28. März 2024
Newsletter   

Alfreds (W)Einsichten / E

© Visions-AD/Fotolia
Lesedauer ca. 4 Minuten

Weinalphabet – Buchstabe E

Eleganz – was ist das?

Die Eleganz im Wein zeigt sich in seiner subtilen, feinsinnigen Art. Verantwortlich dafür sind vor allem die vorhanden Säuren und deren Art. Eher unreife
Weine enthalten eine Art „grüne“ Säure, die durch Einsatz von diversen Bearbeitungsmethoden geschmacklich gemildert werden kann. Als Idealbild gilt die vollreife Traube. Allerdings kann es natürlich aufgrund der Witterung zu schlechter Reife kommen.
Gute Weinbergslagen vertragen – seit Langem – diverse Witterungsprobleme. Also gilt, nicht überallhin pflanzen, und dann mit Zucker etc. das Problem zu lösen. Hier sind seitens des Gesetzgebers Grenzen gesetzt, Kontrolle und Strafen existieren.
Rebsorten, denen man elegante Weine nachsagt, sind vor allem der Rote Pinot Noir – oder roter Burgunder und der charismatische Riesling. Hier sind – auch bei hoher Reife – die Säuren und Elemente gut verteilt. Voraussetzung ist natürlich die Aufmerksamkeit übers Jahr, ältere Anlagen sind generell besser. Für ideal gilt ein Weingartenalter von 25 bis 50 Jahren, dann nimmt der Ertrag auf der Fläche ab -doch die Qualität zu.
Der Jahrgang selbst kann im besten Fall am meisten für die Finesse beitragen. Diverse Jahrgangstabellen geben einen groben Überblick, allerdings agieren die ohne das „Kleingedruckte“ – sprich Handarbeit, Können und interne Qualität des Weines.

Eiweißund wieso gehört das zum Wein?

In früheren Zeiten wurde der Wein, um ihn klar und ansehnlich zu bekommen, nicht nur für längere Zeit im Fass behalten und dabei ev. drei- bis viermal vom Trub getrennt, sondern auch vor der Füllung mit Eiweiß „geschönt“. Das heißt, in das Fass (Barriques und größere Gebinde) wurde eine entsprechende Zahl von Eiweiß gegeben. Diese konnten die Trubstoffe binden und lagerten sich am Fassboden ab. Nach einiger Zeit, wurde der Wein klar und konnte vorsichtig gefüllt werden. Diese Praxis ist heutzutage nicht mehr üblich. Gängige Klärungsmittel sind Bentonit (Kalkpulver) und andere mineralische Stoffe. Im Allgemeinen ist in einem modernen Keller der Eiweißeinsatz nicht mehr notwendig. Bei Weißweinen klärt man den Wein in den Stahltanks, auch mithilfe von Temperaturreduktion – bei Graden von 0 und etwas weniger, fällt die überschüssige Säure kristallin aus, und die Trubstoffe werden gebunden. Bei gehobenen Rotweinen wendet man eher das Abziehen und Umfüllen in ein sauberes Fass an, wobei der Trub im „alten“ Fass zurückbleibt. In privaten Kellern der Rioja oder Süditaliens ist es jedoch auch heute noch durchaus gängig, die „Eiweißschönung“ durchzuführen. Allerdings ist dann der Wein nicht mehr „vegan“ – aber das kann man verschmerzen.

Espectacleein Weingarten der Sonderklasse

Alfred Walch und Rene Barbier (Foto: Wolfgang Oberthaler)

Bei meinem letzten Besuch bei Clos Mogador im Priorato wurden einige Weinfreunde und auch ich ergriffener Zeuge von beinahe historischer Weinerzeugung. Auf einem zumindest 18 – bis 20 Grad steilen Hang wurde ein aus der Macchia in Terrassen angelegter Weingarten gehauen, und das interessanterweise mit Ausrichtung nach Nord.
Die Schöpfer dieser Extremlage waren sich der Situation bewusst. Im übrigen Gebiet herrscht poröser Schiefer als Bodenstruktur vor. Hier allerdings wurde ein Hang aus Kalk in steile Terrassen geschlagen, umgeben von mediterranen Stauden und Kleingehölz.
Das Ziel der hoffnungsfrohen und widerstandsfähigen Erzeuger war es, „kühlen“ Wein zu erzeugen, um die kraftvollen Rotweine der Gegend etwas frischer zu machen. Der heutige Besitzer, Rene Barbier Senior, konnte mit Freunden den eher verwilderten Weingarten (von der Kirche) erwerben und zum Teil neu aufpropfen.
Die Lage ist im Pick-Up nur in 1 Stunde vom Verarbeitungsbetrieb zu erreichen und verlangt von
Geist und Körper hohe Anstrengungen ab. Deshalb arbeiten hier auch nur akribische
Männer und Freunde des Besitzers. Auf ca. 2,5 ha werden Reben gepflegt, die schon jenseits der 50 Jahre sind, manche auch 100. Macabeo, Garnacha, alte rote Sorten.
Der Ertrag ist somit auch erdenklich klein, aber das Ziel hat sich gelohnt. Man arbeitet mit einem Ertrag von 2 -3 Trauben pro Stock, 1 Stock ergibt fast eine Flasche. Mit 50 – bis 70 € pro Flasche befindet man sich am oberen Sektor, aber der Markt vertraut dem Weinprofessor – der übrigens noch mit einer Korbpresse arbeitet.
Der „Espectacle“ gehört zu den raren Weinen der Welt, dessen Ausdruck sich nicht in Fülle und Pracht, sondern in zarten Fruchtnuancen (Kalk) zeigt, und trotzdem jedes Jahr leicht an die 14-15 Alkoholgrade kommt. Er nimmt dich gefangen in einem samtenen Bad von Düften, Kräutern, Oliven und Himbeere – und hat viel zu erzählen.
Dass hier biologisch gearbeitet wird, braucht nicht besonders erwähnt zu werden – das war schon immer so, die letzten 500 Jahre sicher.
Meine Begegnung mit dem wirklich spektakulären Weingarten hat mich vor der Arbeit und Vision der Schöpfer/ des Schöpfers doch recht ordentlich geprägt. 

