29. März 2024
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Reptilien – Teil 1: Schildkröten und Echsen

Mauereidechsen-Pärchen, links weiblich, rechts männlich. Neuzuwanderer die in Inzing erst seit wenigen Jahren vorkommen (in Zirl und besonders in Innsbruck schon sehr lange) sich aber sehr rasch ausbreiten.
Lesedauer ca. 8 Minuten

Die Reptilien (oder Kriechtiere) sind in mehrerlei Hinsicht etwas besonderes. Erstens was ihre Beliebtheit betrifft, so sind Schildkröten und Eidechsen eher bei den meisten Menschen beliebt – im Gegensatz dazu zählen die Schlangen mit zu den unbeliebtesten Tieren überhaupt. Zweitens handelt es sich bei ihnen um eine willkürlich zusammengestellte Gruppe. Sind doch etwa die Krokodile und Alligatoren viel näher mit den Vögeln verwandt als mit allen anderen Reptilien. Und drittens gibt es kaum eine andere Wirbeltiergruppe bei der in den letzten Jahren und Jahrzehnten nur annähernd so viele Korrekturen und teilweise Grundsätzliche Änderungen in den Verwandtschaftsbeziehungen nötig waren als bei ihnen. Was vor 30 oder 40 Jahren noch gültig war ist heute nur noch in kleinen Spuren erkennbar. Aber genau das bietet ja auch einen großen Reiz, wenn man die neuen Erkenntnisse so überdeutlich sieht.

Von den zur Zeit anerkannten 11.570 Reptilienarten, die es weltweit gibt, kommen in Europa etwa 280 vor und von denen wiederum nur 15 in Österreich (eine davon gilt als bei uns ausgestorben!) und 8 in Nordtirol. Alle Heimischen Arten gelten mehr oder weniger als gefährdet, einige sogar als vom Aussterben bedroht. Hauptursache für die Gefährdung ist zum Teil die direkte Verfolgung durch den Menschen oder seine Haustiere (z.B. Katzen) und den Straßenverkehr aber viel stärker wirkt sich der Verlust des Lebensraumes aus. Der beste Schutz kann nichts retten, wenn der geeignete Lebensraum zerstört und vernichtet werden darf (und das sogar noch gefördert wird!) und die letzten Reste mit Giften (Insektizide, Pestizide, Unkrautvernichtungsmittel, etc.) unbewohnbar gemacht werden. Jeder Inzinger, der noch in Zirl in der Hauptschule war (also nur noch die Älteren unter uns) weiß wie viele Zauneidechsen entlang des Bahndammes lebten. Heute gibt es keinen Platz mehr an dem man verlässlich eine Zauneidechse findet, auch wenn sie zum Glück noch vereinzelt vorkommen. In dieser Hinsicht haben es Gebirgsbewohner wie die Bergeidechse oder die Kreuzotter (die jedoch im Inzinger Ortsgebiet NICHT VORKOMMT) leichter.

Die Europäische Sumpfschildkröte

In Tirol ist sie nicht vertreten, jedoch kann man sie in Ostösterreich noch vereinzelt finden. Abgesehen vom stark begrenzten Lebensraum, nämlich stehenden oder langsam fließenden Gewässern mit starkem krautigen Bewuchs und schwimmendem Totholz als Raststätte, wird sie auch von ausgesetzten Zierschildkröten (besonders der amerikanischen Schmuckschildkröte) verdrängt, die größer werden, sehr aggressiv sind und unsere Winter oft überleben können. Die Europäische Sumpfschildkröte kann man von Portugal und Spanien bis zur europäischen Ostgrenze hin finden.

Sie kann hervorragend schwimmen und tauchen, ist recht scheu und flieht überraschend flink. Wie alle Schildkröten legt sie Eier aus denen fertige und völlig selbständige Jungtiere schlüpfen. Wie fast alle (oder sogar alle) Wasserschildkröten lebt sie von Kleintieren und Fischen und ist nicht rein vegetarisch wie ihre landbewohnenden Verwandten.

Europäische Sumpfschildkröte, die einzige in Österreich vorkommende Schildkrötenart (Alpenzoo)

Schuppenkriechtiere (Echsen und Schlangen)

Die Blindschleiche

Auffallend bei der Blindschleiche ist die sehr glatte Beschuppung, der stumpfe Schwanz und, falls man es sieht, die Augenlider, die man bei keiner Schlange finden kann. Foto: Ingrid Bistan

Die Zunge der Blindschleiche ist nur sehr schwach gegabelt. Foto: Ingrid Bistan


Auch wenn sie eine schlangenähnliche Körperform ohne Beine hat zählt sie zu den Echsen, genauer zu den Schleichen, bei denen es alle Abstufungen der Rückbildung von Beinen gibt, von normalen vier Beinen über nur zwei stummelartige Beine bis zu beinlosen Arten wie eben unserer Blindschleiche. Auch ist bei den Schleichen der Bauch von kleineren Schuppen und nicht von breiten schienenartigen Schildern bedeckt.

Ihre Grundfärbung ist sehr variabel in Braun- oder Grautönen mit mehr oder weniger ausgeprägter Zeichnung. Die Schuppen sind auffallend glatt, das Schwanzende ist stumpf auslaufend und der Kopf hebt sich kaum vom Körper ab. Im Gegensatz zu Schlangen haben Blindschleichen Augenlider. Die Zunge ist nur leicht gegabelt, sie züngeln jedoch auch, wie es bei Schlangen bekannt ist. Dieses Züngeln dient der Geruchsaufnahme indem die Zungenspitzen über das, am Gaumen sitzende, sogenannte Jakobsonsche Organ streichen.

Ihre Bewegungen sind steif und wirken etwas unbeholfen – weit weg von der Eleganz mit der sich die meisten Schlangen fortbewegen. Diese langsame Fortbewegung wird ihnen auch oft zum Verhängnis, wenn sie sich auf einer Straße, einem Feld- oder Forstweg befinden.

Die Blindschleiche bringt meist zwischen 7 und 15 lebende Junge zur Welt und ist dadurch etwas flexibler was die Ansprüche an ihren Lebensraum betrifft. Am häufigsten findet man sie an Waldrändern oder bei lockeren Steinmauern und sie lieben dichte Bodendeckung durch Farne, Laub und dichte Kräuterbestände. Sie frisst hauptsächlich Nacktschnecken und Regenwürmer, aber auch andere nicht zu schnelle kleine Bodenbewohner.

Zauneidechse (und Smaragdeidechsen)

In der Folge werden die Echten Eidechsen behandelt, und die früher bei uns häufigste davon war die Zauneidechse. Eine mittelgroße leicht plump wirkende Eidechse, die in mehreren Unterarten über weite Teile Europas verbreitet ist. Sie lebt besonders in Tallagen und genau das ist ihr Problem, denn in diesen Lagen wird ihr Lebensraum immer kleiner und zerstückelt. Wie auch alle folgenden Eidechsen hat sie am Schwanz eine Sollbruchstelle, an der sie ihn bei Gefahr abwerfen kann und so potentielle Feinde oft verwirrt, weil der verlorene Schwanz noch einige Zeit weiter zuckt und sich ringelt. Der Schwanz wächst anschließend wieder nach, aber nie zur originalen Länge.

Die Weibchen tendieren eher in bräunliche Farbtöne, während Männchen meist eher ins Grünliche tendieren. Diese sind auch deutlich größer und kräftiger gebaut, mit einem massiven Kopf.

Die viel größere aber sonst ähnlich gebaute Östliche Smaragdeidechse hat deutlich weniger Körperzeichnung und erscheint häufig beinahe einfärbig grün zu sein, zur Paarungszeit im Frühjahr hat sie oft eine blaue Kehle. Man findet sie in Ost- und Südösterreich (eventuell auch noch in Osttirol) und die Westliche Smaragdeidechse von Südtirol südlich und westlich (Italien, Schweiz, SW-Deutschland, Frankreich und Iberische Halbinsel). Diese ist nur vom Fachmann von der Östlichen zu unterscheiden. Bis vor wenige Jahre wurden die beiden Smaragdeidechsen nur als zwei Unterarten der selben Art behandelt.

Weibliche Zauneidechse. Gut sieht man die große Ohröffnung und den massigen, kräftigen Kopf. Auch der dunkle Mittelstreifen über der Wirbelsäule, beidseitig von hellen Streifen begrenzt, ist ein gutes Kennzeichen für die Zauneidechse.

Das selbe Exemplar wie oben. Hier sieht man das Längenverhältnis vom Körper zum Schwanz deutlicher und auch die Gesamtgröße kann besser abgeschätzt werden. Männchen sind oft noch etwas größer und besonders der Kopf ist kräftiger. Die Färbung geht deutlich stärker ins Grün.

Zauneidechsen Männchen in besonders grünem Kleid. (Free-Photo, Internet)

Im Vergleich dazu eine Östliche Smaragdeidechse. Die blaue Kehle ist meist nur während der Paarungszeit zu sehen. (Free-Photo, Internet)


Gute Fotos dieser drei Arten findet man auch unter:

https://www.eurolizards.com/lizards/lacerta-agilis/ (Zauneidechse)

https://www.eurolizards.com/lizards/lacerta-viridis/ (Östliche Smaragdeidechse)

https://www.eurolizards.com/lizards/lacerta-bilineata/ (Westliche Smaragdeidechse)

Bergeidechse (= Waldeidechse)

Viel kleiner und zarter gebaut als die Zauneidechse aber ähnlich den Jungtieren von dieser. Auch die Färbung weist meist weit weniger Kontrast auf und geht in die Brauntöne. Der Kopf ist auffallend zierlicher und kleiner im Vergleich zum Rumpf als bei der Zauneidechse und die Rückenschuppen sind wie bei dieser recht groß aber im Gegensatz zu dieser gekielt. Sie ist lebendgebärend, was in den klimatisch schwierigen Regionen in denen sie verbreitet ist wohl auch unbedingt nötig ist (es gibt auch Unterarten die Eier legen).

Diese Eidechse besiedelt weite Teile Europas und des nördlichen Asien, geht hoch ins Gebirge und auch weit in den Norden, ja sogar nördlich des Polarkreises kann man sie noch finden.

Besonders auffallend bei der Bergeidechse ist der zierlich wirkende Kopf. (Free-Photo, Internet)

Die Bergeidechse kann man, in unserem Ortsgebiet, an vielen Stellen oberhalb von etwa 1000 m Seehöhe antreffen. (Free-Photo, Internet)

Auch wenn eine gewisse Ähnlichkeit mit der Zauneidechse besteht ist sie doch kaum verwechselbar. Alleine das Kopf-Rumpf-Verhältnis und der bis fast zur Mitte beinahe gleich dick bleibende Schwanz sind ein deutliches Kennzeichen. (Free-Photo, Internet)

https://www.eurolizards.com/lizards/zootoca-vivipara/ (Bergeidechse)

Mauereidechse

Einen gänzlich anderen Körperbau weist die Mauereidechse auf. Sie ist in unserem Ortsgebiet ein Neuzugang der letzten paar Jahre und breitet sich entlang des Inntales recht schnell aus. In Innsbruck (besonders Hötting, Amras, neben und zwischen den Bahngeleisen, etc.) aber auch in Zirl konnte man sie schon vor Jahrzehnten finden.

Es handelt sich bei ihr um eine sehr schlanke, wendige und flinke Eidechse mit langem Schwanz und flachem, spitzem Kopf. Bevorzugt findet man sie auf Steinen und Mauern wo sie hervorragend klettert und Insekten jagt, aber sie gibt sich auch mit Baumstämmen und ähnlichem zufrieden. Sie ist nicht besonders scheu, wird jedoch der Fluchtabstand unterschritten, dann flieht sie blitzartig. Es gibt einige Unterarten, die teils sehr ähnlich, teils aber auch deutlich unterschiedlich gefärbt sind. Drei davon findet man in Österreich und bei uns im Inntal wird man wohl nur der Norditalienischen Unterart begegnen (alle Fotos wurden in Inzing aufgenommen).

Mittlerweile habe ich schon einige in der Gaisau, entlang des Bahndammes, neben dem Enterbach und sogar im eigenen Garten entdecken können. Bei unseren Mauereidechsen sind die weiblichen Tiere und die Jungen eher bräunlich und die männlichen kontrastreich grün und beinahe schwarz gezeichnet, meist mit blauen Punkten an beiden Seiten des Bauches. Die Körperschuppen sind sehr klein und sehen eher körnig aus.

Innerhalb Österreichs kann sie kaum verwechselt werden, außer mit der folgenden Art, der Kroatischen Gebirgseidechse. Europaweit gibt es aber eine ganze Reihe sehr ähnlicher Arten und daher ist es für eine genaue Bestimmung auch immer wichtig möglichst genau zu wissen, wo die Echse gefunden wurde.

Bei entsprechendem Interesse empfehle ich, einfach Mal die verschiedenen Arten die man bei den angegebenen Links findet anzusehen und zu versuchen eindeutige Kennzeichen zu finden.

Mauereidechsen sind hervorragende Kletterer. Die Körperbeschuppung ist so klein, dass sie eher körnig erscheint.


Männliche Mauereidechse. Gut zu erkennen sind die blauen Punkte am Bauchrand, der schlanke Körper, der flache, spitze Kopf und der lange Schwanz.  (Hier handelt es sich um die Unterart Podarcis muralis maculiventris = Geflecktbäuchige Mauereidechse)
Ein Mauereidechsen-Paar, das Weibchen Kopf nach unten und das Männchen mit seinem Kopf nach oben, auf einem alten Baumstumpf. Bei Störung verstecken sie sich blitzschnell in engen Rissen oder Klüften wie hier eine zu sehen ist.



Junge Mauereidechse auf einem Stein bei den OEBB-Geleisen. (Vergleiche die Schwanzringe mit dem zweiten Foto der Kroatischen Gebirgseidechse).

https://www.eurolizards.com/lizards/podarcis-muralis/ (Mauereidechse mit einigen Unterarten)

Kroatische Gebirgseidechse

Wie der Name schon sagt eher am Balkan zu Hause, aber auch noch im südlichen Kärnten zu finden. Es gibt sogar einen Nachweis aus dem Karwendel, wobei es sich hier vermutlich um eine von Menschen bewusst ausgesetzte Population handelt.

Auch wenn sie etwas kleiner und zierlicher als die vorhin vorgestellte Mauereidechse ist, so ist sie dieser doch recht ähnlich in Gestalt und Färbung. Bei der Kroatischen Gebirgseidechse ist jedoch die Kehle immer rein weißlich und ungefleckt, wogegen sie bei Mauereidechsen meist gefleckt oder orange ist. Weiters hat sie eine noch spitzere Schnauze als die Mauereidechse und, als vermutlich am ehesten immer zu sehendes Kennzeichen sind bei der Gebirgseidechse die Schuppenringe am Schwanz immer abwechseln ein breiter und ein schmaler Ring, wogegen sie bei der Mauereidechse alle etwa gleich breit sind.

Die Bergeidechse, die auch oft im selben Gebiet vorkommt, hat eine kürzere Schnauze und einen weit weniger gestreckten Körper.

Wie vermutlich bei allen Tieren muss man sie einige Male in der Natur gesehen haben um sie mit Sicherheit sofort erkennen zu können – das ist mir leider auch noch nicht geglückt.

Die Kroatische Gebirgseidechse, von Benny Trapp freundlicherweise im Internet zur Verfügung gestellt.
Besonders im vorderen Teil des Schwanzes, dort wo er über den Stein gebogen liegt, sieht man die abwechselnde Breite der Schuppenringe recht gut. Foto: Benny Trapp

https://www.eurolizards.com/lizards/iberolacerta-horvathi/ (Kroatische Gebirgseidechse)

Im zweiten Teil dieses Artikels über unsere Reptilien werden die Schlangen kurz beschrieben und einige Worte über Schlangenbisse, deren Gefährlichkeit, Erster Hilfe und weiterer Behandlung angefügt.

© Alle Fotorechte verbleiben bei den jeweils angegebenen Inhabern! Fotos bei denen kein Fotograf bzw. Internet genannt wird, sind von Robert Pisch.

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Robert Pisch

Robert ist grafischer Facharbeiter in der Druckvorstufe und seit kurzem in Pension. Er hat zuletzt seit mehreren Jahren die grafischen Vorarbeiten für die Druckversion der DZ-Inzing erledigt. Als Mitglied von JUF, seit der Gründung dieser Fraktion, sitzt er die letzten Gemeinderatsperioden auch im Landwirtschaftsausschuss. Sein größtes Interessensgebiet ist die Natur und der Umgang mit ihr. Zusätzlich liebt er es, rein hobbymäßig, zu fotografieren und ist passionierter Fußgänger. In den letzten Jahren ist er auch auf den Geschmack und den Reiz von “Weitwanderungen” gekommen. In den sporadischen Beiträgen möchte er diese Interessensgebiete und daraus gewonnene Erfahrungen näher bringen und hofft dabei auch, die eine oder andere Diskussion “anzuzetteln”.

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