29. März 2024
Newsletter   

Energie – Fragen über Fragen?

Bild von IADE-Michoko auf Pixabay
Lesedauer ca. 5 Minuten

Als Klimabeauftragter der Gemeinde Inzing bekomme ich immer wieder Anfragen aus der Bevölkerung. Drei Themen überwiegen. Hier ein Versuch, ein paar Antworten zu geben.

Warum?

Die Entwicklungen am Energiemarkt, vor allem die rasante Preissteigerung, ist momentan alles andere als nachvollziehbar. Warum muss ein von einem Ökostromanbieter bezogener Strom teurer werden, obwohl er doch explizit keinen fossilen Anteil hat? Warum gibt es überhaupt die Kopplung des Gaspreises mit dem Strompreis? Warum haben sich die Staaten in eine solche Energieabhängigkeit begeben? Ist die Energie tatsächlich das große Druckmittel, um auch einen Krieg zu entscheiden? Warum funktioniert unser Wirtschaftssystem nur durch Wachstum, der letztlich seine Grenzen haben muss? Werden wir über den Winter ausreichend Energie zum Heizen haben? Wie hoch fällt die nächste Gasrechnung aus?

Diese und viele weitere Fragen sind für mich völlig unklar zu beantworten und übersteigen bei weitem meinen Horizont. Was aber klar scheint, ist, dass wir nicht nur aufgrund der gestiegenen Energiepreise, sondern auch oder besser gesagt vor allem um den CO2-Ausstoß einzudämmen, etwas unternehmen sollten. Und zwar so schnell, wie möglich.

Wie dringend es ist, rasch zu handeln, zeigt der folgende Artikel über die drohenden Auswirkungen des Klimawandels (Achtung: dies ist nichts für schwache Nerven):

Die Punkte, an denen das Weltklima zu kippen droht – Edition Zukunft – derStandard.at › Edition Zukunft

Zurück zu den drängenden Fragen, die sich wahrscheinlich viele Inzinger:innen momentan stellen.

Frage 1: Wird es in Inzing ein Carsharing mit Elektroauto geben?

Ich kann dem Gemeinderat nichts vorwegnehmen, aber ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass ein e-Carsharing kommen wird. Momentan wird im Ausschuss für Infrastruktur, Mobilität und Energie mit Hochdruck an einer Entscheidungsgrundlage für den Gemeinderat getüftelt. Es gibt mehrere Varianten, die geprüft werden. Es soll eine gute Möglichkeit sowohl für die Bevölkerung, als auch für Vereine oder sonstige Institutionen geben. Ein e-Carsharing ermöglicht es aus meiner Sicht auf ein Zweitauto und für Gelegenheitsautofahrer überhaupt auf das eigene Auto zu verzichten. Wer viel Öffi fährt, kann mit einem Leihwagen jene Wege bestreiten, für die ein Auto deutlich feiner ist (großer Einkauf, Strecken mit schlechten Öffi-Verbindungen und vieles mehr). Überhaupt glaube ich, dass es in Zukunft viel größere Vielfalt in der Mobilität geben kann. Für jede Strecke kann im Idealfall das geeignetste Fortbewegungsmittel gewählt werden. Für das Klima ist es von Vorteil, wenn so wenig fossile Antriebe, wie möglich unterwegs sind.

Zur Mobilität noch eine gute Nachricht: das VVT Klimaticket Tirol kostet für den zweiten Bezieher im gleichen Haushalt um 30% weniger und somit statt €519,60 nur noch €363,70. Ein Meldezettel muss beim Kauf vorgelegt werden.

PlusEins-Bonus • Verkehrsverbund Tirol (vvt.at)

Frage 2: Wie kann ich meine Gas- oder Ölheizung ersetzen? Kommt in Inzing eine Möglichkeit, auf Fernwärme umzusteigen?

Dies sind zwei Fragen, die unweigerlich zusammengehören. Gäbe es ein Fernwärmenetz, würde für viele Haushalte die Diskussion über den Ersatz der fossilen Heizung wegfallen. Auch hier kann ich nicht vorgreifen, ich schätze aber die Chance, dass in Inzing in naher Zukunft ein Fernwärmenetz für das ganze Dorf entstehen kann, für sehr gering ein. Dies hat vor allem technische Gründe. Die Siedlungsstruktur mit den vielen Einfamilienhäusern ist sehr schlecht für die Realisierung eines flächendeckenden Fernwärmenetzes. Auf den ersten Blick würden die Wärmeverluste durch die großen Abstände sehr groß ausfallen. Eine Fernwärmeanlage wäre sehr ineffizient. Möglicherweise gibt es aber Siedlungsbereiche im Dorf, die dennoch für ein Mikronetz geeignet wären. Dies muss jedenfalls genauer untersucht werden. Wasser Tirol bietet hier als Dienstleistung eine sogenannte Wärmeraumplanung an. Ziel der Planung ist die Erstellung einer Strategie für die Wärmeversorgung für das ganze Dorf.

Auf einen Fernwärmeanschluss zu warten, scheint momentan also nicht zielführend zu sein, wenn man die Gas- oder Ölheizung loswerden möchte. Als Alternativen stehen Pelletsheizungen oder Wärmepumpen zur Verfügung. Meine Empfehlung ist aber jedenfalls vor dem Heizungstausch das Haus thermisch zu sanieren, falls dies nicht ohnehin schon passiert ist. Durch thermische Sanierungen kann man den Heizwärmebedarf auf ein Minimum reduzieren. Beispielweise lässt sich der Ölverbrauch eines Hauses aus den 70-er Jahren von jährlich etwa 1500 – 2000 Litern Heizöl auf einen Energieverbrauch im Gegenwert von etwa 100-200 Liter Öl reduzieren.

Ein Austausch des Heizsystems ist nach der Sanierung sehr viel einfacher, da auch Luftwärmepumpen in einem gut sanierten Haus leicht zum Einsatz kommen können. Wichtig ist, dass die Vorlauftemperatur so gering wie möglich ist, damit die Wärmepumpe bestmöglich arbeiten kann. Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass ein Haus mit 135 m2 Wohnfläche mit lediglich 700 kWh Strom für die Wärmepumpe (entspricht der Heizleistung von 70 Litern Öl) gut zu beheizen ist.

Jedenfalls empfehle ich allen, die eine Sanierung oder einen Heizungstausch vorhaben, sich von einer Expert:in beraten zu lassen. Eine Energieberatung bei der „Energie Tirol“ im Ausmaß von 45 Minuten ist kostenlos buchbar. Eine Vorortberatung kostet € 180,-

Energie Tirol bietet zusätzlich etliche Online Infoabende an. Die Veranstaltungen werden virtuell über Zoom abgehalten und sind kostenlos. Beispielweise findet am 22.11. ein Infoabend zum Thema „DIE RICHTIGE HEIZUNG FÜR MEIN HAUS“ statt.

Energie Akademie Tirol – Infoabende für Bauleute (energie-tirol.at)

Natürlich kostet auch die Sanierung einiges an Geld. Aber sowohl der Heizungstausch als auch die Sanierung wird mit guten Fördermitteln unterstützt.

Infos dazu:

Förderung beim Heizungstausch vom Bund in der Höhe von 7.500,-

Sauber Heizen: „Österreich holt die Leichen aus dem Keller“ – BMK INFOTHEK

Förderung beim Heizungstausch vom Land Tirol. 25% der Investition

Biomasseanlagen, Wärmepumpen | Land Tirol

Förderungen bei der thermischen Sanierung durch das Land Tirol – diverse Förderungen möglich:

Sanierung | Land Tirol

Die Gemeinde Inzing ist übrigens schon dabei, im Rahmen der Umsetzung der Maßnahmen aus dem Klimaplan 2032, mit gutem Beispiel voran zu gehen. Auf dem Dach des Gemeindeamtes soll es eine PV-Anlage geben. Für den Tausch der Ölheizung für die beiden Schulgebäude gibt es bereits erste Überlegungen in Richtung Hackschnitzelheizung. Das Potential für die weitere Nutzung von Wasserkraft soll analysiert werden. Außerdem gehe ich davon aus, dass das neue Altersheim durch diverse Maßnahmen sehr wenig Energie von außen brauchen wird. Durch die konsequente Nutzung von Sonnenenergie und Erdwärme, gepaart mit einem sehr energieeffizienten Bauwerk wird dies gut möglich zu sein.

Frage 3: Gibt es in Inzing eine Erneuerbare Energiegemeinschaft (EEG)?

Derzeit gibt es keine erneuerbare Energiegemeinschaft in Inzing. Aus meiner Sicht ist auch keine Energiegemeinschaft geplant oder im Entstehen. Der Grund ist einfach: der momentane Marktpreis, der bei der Einspeisung von selbst erzeugtem Strom (z.B. aus einer Photovoltaikanlage) vergütet wird, ist so hoch, dass man kaum private Abnehmer finden wird, die diesen Markpreis innerhalb einer Energiegemeinschaft bezahlen werden. Diese Situation wird durch die Strompreisbremse bis Mitte 2024 so bleiben. Ich rechne also nicht damit, dass bis dahin (aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten) eine Erneuerbare Energiegemeinschaft gegründet wird.

Wer an die Gründung einer EEG denkt, dem empfehle ich die folgenden Infos auf der Homepage der Energie Tirol. Es gibt ein paar Dinge zu beachten, nach meiner Einschätzung ist eine kleine EEG (zwischen Nachbarn oder Verwandten) aber recht einfach zu starten.

Energiegemeinschaften – Energie Tirol (energie-tirol.at)

Auf dieser Seite ist auch ein einstündiges Video enthalten, das die Energiegemeinschaften bestens erklärt.

Gerne kann ich auch versuchen, Infos zu EEG’s geben. Bitte gerne melden (als Kommentar im Blog oder unter 0681 10 55 95 65).

Weitere Anmerkungen

Photovoltaikanlagen sind momentan sehr rentabel. Einerseits ist der Einspeisetarif sehr hoch, andererseits ist die Fördersituation sehr positiv. PV-Anlagen werden über die EAG-Förderung des Bundes mit € 285,- pro kWpeak und von der Gemeinde zusätzlich mit € 70,- pro kWpeak gefördert. Anlagen über 5 kW werden zusätzlich noch vom Land Tirol unterstützt.

Foto: Peter Oberhofer

Als Faustregel gilt: „die Erzeugung einer kWh Strom aus einer PV-Anlage kostet lediglich 5 Cent.“ (Investitionskosten bei einer Betriebsdauer von 20 Jahren). Zum Vergleich: als Neukunde zahlt man bei der TIWAG, aber auch bei allen anderen Stromanbietern zwischen 45 und 70 Cent pro kWh!

Ausblick

Es wird jedenfalls spannend, ob und wie schnell wir es schaffen werden, den Weg in eine unabhängigere und vor allem umweltfreundlichere Energiezukunft zu gehen. Viele technische Möglichkeiten gibt es bereits, wir müssen sie „NUR“ nutzen.

Diesen Artikel teilen:

Peter Oberhofer

Peter ist seit Ende 2012 Redaktionsleiter der DZ. In Inzing ist er außerdem bei der Klimabündnisgruppe engagiert. Umwelt- und Klimaschutz, Energiesparen, öffentlicher Verkehr sind ihm ein wichtiges Anliegen.

Alle Beiträge ansehen von Peter Oberhofer →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert