18. August 2025
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Alfred`s (W)Einsichten / I

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Lesedauer ca. 4 Minuten

Weinalphabet: Buchstabe I

Istrien (kroatisch)– geheimnisvoll und eigenständig

Den sommerlichen Besuchern der Halbinsel Istrien am Golf von Triest sind – sofern sie Weine trinken – die etwas eigenwilligen Weine der Gegend bekannt. Der größte Teil der Insel liegt in Kroatien, das seit Anfang 2023 Mitglied im Schengenraum ist und die offizielle EU-Währung (Euro) eingeführt hat, wodurch Einreise und Aufenthalt erleichtert werden.
Hier bildet der Wein mit der lokalen, bäuerlichen Land-und Meeresküche, mit dem hervorragenden Olivenöl und den hier vorkommenden Winter- und Sommertrüffel eine kulinarische Einheit, die es so kaum auf der Welt gibt. Aus alten landwirtschaftlichen Traditionen der Mischwirtschaft, die noch im Inneren Istriens gelebt wird stammt auch der istrische Rohschinken, der Prsut. Bei entsprechender Pflege steht diese aromatische Sensation seinem italienischen Gegenüber – dem „prosciutto San Daniele“ kaum nach.
Also allen Grund, der  begnadeten Gegend sowohl am türkisblauen Meer und  im karstigen, oft unzugänglichen Inneren einen frühlingshaften Besuch abzustatten.
Den Weinbau gibt es hier schon seit der Römerzeit, wahrscheinlich schon früher, wie Plinius meint.  Heute werden vor allem auf den Roterdeböden des Küstenhinterlandes in zumeist modernen Betrieben sehr gute Weine erzeugt. Die Leidenschaft für  Wein existiert in den größeren Familienbetrieben seit Generationen. Mit Einsetzen des modernen Badeurlaubs in den alten Städten von Pula, Rovinj und Co. haben nun auch die Winzer neue Kunden an der Angel und die lokalen Weinhändler und Gastronomen erleben einen Aufschwung. Die „eigenen“ Sorten wie die weiße Malvasia und der saftige rote Teran sind
Klassiker, internationale Sorten wie Chardonnay, Pinot Gris oder der trendige Merlot finden zunehmend Eingang in die Weinkarten der – oft sehr guten Restaurants – oder besser – den heimeligen Weinschänken der schönen alten Dörfer. Siehe Motovun oder Buje.
Bekannte moderne Weinbaubetriebe sind Kabola, Trapan oder Matosevic. Hier ist der technische Stand  hoh, Inox und hochwertige Fasskultur ist vorhanden. Man gibt sich modern. Die Weingärten sind teilweise terrassiert und  für maschinellen Einsatz vorbereitet.
Es gibt aber auch die „freaks“ der Szene wie der charismatische Giorgio Clai, Bruno Trapan und andere. Hier werden zT. winzige Weingärten mit alten Reben gepflegt und gehegt. Vieles ist Handarbeit – back to the roots ist hier gegenwärtig. Man arbeitet mit alten Fässern und auch mit den Amphoren. Hier ist sicherlich der auf der anderen Seite der italienischen Grenze stationierte Josko Gravner das Vorbild für alle „orange“ Weine produzierende Winzer.
Hier wird der Weißwein – vorzüglich Malvazia – mit den Schalen vergoren, also wie Rotwein. Aufgrund des längeren Maischekontaktes erhält der Wein eine zumeist orange-trübe Farbe, wenig Frucht und dafür komplexe Reifearomen, die durch 2-3 jährige Reifung unterstützt wird.
Der Markt für solche eigenwilligen, sehr persönlichen – und auch nicht billigen Weine ist erst im wachsen – und hier vor allem im urbanen Bereich – Bio muss man da aber auch sein!
Heutzutage sind eben die Investitionen allegemein hoh, im Weinbau  und auch woanders. Ich schätzte die feingliedrige Art der heimischen Sorte Malvazia, die wahrscheinlich von der südlichen Pelleponnes stammt. Als einfacher bis sehr guter, weil neutraler Begleiter zu den Fischgerichten der Gegend gibt es keine bessere Alternative! Zart, halbwürzig, etwas salzig.
Und der Teran, auch die Untersorte Refosc – die in Italien Refoscoheißt, an den müßte man sich erst gewöhnen. Tiefdunkel, beinahe schwarz, violetter Schaum im Glas, kernig und etwas säurebetont, im Gewicht eher leichter, wie erwartet. Zu Prsut und Co. jedoch ein Hit, kühl genießen!
Eigenwillig, wie  eben ein echtes Kind vom windigen Karst!

Islam –  „Wein ist Satans Werk“

Man würde meinen, Islam und Wein – was soll das für eine Verbindung sein – aber… Mohammed, der Prophet seiner Religion, soll Anfang des 7. Jahrhunderts, bei seinem Aufenthalt in Medina, das Verbot des Weins begründet haben. Man sagt, nach einem Streit seiner Schüler (man hatte bei Tisch Wein getrunken), befragt er Allah, wie er unter seinen Schülern Ordnung halten solle. Die Antwort war so: Der Satan will zwischen euch Zwietracht und Hass setzten – und Wein, Spiel und Bilder helfen ihm dabei. Lasst ab von den Spielen, und wendet euch wieder mehr dem Gebet zu.
So entstammt also einer der Wesenszüge des moslemischen Lebens einem Streit – ob in Trunkenheit oder nicht, bleibt dahingestellt. Jedem aufmerksamen Beobachter wird auffallen, dass das Böse nicht so leicht zu überwinden ist, es braucht weder Wein noch Spiele.
Bis dahin gab es im gesamten arabischen Raum mäßigen Weingenuss, auch war die Auslegung des Korans keine einfache Sache. Nämlich – „diejenigen die Gutes tun und am Glauben festhalten, soll kein Tadel treffen“. In gemäßigten und natürlich gebildeten Kreisen herrschte lange Zeit die Meinung vor, dass eben der Rausch und nicht der Wein das Problem sei. Bei der Ausdehnung des Reiches im fast beginnenden Mittelalter von Samarkand im Osten bis nach  Portugal, Spanien, Sizilien, Sardinien und auch Kreta ist es auch anzunehmen, dass die Muslime – wie heute auch kolportiert wird – einem guten Tropfen nicht abhold waren. Insbesondere, da in diesen Ländern die Herstellung von Wein seit den Römern existierte und auch ein wichtiges Handelsobjekt bedeutete. Insbesondere galten – auch schon zu Zeiten Mohammeds – die kräftigen Rotweine Syriens, Persiens (Sirah/ Shiraz) und vor allem des Libanons als Statussymbol – und wertvoll.
Vom 11. Jahrhundert sind Schriften und Verse vom bedeutenden Astrologen und Mathematiker Omar Khayyam  überliefert, in denen er die Vorzüge und auch das sinnlich – gesellschaftliche des Weins pries, ja verherrlichte.  Auch stürzten die arabischen Ärzte in ein Dilemma, als sie eines ihrer wichtigsten Arzneien beraubt wurden. Die herrschende Klasse nahm sich  – wie immer – die Freiheiten heraus, die sie dem einfachen Volk verboten. In den Palästen – und Gärten der Kalifen – wurde aus dem Vollen und den Amphoren geschöpft. Als der beste Wein galt goldgelb-süßer, sauer war was für arme Schlucker.
Als Weinfarben galten rot, weiß, gelb und schwarz. Üblicherweise wurden dem Wein Honig, Gewürze und auch Drogen und Wasser beigemengt. Von Zeit zu Zeit verhärteten sich die Ansichten. Man vernichtete die Weinlager (der Gegner) und besteuerte die Weinhändler zunehmend. Allerdings war das für Juden und Christen vorerst die  Garantie, um am Weinbau weiterhin festzuhalten. Der Glaube des Islam sammelte und teilte sich immer weiter, andere Machtzentren entstanden. Aber der Weinbau blieb, solange die herrschenden Kräfte in Arabien, Syrien oder Persien lagen.
Erst im Osmanischen Reich wurde es brenzlig für die Winzer. Als der Sturm durchgebraust war, waren viele der alten Weinregionen der Levante, also den Ländern des östlichen Mittelmeeres, schwer beschädigt. Kretas schöne Weingärten existierten fast nicht mehr, nur mehr der Süßwein von Santorin wurde von Türken gehalten und auch als Messwein nach Russland verkauft. Da die Weine – auch heute noch – auf  der Vulkaninsel nur unter großem Aufwand herzustellen sind  – die Reben liegen wie Vogelnester auf der grau-schwarzen Erde – kommt diesem Weinrelikt mehr als nur historische Bedeutung zu. Für das Verschwinden des Weinbaus im Orient dürfte es sicherlich mehrere Gründe geben – das Verbot durch die  Religion, aber auch der Mongolensturm, Kriege, Seuchen gehören dazu. Weinhändler wie Juden und Christen wanderten aus, die Bevölkerung verarmte zunehmend.
Für alle, die sich keinen Wein mehr leisten konnten, wurde nun Haschisch das erschwingliche Rauschmittel.

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Alfred Walch

Jahrgang 1959, wohnhaft seit jeher in Inzing, verheiratet mit Veronika / Vroni – aus dem Hause Gastl. Zwei Kinder – Julia und Theresa – beide nun Therapeutinnen. Seit Jänner 2022 in Pension, langjähriger Leiter der Weinabteilung des Handelshauses Wedl. Interessen: Lesen, Kopfreisen und auch so, e-Radlfahren, etwas Bergsport, Kochen sowieso. Musik hören von Jazz bis Volxmusik, etwas Fotografieren, Europa kennenlernen. Leidenschaft: Wein und seine Geschichte(n) dazu. Seit ca. 35 Jahren mit der Sache beschäftigt. Wünsche: noch eine gute Zeit zu haben, politisch-sozialer Friede, Enkel aufwachsen sehen, ev. noch Französisch aufbessern, gute Literatur und das Geheimnis der Poesie finden…

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