Keller von Rene Barbier Clos Mogador (Foto: Alfred Walch)

Essig – was ist das schon wieder?

Bis die Holländer mit Aquavit (zum Spriten) und Schwefelfäden kamen, war es das Hauptbestreben jeden Weinhändlers, die Ware – so wie den schwarzen Peter – so schnell wie möglich loszuwerden. Ein Fass Wein war ja eine verderbliche Ware, deren
Frischedatum rasch ablief. Mit Ausnahme der Kaufleute von Venedig, die sich mehr mit hochsüßem Wein (Samos, Malvasia und Co.) beschäftigten und der  Fürsten und Bischöfe am Rhein, die kalte Keller und ungeheure Fassvolumen hatten, galt für alle das gleiche Problem: Sie mussten den Wein schnellstens loswerden. Ein Produkt ohne große Haltbarkeit rechtfertigte auch keine große kommerzielle Organisation. Deshalb waren im Mittelalter die Essighändler wohl besser organisiert als die Weinhändler, denn Essig lässt sich aufbewahren und je nach Bedarf verkaufen.
Warum wurde der Wein so rasch zu Essig? Der Vorgang ist den Bakterien des „acetopacter aceti“ geschuldet. Sie leben im Wein, und brauchen Sauerstoff, um sich dann rasend schnell zu vermehren. Was dabei entsteht, ist eben Essig. Somit so gut – oder schlecht. Je geringer die Temperatur und auch der Kontakt zum Wein, desto langsamer folgt der Prozess ab. Das erklärt die Vorzüge der riesigen Fässer in kalten Kellern am Rhein oder Nordfrankreich. Große Fassvolumen verringern auch demnach die Menge des Luftkontakts. Auch ein hoher Alkoholgehalt hilft – in diesem Fall, wie auch das entstandene Schwefeldioxid die Fruchtbarkeit der entstehenden Essigmutter hemmt. Man lernte, seine Fässer randvoll zu halten, um die Frische und Qualität zu erhalten, die deutschen „Fuder“ mit 2 bis 3000 Liter waren Aufbewahrungs- und Lager zugleich.
Heute haben wir durch technischen Fortschritt auch in der billigsten Flasche Wein ein sauberes Produkt, einwandfrei nach Codex xy, allerdings, lässt man eine Flasche Wein 3 bis 4 Tage offen stehen, beginnt der biochemische Prozess, der Wein in Essig verwandelt. Den man allerdings auch verwenden kann. Ein Naturprodukt, versteht sich.
Hochwertige Weinessige – Balsamicos – etc. werden aus Traubenmost erzeugt, wobei man, wie überall, den Scharlatanen der LM- Industrie bekanntlich an die Angel gehen kann.

Stay tuned – wie man sagt. Ihr Alfred Walch   

Diesen Artikel teilen:

Alfred Walch

Jahrgang 1959, wohnhaft seit jeher in Inzing, verheiratet mit Veronika / Vroni – aus dem Hause Gastl. Zwei Kinder – Julia und Theresa – beide nun Therapeutinnen. Seit Jänner 2022 in Pension, langjähriger Leiter der Weinabteilung des Handelshauses Wedl. Interessen: Lesen, Kopfreisen und auch so, e-Radlfahren, etwas Bergsport, Kochen sowieso. Musik hören von Jazz bis Volxmusik, etwas Fotografieren, Europa kennenlernen. Leidenschaft: Wein und seine Geschichte(n) dazu. Seit ca. 35 Jahren mit der Sache beschäftigt. Wünsche: noch eine gute Zeit zu haben, politisch-sozialer Friede, Enkel aufwachsen sehen, ev. noch Französisch aufbessern, gute Literatur und das Geheimnis der Poesie finden…

Alle Beiträge ansehen von Alfred Walch →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert