19. März 2024
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Corona, die Zweite …. weiterhin Fragen über Fragen

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
Lesedauer ca. 5 Minuten

Einschränkungen – Krankheit – mehr Staat – weniger Staat – Eigenverantwortung –  Verantwortung für mich – Verantwortung für andere – Mehrheitsrechte – Minderheitsrechte – Mehrheitspflichten – Minderheitspflichten – Unsicherheiten – Ängste – Demokratie – Diktatur  – Machen, was ich will  – Machen, was ich  soll  – Risikogruppen  schützen – Risikogruppen  absondern – testen – Quarantäne – Symptome – keine Symptome – Übertragung – Ansteckung – Langzeitfolgen – Bettenkapazitäten – Isolation – psychische Folgen – wirtschaftliche Folgen – gesellschaftliche Folgen – nur negative Veränderungen? – politische Fehler – politisch kluges Handeln – …   

Corona, die Zweite …. weiterhin Fragen über Fragen

In den vergangenen Wochen hatte ich regelmäßig einmal pro Woche aktuell den Impuls: „Jetzt: Go, schreib` ich meinen Dorfzeitungs-Artikel.“ Dann ist mir `was dazwischen gekommen und am nächsten Tag kam mir die Idee, die ich „gestern“ verschriftlichen wollte, schon wieder „sehr überholt und veraltet“ vor … 😉   

Das geht nun seit mehreren Wochen so. Deshalb schreibe ich jetzt meinen Beitrag, im Wissen und der Vermutung, dass es am Erscheinungstag unter Umständen schon wieder „überholt und veraltet“ erscheint. Also, zur zeitlichen Einordnung: Heute ist Donnerstag, 22.10.2020…  Nein, sorry, heute ist Sonntag, 25.10.2020

Aktuell ist “die Ampel” auf rot, dies und das soll man tun bzw. unterlassen. Bis ins letzte Detail sind noch nicht 100%ig alle Maßnahmen im Einzelfall ge- und erklärt und es gibt nach wie vor Unsicherheiten in der Umsetzung. Eh wie bei „Corona, die Erste“ auch schon.

Was sich ziemlich deutlich herauskristallisiert, ist die Tatsache, dass diese für uns alle neuartige, globale Situation unterschiedliche Gesellschaftsgruppen ganz unterschiedlich (be-)trifft.

Schüler*innen wissen wieder nicht, wie und ob sie maturieren oder die aktuelle Klasse absolvieren können. Ihre Eltern wissen nicht, wie sie home-schooling und home-office unter einen Hut bringen sollen.

o) Wenn man gerade nicht Schüler*in bzw. Eltern schulpflichtiger Kinder oder Lehrperson ist, (be-)trifft eine*n das gerade nicht.

Sperrstundenvorverlegung in der Gastronomie ist eine Herausforderung für jene Personen, die in dem Bereich arbeiten und die gerne abends länger als die erlaubte Sperrstunde ihren Wunsch nach sozialem Leben befriedigen wollen.
o) Früheinschläfer*innen (be-)trifft das nicht.

Menschen, die in Betreuungseinrichtungen wohnen oder aktuell im Krankenhaus sein müssen, müssen auswählen, welche zwei Personen pro Tag sie besuchen dürfen und wer nicht ….
o)  (Aktuell) Gesunde Menschen (be-)trifft das nicht.

Manchmal wird es sogar zutreffen, dass man sich in keiner oder womöglich in allen oder mehreren Zielgruppen wiederfindet.

Freunde und Freundinnen haben mir erzählt, sie sind bereits in Pension, haben das Glück, ein Häuschen ihr Eigen nennen zu können – haben somit jederzeit einen Zugang zu einem Garten, verfügen mit ihrer Pension über ein gesichertes Einkommen und fühlen sich ganz individuell nicht sehr eingeschränkt.

Andere Freunde und Freundinnen erzählen, sie seien sehr gefordert, da ihre Kinder alle im schulpflichtigen Alter sind und zwar alle vier in unterschiedlichen Schulstufen und das oft über ihre Grenzen geht, wenn alle zuhause ihrer Schulpflicht nachkommen sollen und sie gleichzeitig – als Selbstständige – auch zuhause ihren Arbeitsplatz haben und das Internet ständig abstürzt, ständig ein Kind `was braucht ….

Wieder andere sind ganz unglücklich, weil sie zum zweiten Mal sehr in die Ungewissheit „fallen“, ob sie ihre Enkelkinder und Kinder im Ausland regelmäßig live sehen können und oder ob sie ihre Arbeitsstelle behalten werden.

Und dann gibt es welche, die sagen, so gut verdient wie jetzt haben sie noch gar nie. Der Markt für Miet-Wohnwägen zum Beispiel brummt!

Mitten in einer Situation ist es …

– tautologisch, also selbsterklärend – unmöglich, einen Außenblick zu haben, weil man sich eben mittendrin und somit nicht gleichzeitig außerhalb befindet.
Soll heißen, wir sind global alle ausnahmslos gerade mittendrin. Wir können jetzt (!) noch nicht wissen, wie wir alles beurteilen und einschätzen werden, wenn wir “danach” – so es das geben wird – wieder „draußen“ sind – und wir wissen nicht mal, was „draußen“ bedeuten wird. Niemand kann aktuell ehrlicherweise eine Sicherheit anbieten.

Mir scheint, Corona stellt – wie unter einer Lupe – dar, was vorher auch schon so war, aber nicht ganz so offensichtlich.
Es gibt in unserer Gesellschaft global, in Österreich, in unserem Dorf lauter verschiedene Kleingruppen, die sich mit lauter verschiedenen Alltagsherausforderungen herumschlagen. Mit und ohne Corona. Das ändert sich im Laufe der eigenen Lebenszeit. Es ist gut für die Gemeinschaft und kann das eigene Leben bereichern und spannender gestalten, mal über den gewohnten Tellerrand in einen anderen Teller zu blicken. Nach dem Motto: „Was hast du in deiner Suppe?“

Jemand mit einer schweren chronischen Erkrankung hatte auch vor Corona bereits – im Vergleich zu anderen Kleingruppen – ein Leben mit einschränkenden Maßnahmen. Ein vollblinder Freund von mir erzählt mir zum Beispiel, dass viele seiner “Einschränkungs-genoss*innen” sich außerhalb ihrer vier Wände sehr unsicher fühlen und sich daher häufig auf diese vier Wände ziemlich beschränkt fühlen.

Betagte und vielleicht demente Menschen und/oder traumatisierte Menschen hatten eventuell auch vor Corona mit „Ausgangsperren aufgrund von Krankheitssymptomen“ ihren Umgang zu finden.

Damit will ich nicht kleinreden, was es jetzt für aktuell schwerstbetroffene Gruppen an (Über-)Forderung bedeutet. Ich will damit zusätzlich darauf hinweisen, dass bereits vor Corona in Österreich wie weltweit Menschen von schweren Bedrohungen und Unsicherheiten ihres täglichen Lebens betroffen sind und waren und vielleicht jetzt Möglichkeiten und Ideen gefunden werden, die passende Lösungsvorschläge für mehrere unserer global drängenden Fragen ergeben. Hunger, Umweltbedrohungen, Klimaerwärmung, Erkrankungsübertragung von Tieren auf Menschen aufgrund vielverbreiteter artungerechter Tierhaltungen… Die Erde ist ein Gesamtsystem, wo alles wechselseitige Auswirkungen aufeinander hat. Corona reiht sich hier ein und hält sich ebenfalls an keine Staatsgrenzen.

Ein Unterstützungsansatz kann – wie immer in Krisen – eine verstärkte Solidarität mit- und untereinander sein, auch und vor allem, wenn “ich” aktuell gerade nicht (besonders) betroffen bin.

Eine Unterstützung in dieser unsicheren Coronazeit kann sein, für die ältere Nachbarin oder den älteren Nachbarn einkaufen zu gehen, die und der sich nicht zu sehr in öffentlichen Räumen aufhalten soll, weil sie zur Risikogruppe zählen und niemanden anderen haben, der für sie einkaufen geht … wie schon zu Beginn der Epidemie viel an Zusammenhelfen gut funktioniert hat.

Eine andere Unterstützung kann sein, Kinder im home schooling zu unterstützen, damit die Eltern arbeiten gehen können.

Eine weitere Unterstützung kann sein, vor Ort statt über Amazon einzukaufen, um die Arbeitsplätze vor Ort zu stützen und sich beim Gasthaus vor Ort etwas zum Abholen zu bestellen, damit es nicht zusperren muss.

Nachdenken und reden ist wichtig und hilfreich – aktives Tun ebenfalls und beides widerspricht sich nicht.

Auch die tages-politische Debatte zu Corona erscheint sehr interessant.

Zusammengefasst: Alle wollen Sicherheit, allein – die gibt es nicht.
Nicht, weil uns diese jemand vorenthält, sondern, weil es sie zur Zeit einfach nicht gibt.
Aber das Bedürfnis nach Sicherheit ist verständlicherweise sehr groß und die Fähigkeit, mit Unsicherheit umzugehen, muss teilweise erst wieder kultiviert werden.

Was ebenfalls augenscheinlich ist und sehr zu denken geben sollte, sind die enormen gesellschaftlichen Spalttendenzen zwischen Verfechter*innen der Verschwörungstheorien und denjenigen, die die Maßnahmen auch für eine Demokratie als akzeptabel einstufen.

Dazu gab es kürzlich in Ö1 einen Beitrag, in dem ein erfahrener, weltbereister Journalist eindrücklich formulierte: “Nein, wir leben nicht in einer Diktatur – das ist eine Verharmlosung der Auswirkungen auf Menschen, die in Diktaturen leben, wo gefoltert wird, Menschen “einfach” verschwinden und politische Diskussion und Opposition per staatlicher Gewaltanwendung unterbunden wird.”  

… Also, es gäbe noch viel mehr zu sagen …. nachzudenken … wieder zu revidieren und neu zu bedenken …. wie gesagt, Sonntag, 25.10.2020 –  Vielleicht schon übermorgen wird wieder alles ein wenig anders zu beurteilen sein….

Und nun hier als Abschluss, ganz etwas Anderes

– und doch wird sich am Ende der rote Faden zeigen: Randnotiz zum Thema “*”: Bürger*innen, Verfechter*innen, Demokrat*innen , Nachbar*innen, …

Man könnte sich nach der Lektüre dieses Textes am Rande fragen: “Was soll – zum Henker – dieses umständliche Geschreibsel mit diesem  “*” … ?!?

Das ist die aktuelle state-of-the-art-Schreibweise, um möglichst alle verschiedenen Menschentypen, die weiblichen, die männlichen, die diversen, miteinzubeziehen.

Um auch jene Menschen und deren Alltagsherausforderungen nicht unter den Tisch fallen zu lassen, die aufgrund ihrer zielgruppenspezifischen Seinsweise mit diesem und jenem konfrontiert sind, was andere Zielgruppen gerade nicht (be-)trifft …. Hier verbinden sich die verschiedenen roten Fäden:  Wenn ich möchte – was absolut verständlich und legitim ist – dass ich mit meinen speziellen coronabedingten Problemen ernst genommen werde, wenn es auch nicht alle gleichermaßen betrifft, kann ich das nur fairerweise einfordern, wenn ich auch meinerseits aktiv dazu bereit bin, mich mit spezifischen Problemen von anderen Menschen solidarisch zu beschäftigen, auch, wenn diese Probleme mich (aktuell?) nicht (be-)treffen.

Corona hängt mit anderen Gesellschaftsthematiken zusammen, wie eben alles miteinander zusammenhängt….  Die Erde ist ein globales Ökö-System. Die Menschheit ist ein globales Sozialsystem…. 



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Astrid Hofmüller

Astrid lebt seit 18 Jahren in Inzing. Sie ist Mitglied des Klimabündnisses, des Sprachcafes und des FKFI in Inzing. Eine besondere "private Vorliebe" hegt sie für den gepflegten Sinn für feinsinnig-kritischen Humor und verfolgt leidenschaftlich, wenn auch vor allem von zuhause aus - die heimische Kabarettszene ... was das nun konkret für sporadische Beiträge in der Dorfzeitung bedeutet, wird sich weisen ... ;-) Getreu dem Motto von Karl Valentin:" Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen."

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2 Gedanken zu “Corona, die Zweite …. weiterhin Fragen über Fragen

  1. Ist es romantisch, gemäßigt oder einfach situationsbedingt verhältnismäßig, sich auf diese Form der Solidarität zu berufen?

    Diese Solidarität, betrifft sie nur das menschliche Zusammenleben oder auch das Grundkonzept Demokratie?

    Wie gerecht, ungerecht und angebracht ist es derzeit, vom staatlichen Souverän die selbe Solidarität mittels Transparenz, Aufklärung, Bürgernähe zu fordern?

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