zu schreiben.
Für die Qualität des Weines sind jedoch neben dem Rebstockalter auch noch einige andere Parameter wie Pflege, Exposition, Ertrag, terroir allgemein und der Jahrgang an sich wichtig. Bei näherer Ansicht muss man jedoch zugeben, dass „alte Reben“ zumindest 20 – meistens jedoch über 40 Jahre alt sind und auch entsprechend weniger Ertrag ergeben. Das Rebalter ist jedoch sehr gebietsspezifisch zu sehen. In manchen Weingegenden wie der südlichen Rhone oder dem katalonischen Priorat wird auf kargen Böden nur 1 – 2 Trauben pro Stock geerntet.

Somit ist – bei weitem Pflanzabstand – die Rebe kaum belastet und bringt bei entsprechendem (Gobelet-) Schnitt und Nährstoffversorgung die Rebe regelmäßigen Ertrag –und das bei einem gemischten Rebstockalter von 60 bis 100 Jahren!


Meiner Erfahrung nach sollte man sich ohnehin auf das Qualitätsprofil des Herstellers verlassen – den man vielleicht schon kennt. Mit einigen Weinfreunden besuchten wir vor Jahren besagtes Bergland des Priorats. Hier waren auf trockenen Höhenlagen Weingärten mit einem Durchschnittsalter von 60 und 80 Jahren keine Seltenheit. Die Weine strotzen natürlich von Mineralität und Konzentration. Die wenigen Trauben besitzen aber auch aufgrund der Rebsorte Garnacha/ Grenache dicke Schalen, die dem Wein sein Gepräge geben. Man kann davon ausgehen, dass die Reben tief im Schiefer wurzeln – ähnlich wie am oberen Douro (Portugal), im Faugeres / Languedoc oder im Chateauneuf der südlichen Rhone.

Auch muss man davon ausgehen, dass, wenn ein Rebstock einmal etwas angeschlagen ist, er durch einen jüngeren derselben Sorte ersetzt wird – so ist zumeist der Lauf der Dinge. Als einer der ältesten Rebstöcke der Welt wird interessanterweise die „Black Hamburg“ im britischen Schloss Hampton Court angesehen – sie lebt seit 1768 in einem eigenen Glashaus zur Freude der Besucher und „gardeners“ und erbringt noch ca. 300 kg Trauben. Auch im Turmhof der Familie Tiefenbrunner im Südtiroler Entiklar soll der Weinstock am Haus über 250 Jahre alt sein und im Nachbarort Magreid befindet sich die Urrebe, die nachweislich anno 1601 gepflanzt wurde und am Augustinhaus in der Grafengasse noch immer für Erstaunen und Früchte sorgt. Wird wohl was zu erzählen haben – übrigens ein ausgesprochen stimmiges Unterländer Dorf, das auch die Familie Lageder mit ihrem Schloss Hirschprunn ein wiederbelebtes Denkmal gesetzt hat.

Also ehrlich – zumeist sind Weine, die als „vielles vignes“ bezeichnet werden, ausdrucksvoll und wertig, sofern man Dichte und Konzentration sucht. Eleganz und Fruchtklarheit kann man auch von einem 20-jährigen Rebstock erwarten. Generell kann man in Österreich im Schnitt von einem Weingartenalter von bis zu 30 Jahren ausgehen – beginnend mit 10 Jahren sind die Erträge stabil. Ab 40 Jahren geht der Ertrag merkbar zurück, die Qualität der Ware steigt allerdings.
Wie ein uralter Baum hat auch ein Methusalem von Rebstock eine Aura, die einem Respekt und Demut abverlangt – und somit soll er auch – wie ältere Menschen – gut gepflegt werden, um seine Geheimnisse zu erfahren.
Also – bis dann und Salut – euer Alfred Walch